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Guttenberg-Unterstützerseite bei FacebookEchte oder Fake-Friends?

Über eine halbe Million Fans in wenigen Tagen. Das ließ viele Netz-Beobachter zweifeln, ob es bei der Facebook-Seite "Wir wollen Guttenberg zurück" mit rechten Dingen zu geht.

Eine halbe Millionen Unterstützer - gibt es eine "Dunkelziffer" unter den Guttenberg-Facebook-"Fans"? Bild: screenshot facebook

Facebook ist ein Thema, das deutsche Redaktionen immer wieder mit Erstaunen erfüllt - erst bei der Organisation von Revolutionen in den arabischen Ländern, und jetzt auch in Deutschland, wo nach dem Rücktritt des beliebtesten deutschen Bundesministers die Facebook-Seite "Wir wollen Guttenberg zurück" massiven Zuspruch genießt.

Über eine halbe Million Guttenberg-Fans in wenigen Tagen - das ließ viele Beobachter aus Netz- und Medienkreisen zweifeln. So behauptete der Medienstratege Peter Berger schon am Donnerstag nach Guttenbergs Rücktritt, die Fans auf der Facebook-Seite seien "genauso gefaket wie die Doktorarbeit". Und belegte das damit, dass der Zufluss an Unterstützern auch nachts nicht abnehme, viele Fans des Ex-Ministers selbst keine Freunde hätten - und die Seite des Ministers innerhalb von wenigen Tagen mehr Zuspruch generierte als die "Deutschland sucht den Supersstar"-Facebook-Seite innerhalb von zwei Jahren.

Blogger Markus Beckedahl schrieb auf netzpolitik.org schon von einer "Dunkelziffer" unter den Guttenberg-Facebook-"Fans", die der Gruppe nur beitraten, um kommentieren und beobachten zu können. Und auch die Frankfurter Rundschau veröffentlichte am Freitag einen Text über Fake-Profile bei Facebook, deren Zahl dem Guttenberg-Rücktritt sprunghaft angestiegen sein sollen. Auch Sascha Lobo, wohl bekanntester Web-2.0-Berater der Bundesrepublik, kam das alles komisch vor, er rief daraufhin in seinem Blog zur investigativen Gruppenrecherche auf. "Schummelt irgendjemand mit der Facebook-Page 'Wir wollen Guttenberg zurück'?" fragte er dort - und ruft dazu aus, offenzulegen, wie viele Freunde man beim eigenen Facebook-Profil habe, wie viele davon die Pro-Guttenberg-Seite und diverse andere Facebook-Fanseiten mochten.

So wollte Lobo errechnen, wie wahrscheinlich es ist, dass die imense Guttenberg-Beliebtheit bei Facebook tatsächlich echt ist. Seit Freitag meldeten sich über 900 Menschen bei Lobo zurück - ausgewertet hat er deren Angaben aber bislang noch nicht. Statt dessen verweist er mit dem Hinweis "Breaking News" auf die Recherchen des Rhein-Zeitungs-Journalisten Markus Schwarze, den Lobo als "absolut vertrauenswürdig" anpreist und der nach Einsicht von internen Facebook-Statistiken nicht den Eindruck hat, dass die Guttenberg-Unterstützerseite manipuliert wurde. Die Facebook-Statistik stütze diese Zahlen, schreibt Schwarze, besonders viele User der Seite kämen aus Deutschland, besonders "aus großen Städten wie München", Google und Twitter würden die meisten Leser auf die Guttenberg-Unterstützerseite spülen.

Das alles kann Schwarze mit Statistik-Screenshots von Facebook unterfüttern. Lobo recherchiert parallel dazu bei Facebook nach, steht in Kontakt mit Facebook-Marketing-Mann Philip Roth und listet auf einem eigens dafür angelegten Google-Doc alle Unregelmäßigkeiten und Regelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Seite, Visualisierungen und Statements auf. Nur eines fehlt auf der Seite bislang noch: Eine Einschätzung von Lobo, ob die Seite denn nun ein Fake ist oder nicht. Auf seinem Blog nicht. In dem Google-Doc, in dem er alle Informationen sammelt, nicht. Und erstaunlicherweise noch nicht einmal auf Lobos Lieblings-Verlautbarungsmedium Twitter.

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10 Kommentare

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  • R
    Raab

    Es gibt eine ganze Reihe von "Wir-wollen-Guttenberg-zurück"-Petitionen im Netz, die tümpeln alle seit Tagen bei um die hundert Unterzeichnern. Auch das lässt mir die Facebook-Seite sehr verdächtig erscheinen.

  • BF
    Bekennender Facebook-Fan

    Ach wäre die TAZ-Seite doch nur halb so gut wie Facebook.

     

    Eine einfache, schnöde, umständliche Kommentarfunktion ist alles was ihr zu bieten habt.... neeeee was seid ihr altmodisch.

  • D
    daniel

    Na da scheint es ja eine Notwendigkeit und das berechtigte Interesse zu geben, Daten von potentiellen Unterstuetzern zu erheben, Profile anzulegen von selbigen - natuerlich nur, um zu sehen, ob diese Menschen auch echt sind - und dann genauer sich mit jenen zu befassen.

    Vielleicht koennten wir die Leute ja einfach alle anschreiben und zu einem Verhoer vorladen, ob und wieviele ihrer Bekannten denn auch Unterstuetzer sein koennten.

    Klingt alternativlos

  • F
    Faker

    Ich bin dort auch gemeldet,bin aber froh das dieser Lügenbaron weg ist. Hoffentlich für immer. Ein ganzes Volk für Blöd zu halten,ist nicht zu verzeihen!

  • P
    Peter

    Nun kommt ihr in Eurem Artikel selbst zu dem Schluß, kein Fake. Warum dann eine Überschrift die genau das suggeriert?

     

    Nochmal nachtreten und ans Bein pinkeln?

  • A
    andreas

    kleine anmerkung: im link "http://https//docs.google.com/document/pub?id=1tVp2v-AXldMxc2sz0U1R47V4SILke8S52-cLRL1AI0E" fehlt ein doppelpunkt nach https.

     

    [Danke für den Hinweis; wir habes es korrigiert. Die Red./wlf]

  • W
    wahrheit

    Ich hab es schon so oft geschrieben und bald keine Lust mehr dazu. Lest ihr euch das eigentlich durch, was in den Kommentaren steht?

     

    Wie wäre es, wenn ihr mal selbst recherchiert, einfach auf die Seite geht (die man betrachten kann ohne sie zu "liken") und selbst feststellt, dass die überwiegende Anzahl der Kommentare REALSATIRE und SPÖTTER sind?

     

    Nur so als Vorschlag. Dann wäre auch die Gefahr gebannt der der gute Martin in einem taz Artikel von kommunistischen Unterstützern Guttenbergs schreibt.

     

    Er kann mir nicht erzählen, dass das von ihm auch Satire war. Dazu hätte er nicht lediglich über die Hedonisten und die Kommunisten berichten dürfen. Über Satire zu berichten, ohne sie als solche zu benennen, ist so lange einfach nur schlechte Recherche, wie der Bericht nicht selbst satirisch überhöht ist, was hier nicht der Fall war ("verweile doch, du bist so schön" - Artikel).

  • HJ
    Hessie James

    Fakebook.

  • EA
    Enzo Aduro

    Ich bin nun wirklich kein Gutti-Befürworter (mehr).

     

    Aber das schnelle Anwachsen der Gruppe ist darauf zurückzuführen das es ja schon eine Gruppe "Gegen die Jagt auf..." gab. Da sind 200-300 T zügig rübergewandert. Und dann ist die Gruppe eben noch schneller gewachsen, da seine Botschaft ja weniger / etwas anderes aussagt und mehr ansprechen dürfte.

  • N
    NoLobo

    Ich muss mir meine Meinung, ob Fake oder nicht, nicht von Lobo BILDen lassen.