CDU: Prima Platzhalterin Mohr-Lüllmann

Ohne Widerworte verabschiedet die Bremer CDU ihr Wahlprogramm nebst Änderungsanträgen. Das lässt sich als Zeichen der Einigkeit deuten - oder der Resignation

Der Raum trägt sicher dazu bei: Der Kongresssaal im ersten Stock des Atlantik-Hotels an der Bredenstraße hat eine niedrige Decke und wirkt eher wie ein zu lang geratenes Klassenzimmer: Ein passender Ort für Vorträge, vielleicht. Aber gewiss kein Ort für Euphorie. Dort hat der Landesausschuss der CDU sein Parteiprogramm verabschiedet, einstimmig, hat zuvor Gabi Piontkowskis langwieriger Erörterung zugehört,und Rita Mohr-Lüllmanns Impulsreferat applaudiert, das Sitzungsleiterin Elisabeth Motschmann dann "eine prima Rede" genannt hat. Und Mohr-Lüllmann "eine prima Kandidatin".

Prima, nur für was? Sie sagt, dass sie Stimmen, nicht Umfragen gewinnen und Bürgermeisterin werden und will. Was bliebe ihr auch übrig? Fraktionsvorsitzende wird sie nicht. Den Posten beansprucht Thomas Röwekamp ja weiter. In der Partei vermuten mache: Sie kandidiert, um bekannter zu werden, damit sie bei der nächsten Bundestagswahl Bernd Neumann mit gutem Resultat beerbt. Andere meinen, sie sei schlicht Platzhalterin, ihre Niederlage fest einkalkuliert, und mit der erledige sich dann auch Mohr-Lüllmanns Berlin-Ambition. Dann wäre der Weg frei für den Bremerhavener Kämmerer Michael Teiser. Den kann sich wenigstens der dortige CDU-Chef Paul Bödecker "gut als Bundestagsabgeordneten vorstellen". Und die Inhalte?

Diskutiert hat der Landesausschuss nicht, also: überhaupt nicht. Fünf Änderungsanträge hat es zu dem Programm gegeben, das die CDU, Bürgermeisterinnen-Anspruch hin oder her, diesmal Wahlprogramm nennt, anders als 2007, wo es "Regierungsprogramm" hieß. Absoluter Konsens auf 52 Seiten?

Eine mögliche Erklärung: "Das ist halt so, wenn das Programm wirklich von den Mitgliedern erarbeitet wird", sagt Parteisprecher Gunnar Meister. Sprich: In diesem Fall von einer 20-köpfigen Kommission, die allen Parteimitgliedern offen stand.

Auch sind Zeichen der Einigkeit angebracht. Hat ja jeder bemerkt, dass die Union als dissonante Gruppierung viel mediale Aufmerksamkeit, aber kaum Zuspruch erntet: Listenquerelen, Parteiaustritte, Amtsniederlegungen, die Herbst-Performance war mies. Zwar kann die CDU-Spitze auf den hohen Grad von Expertise verweisen, den ihr der personelle Umbau eingebracht hat. Aber die politische Kompetenz der Neuen ist noch ungewiss, und der Unmut der Versetzten wirkt noch nach: Mit Wolfgang Schrörs war der Schatzmeister, mit Susanne Grobien dann dessen Stellvertreterin ausgeschieden. Aus "persönlichen Gründen", wie Parteichef Thomas Röwekamp zusammenfasst. Ein älterer Abgeordneter lacht kurz und trocken auf.

Dass die Partei in der Finanzklemme sei, "wie ein Anzeigenblatt berichtet", dementiert Röwekamp. Und einen Beschluss darüber, dass die BürgerschaftskandidatInnen auf den ersten 20 Listenplätzen je 800 Euro spenden sollten, gibt es auch nicht, versichert Meister. Ohne Kassenwart lässt sich kein Geld ausgeben. Und ohne Geld lässt sich kein Wahlkampf führen. Also muss die Versammlung einen kommissarischen Schatzmeister bestimmen. Carl Kau erhält 96 Prozent.

Dass aber die Änderungsvorschläge ohne Gegenstimme und Kontroverse passieren, ist überraschend. "Immerhin hat es welche gegeben", sagt Meister, "anders als bei der SPD." Sie werden mit Gleichmut abgenickt, die Tippfehler-Liste der Antragskommission ebenso wie starke inhaltliche Eingriffe. So hat Ralf Behrend aus Borgfeld ein Modell zur Bürgerbeteiligung bei Großprojekten erdacht: Vor dem Planfeststellungsverfahren sollen, so die Idee, im öffentlichen Moderationsprozess alle Alternativen erörtert werden. Das ist viel konkreter als das allgemeine Bekenntnis zur Bürgerbeteiligung, das der Landesparteitag im November ablegte, nach intensiver Diskussion, und Konkretes reizt doch zu Nachfragen. Nichts. Alle roten Ja-Kärtchen fliegen hoch. Bloß nicht drüber reden. Bloß raus aus dem drückenden Saal. Und bloß diese verflixten Wahlen hinter sich bringen.

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