SCHULE IM SOG DER BELUGA-KRISE: Eine Schule ruft um Hilfe
Im Februar bekam das Beluga-College den letzten Scheck von Niels Stolberg. Die private Oberstufe will ihr Konzept retten, in dem Schüler ihr Lernen selbst organisieren
In der Oberschule "Beluga College" läuft Schulbetrieb derzeit fast wie immer. "Wir müssen uns doch auf die Abi-Prüfungen vorbereiten", sagt einer der Schüler. Nichts riecht nach Schule in dieser Schule. Wie in einem Großraum-Büro sind die Schreibtische der "Teams" zusammengestellt, es gibt mehrere kleine Besprechungsräume, einen großen Versammlungsraum. Auf zwei Etagen sitzen SchülerInnen an Büro-Schreibtischen vor ihren Computern. Vier der 42 SchülerInnen, die "Speedys", wollen dieses Jahr Abi machen.
Für den heutigen Mittwoch haben sie eine Informationsveranstaltung vorbereitet: Sie wollen ihre Schule retten und deren besonderes pädagogisches Konzept. Denn vom Staat bekommt diese Schule nichts, die Eltern zahlen und von der Firma Beluga Shipping kam bisher jeden Monat ein Scheck über 81.000 Euro. Im März kam keiner mehr. Wovon er die Löhne der Lehrer bezahlen soll, weiß Wilhelm Gudauski noch nicht. "Schulleiter und Prokurist" steht auf seiner Visitenkarte. Er führt täglich Gespräche mit Unternehmen, die den Hilferuf der Schule gehört haben. "In ein paar Tagen" müsse sich entscheiden, sagt er, ob die "Beluga College gGmbH" Insolvenz anmelden muss oder ob es irgendwie weitergeht - wenigstens erst mal bis zum Sommer, um einen "geordneten Übergang" hinzubekommen. Der Schulleiter erfuhr wie die Schüler aus der Presse, dass Kapitän Niels Stolberg wie von Meuterern von Bord geworfen worden ist. "Ich kenne jeden von meinen Schülern", sagt der Schulleiter, "wenn ich ihnen in die Augen schaue, dann weiß ich, dass es sich lohnt, für sie zu kämpfen."
Mit dem Gedanken, dass sie vielleicht demnächst eine andere Schule besuchen müssen, haben sich die SchülerInnen noch nicht wirklich befasst. Was sie daran so schreckt? "Frontalunterricht". Dem waren sie gerade entflohen. Einer der Beluga-Schüler kommt vom Hermann-Böse-Gymnasium, einer kannte schon vorher das selbst organisierte Lernen, er war auf der alternativen Prinz-Höfte-Schule. "Unser Schiff ist in einen Sturm geraten, doch wir halten Kurs", haben sie in der Einladung geschrieben. Das Erste, was sie an der neuen Schule gelernt haben, waren "Selbstkompetenzen". Die Schüler organisieren ihren eigenen Lernprozess selbst. Sie haben eine 40-Stunden-Woche, planen wie Büroangestellte ihre Lern-"Projekte". Jede Woche gibt es ein "Meeting" des Teams. Die Lehrkräfte sind wie "Kollegen", die Themeneinführungen geben und bei Bedarf helfen.
Beim ersten Blick in die Schule fällt auf, dass da viel Platz ist für individuelles Lernen. In einer Lern-Situation sitzen mal zwei, mal fünf SchülerInnen mit einer Lehrkraft um einen runden Tisch zusammen. Und dieses Bild kennzeichnet die Atmosphäre. Es ist beinahe familiär - "man kennt jeden auch mit seinen Sorgen", sagt ein Schüler. Die SchülerInnen sind selbstbewusst, wollen das lernen, was sie für die Abi-Prüfung brauchen. Und noch vieles mehr. Die, die jetzt Abi machen wollen, haben überhaupt keine Angst vor den vier externen Klausuren. "Wir haben hier 42 großartige junge Menschen", sagt der Schulleiter.
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