Kolumne Habseligkeiten: Was man so bettet, das liegt dann da

Hunde machen Lärm, Dreck und Angst. Trotzdem wollen alle Kinder einen haben. Bis sie erwachsen und verknötert sind.

Bei uns im Vorderhaus gibt es ein neues Geschäft. In den gleichen Räumen, wo zuvor ein ständig traurig schauender Kioskbetreiber sein Glück suchte, der stattdessen viele einsame Abende im kargen Neonlicht saß, in denen danach ein polnischer Feinstrumpfladen eröffnete, der an den meisten, darauf folgenden Tagen geschlossen war, hat sich nun ein Traum in Pink eingerichtet. Nein, leider kein Hello-Kitty-Shop, auch keine Bio-Eisdiele wertet meinen tristen Block auf. Die Parade der abstrusen Geschäftsideen, die wir seit Jahren beobachten, wird nun von einem Laden für "exklusive" Hundebetten angeführt.

"So weit", denke ich nun täglich, wenn ich an diesem überraschend gut besuchten Laden vorbeigehe, "ist es nun schon gekommen!" Falls Sie sich fragen, ob ich mich dann schon wie diese verknöterten Menschen fühle, die behaupten, früher sei alles besser gewesen, antworte ich zu meinem Bedauern mit "Ja!", obwohl ich selbstverständlich viel lieber jungdynamisch wie ein FDP-Vorsitzender wäre. Aber zu der Zeit, in der ich meine Eltern jeden Tag in größter Verzweiflung um einen Hund anbettelte, schliefen diese in Körbchen. Inzwischen schlafen Hunde auf gar nicht so kleinen Thronen aus Plüschkissen, von denen ich mich frage, wie die wohl nach drei Tagen riechen mögen.

Auf das Betteln nach einem Hund antworte ich nun streng "Niemals". Bei uns kommt höchstens dieses komische Gesellschaftsspiel "Kackeldackel" ins Haus. Es funktioniert in etwa so: In das Maul eines Plastikköters wird Knete gesteckt und lautstark nach hinten gepumpt. Der Spieler, der mit seinem Schäufelchen die meisten Haufen fängt, gewinnt. Ich würde dann auf die abschreckende Haltung spekulieren.

Bis vor kurzem war ich unentschieden: Zählte ich zu den Hundehassern oder waren sie mir eigentlich ganz lieb? Jeder kennt diesen Hund aus der Kindheit, mit dem man sich so klasse verstand. Ich erwähnte ja schon das nette Tier der Friseurin um die Ecke, der wirklich niemandem etwas tut. Im Großen und Ganzen aber ist die Haltung eines Hundes- als Statussymbol, zum Ausgleich von sozialer Inkompetenz oder aus Gewohnheit - ein riesiges, unterschätztes Problem. Hunde fressen Fleisch, machen Dreck, verbreiten Furcht auf allen Trimm-Dich-Pfaden und werden in den meisten Fällen nicht von Blinden, Drogenfahndern oder Katastrophenhelfern gehalten.

Vor unserer Haustür lässt sich schön beobachten, was passiert, wenn Menschen Hunde mit Dingen verwechseln, die man sich anschafft, weil sie mit einem Heilsversprechen verbunden sind. Gleich neben dem Hundebettenparadies operiert ein Wettbüro. Der szenetypische Kampfhund wird locker ohne Maulkorb vor der Tür angebunden, während Kindersatz-Möpse über Haufen der anderen gehoben werden. Wir leben nicht mehr an einer Ausfallstraße, sondern einem Angstparcours, einem Vermeidungsslalom.

Jeder kann so viel Krempel kaufen, wie er möchte. Ein Hund aber ist kein lebensverbesserndes Ding, kein lustiges App. Wer ein exklusives Hundebett erwerben möchte, möge das tun. Schön wärs, wenn es leer bliebe.

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