Wirtschaftssenator Frank Horch: "Von Verboten halte ich nichts"
Der parteilose Senator Frank Horch im taz-Interview über Radfahren und Stadtbahn, Hafengebühren und Hamburgs Einstieg in die regenerativen Energien.
taz: Herr Horch, sind City-Maut oder Umweltzone für Sie Folterinstrumente von Autohassern?
Frank Horch: Das sind nicht die Rezepte, die für Hamburg sinnvoll sind. Sie tragen nicht zur Lebendigkeit der Stadt bei. Aber was Belastungen der Luft und der Umwelt angeht, werden wir zusammen mit der Umweltbehörde sinnvolle Gegenmaßnahmen ergreifen, wenn sie notwendig sind.
Sie könnten einfach das Radfahren und den HVV attraktiver machen.
FRANK HORCH, 62, parteilos, ist Schiffsbauingenieur. Als Geschäftsführer der Werft Blohm + Voss war er von 2008 bis 2011 Präses der Hamburger Handelskammer. Seit 23. März ist er Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation.
Ja, natürlich. Die Gesamtheit des Verkehrs in Hamburg muss jedoch partnerschaftlich organisiert werden, nicht in Gegnerschaft zwischen Fahrrad und Auto. Alle haben ihren Platz in der Stadt. Die Menschen steigen um auf Fahrrad oder Bus und Bahn, wenn es dafür Anreize gibt. Die müssen wir in einem Gesamtkonzept setzen.
Dann könnte man doch im Umkehrschluss das Autofahren unattraktiv machen, damit die Leute umsteigen?
Von Verboten und Schikanen halte ich nichts.
Und von der Stadtbahn offenbar auch nichts?
Politik ist ja kein Wunschkonzert. Wir können nur das Geld ausgeben, das wir haben. Deshalb müssen wir Prioritäten setzen. Die Stadtbahn im gesamten 50-Kilometer-Netz ist zurzeit leider nicht finanzierbar. Es ist im Grunde ein schönes Projekt, aber auf absehbare Zeit nicht realistisch.
Aber die U 4, die doch viel teurer ist als eine Stadtbahn, wird verlängert?
Die wird weitergebaut bis an die Elbbrücken. Das ist sinnvoll, denn sie existiert nun mal. Ich muss doch die Realitäten akzeptieren: Die U 4 ist schon da und wird deshalb zu Ende gebaut, auch wenn es nicht das günstigste Projekt ist. Die Stadtbahn ist nur eine nette Vision.
Keine nette Vision ist für Naturschützer die Elbvertiefung: Sie wollen die Fahrrinnenanpassung schnell und bedingungslos?
Der Zeitplan steht, wir werden ihn umsetzen. In einem Jahr soll der Bau beginnen, Ende 2013 soll er beendet sein. Hamburg braucht die Fahrrinnenanpassung, und wir werden ein Konzept vorlegen, das auch Naturschutzbedenken Rechnung trägt.
Es wird also weiterhin keine Hafenkooperation im Norden geben?
Kooperation muss immer eine Win-Win-Situation sein. Ich bin sehr für den Dialog mit Bremerhaven und auch dem künftigen Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven. Das wird ein Ergänzungshafen zu Hamburg werden. Eine Beteiligung Hamburgs halte ich zurzeit nicht für sinnvoll. Ich kann aber nicht ausschließen, dass sich das auf lange Sicht ändert.
Bürgermeister Olaf Scholz hat das Konzept "Hafen finanziert Hafen" des schwarz-grünen Senats als Irrweg bezeichnet, Sie aber wollen die Hafennutzungsgebühren erhöhen - ein Widerspruch?
Nein. Der Hamburger Hafen muss öffentlich finanziert werden und von denen, die dort ihre Geschäfte betreiben. Für die Nutzung von Kaianlagen und anderen Flächen müssen bestimmte Abgaben geleistet werden.
Aber das will Scholz doch nicht mehr?
Die nutzerspezifische Teilfinanzierung muss in Zukunft verstärkt angewandt werden, da sind der Bürgermeister und ich uns einig. Aber es geht natürlich nicht ums Schröpfen. Nur aus Nutzergebühren ist der Hafen nicht zu finanzieren, Stadt und Bund werden da immer Beiträge leisten müssen. Diese Kombination ist zur Sicherung der Leistungsfähigkeit des Hafens unabdingbar.
Es wird also teuer für Bürger und Firmen, sich diesen Hafen zu leisten?
Das sind Investionen in Wachstum und Arbeitsplätze und Steueraufkommen. Sie stärken den Kreislauf der Wirtschaft, der allen nutzt.
Investitionen in den Hafen werden aber vermutlich nicht reichen?
Ja. Deshalb gehört ja auch der Bereich Innovation zur Wirtschaftsbehörde. Da müssen die Erneuerbaren Energien Schwerpunkt sein, für uns hier im Norden in erster Linie die Windenergie. Wir brauchen die Zusammenarbeit im Norden zwischen Universitäten und Wissenschaft und den Unternehmen, die Windanlagen herstellen, errichten, betreiben und warten. Montagearbeiten und Ähnliches werden direkt an den Küstenhäfen vorgenommen werden, wir in Hamburg können und müssen die Innovationen für regenerative Energien beisteuern.
Dürfen wir daraus schließen, dass neuerdings sogar in der Hamburger Wirtschaftspolitik das Denken erneuerbar ist?
Wenn die taz das sagt … Danke.
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