IAEA-Bericht über zerstörten Reaktor: Syrien baute an Atomwaffen
Eine 2007 von Israel zerstörte Anlage in Syrien war ein fast fertiger geheimer Atomreaktor. Dies geht aus einem Bericht der Internationalen Atomenergiebhörde hervor.
WIEN dpa | Syrien hat nach Einschätzung der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA mit großer Wahrscheinlichkeit an einem geheimen Atomwaffenprogramm gearbeitet. In ihrem am Dienstag an die Mitgliedstaaten verteilten Bericht zu Syrien schließen die Atomwächter erstmals aus all den ihnen vorliegenden Informationen, dass eine 2007 von Israel zerstörte Anlage in Al Kibar (Dair Alzour) mit großer Wahrscheinlichkeit ein fast fertiger geheimer Atomreaktor war.
Damit bereiten die Atomwächter in Wien den Grund für mögliche weitere Schritte der internationalen Gemeinschaft gegen das Regime in Damaskus. Entscheidet sich der IAEA-Gouverneursrat in seiner Sitzung Anfang Juni, den Fall Syrien per Resolution an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) zu verweisen, könnten weitere Sanktionen drohen. Die Europäische Union hatte erst am Montag Sanktionen gegen die Machthaber in Syrien wegen der Unterdrückung der jüngsten Proteste verhängt.
Der Streit um ein geheimes Atomwaffenprogramm läuft aber schon sehr viel länger: Unter anderem die USA sind sich seit langem sicher, dass Syrien in Al Kibar an einer Anlage zur Produktion von Material für Atomwaffen baute. Doch Israel zerstörte die Anlage 2007, bevor die IAEA die Vorwürfe klären konnte. Atominspektoren fanden aber bei einer anschließenden Kontrolle des Geländes Spuren von Uran, die nicht natürlichen Ursprungs sein konnten.
Damaskus bestreitet alle Vorwürfe, arbeitete aber auch mit der IAEA seit Jahren nicht ausreichend zusammen. Die IAEA habe alle Möglichkeiten ausgereizt, Syrien zur Zusammenarbeit zu bewegen und habe sich deshalb zu diesem Urteil im Bericht entschlossen, hieß es aus diplomatischen Kreisen in Wien. Westliche Staaten hatten die unabhängige Behörde seit Monaten zu einer härteren Haltung und einer abschließenden Bewertung aufgefordert.
"Ungeachtet der Verlustes wichtiger Informationen, unter Berücksichtigung der ursprünglichen Vorwürfen und der syrischen Reaktion dazu, sowie aller der IAEA vorliegenden Informationen kommt die Behörde zu dem Schluss, dass das zerstörte Gebäude sehr wahrscheinlich ein Atomreaktor war (...)", heißt es nun in dem IAEA-Bericht. Dieser hätte den Atomwächtern gemeldet werden müssen. Der IAEA liegen zudem Beweise vor, nach denen die Anlage fast baugleich mit einer Anlage zur Brennstoffproduktion für Atomwaffen in Nordkorea war, heißt es aus diplomatischen Kreisen in Wien.
Leser*innenkommentare
Bodo Goldmann
Gast
Es ist unglaublich.
Die IAEO übernimmt auf einmal 1:1 die Auffassungen
der USA und Israels.
Vier Jahre nach der Zerstörung der Anlage durch die
israelische Luftwaffe.
Nach der Zerstörung durften IAEO-Inspektoren
die zerstörte Anlage untersuchen. Sie fanden KEINEN
Hinweis auf eine nukleare Anlage.
Es handelte sich damals nach Auffassung der IAEO
um einen Stahlrohbau, in dem nie irgendetwas
produziert wurde und in dem kein Equipment für
kernenergetische Aktivitäten vorhanden war.
Das hat die IAEO 2008 selbst festgestellt.
Für Spuren von Uran in der Ruine hatte man seitens der IAEO keine Erklärung.
.
Jetzt, 2011, übernimmt die IAEO die Argumente der
USA und Israel und fordert erneute Kontrollen.
Was sollen die IAEO-Inspektoren jetzt, 2011,
dort untersuchen - nachdem sie 2008 schon
dort waren?
.
Und schon ist wieder von Sanktionen gegen Syrien
die Rede, von der Anerkennung der syrischen Opposition als legitimer Vertretung der Syrer....
Die ehemals scheinbar unabhängige IAEO wird auf-
einmal vom Westen benutzt, um das Regime in Syrien anzugreifen.
Es riecht nach dem nächsten krieg im Nahen Osten....
Querulant
Gast
@Joseph
Die Kommentarzeile würde nicht ausreichen, würde man hier aktuelle Fälle aufzählen, in denen die USA, Großbritannien und Frankreich eben NICHT die Menschenrechte achten sonder gezielt und bewusst überschreiten. Aber nur mal so als Denkansatz: Guatanamo!
Querulant
Gast
Warum darf Syrien keine Atomwaffen haben? Andere Schurkenstaaten wie USA, Israel und Rußland haben dohc auch welche?
Joseph
Gast
Großbritannien und Frankreich sind demokratische Staaten und achten die Menschenrechte. Syrien ist eine Diktatur und lebt in offener Feindschaft mit Israel. Bis heute gibt es keinen Friedensvertrag zwischen Israel und Syrien. Der syrische Diktator Assad richtet jetzt sogar Massaker an seinem eigenen Volk an.
Aber an dukes Argument ist etwas Wahres daran: Es gibt viel zu viele Atomwaffen auf der Welt, und das ist ein enormes Risiko. Darum sollten alle Atomwaffenstaaten abrüsten, vor allem Russland, die USA, Indien und Pakistan.
duke
Gast
Das heisst mit der Argumentation, zur Gefahrenabwehr bombardieren wir die nächste Baustelle für ein AKW in England oder Frankreich?
von
Gast
Der Westen übertreibt es bis der Restder Welt sagt stopp und jetzt in die andere Richtung. Welches Recht nehmen wir uns raus in anderen Staaten zu bombatieren. Irgenwann fällt eine große Bombe auch in Israel und dann ist das Entsetzen groß, ich denke der Westen will das so. Aber nur unsere Politiker.
nurmalso
Gast
mal ganz von pro/contra isreal/syrien abgesehen, stammt das unnatürliche uran doch wohl eher von der verwendeten munition, oder?
würde ich als beweis nicht unbedingt aufzählen, hinterlässt immer sonen faden beigeschmack.
@duke
Gast
Weil Israel nicht darauf warten wollte, dass in 15 Jahren eine internationale Kommission zusammentritt und Syrien Atomwaffen hat.
Oliver
Gast
Warum berichtet man darüber eigentlich jetzt erst? Seit dem mysteriösen Luftschlag 2007 gingen alle Medien die auf den Vorfall einginge von einem illegalen Atomprogramm aus,aber Schlagzeilen macht man erst jetzt nach der IAEA Untersuchung daraus.
Manchmal wundert es mich schon wie Medien funktionieren- dieselbe Nachricht die jetzt wichtig ist hatte vor der IAEA Untersuchung anscheinend kaum einen Wert.
duke
Gast
Wieso zerstört Israel ungestraft Anlagen des autonomen Staates Syrien ohne UN-Mandat?
(unabhängig was da jetzt genau genau drin passiert und wer das gut oder schlecht findet)