Haushaltssanierung in Italien: Sparfuchs Berlusconi trickst
Italiens Ministerpräsident will seine Wahlchancen verbessern. Darum sieht Berlusconis Milliarden-Sparpaket härteste Einschnitte erst nach der nächsten Regierungsbildung vor.
ROM taz | 47 Milliarden Euro Einsparungen in den nächsten vier Jahren, ein ausgeglichener Staatshaushalt 2014: Dies ist das Ziel des am Donnerstagabend von der Regierung unter Ministerpräsident Silvio Berlusconi verabschiedeten Sparprogramms. Einsammeln wollen Berlusconi und sein Finanzminister Giulio Tremonti das Geld vor allem im öffentlichen Dienst, im Gesundheitswesen und bei den Regionen und Gemeinden.
Die Staatsbediensteten müssen hinnehmen, dass der bisher schon für sie geltende Lohnstopp bis 2014 verlängert wird. Zudem gilt ein weitgehender Einstellungsstopp. Im Gesundheitswesen werden die Patienten zur Kasse gebeten. Sie sollen von 2012 an bei jedem Facharztbesuch sowie für jede Labor- oder Röntgenuntersuchung 10 Euro zuzahlen. Weitere Einnahmen soll eine Erhöhung der Kfz-Steuer auf PS-starke Autos bringen.
Auch sollen bei jedem Aktien- oder Anleihengeschäft 0,15 Prozent Transaktionsteuer fällig werden, ausgenommen sind nur italienische Staatsanleihen. Sie bleiben auch bei der künftigen Besteuerung von Gewinnen auf Aktien und Anleihen mit einem Satz von weiterhin 12,5 Prozent im Vorteil, während auf alle anderen Zinserträge künftig 20 Prozent erhoben werden. Weitere zehn Milliarden will die Regierung 2013/2014 einsammeln, indem sie den Gebietskörperschaften die Überweisungen kürzt.
Finanzminister mauert
Kritiker befürchten deshalb weitere Einschnitte in den von den Kommunen organisierten sozialen Diensten wie etwa der Altenbetreuung. Die Regierung verspricht eine Steuerreform binnen drei Jahren mit nur noch drei Sätzen von 20, 30 und 40 Prozent. Bei diesem Punkt - Berlusconi wollte die Reform sofort, um aus seinem Umfragetief herauszukommen - hatte Finanzminister Tremonti bis zuletzt recht erfolgreich gemauert.
Die Zeitverzögerung gilt aber auch für das Sparprogramm. Die dicksten Schnitte im Umfang von insgesamt 40 Milliarden werden erst 2013/2014 fällig. Die Opposition sieht darin ein Kalkül Berlusconis: Regulär stehen die nächsten Wahlen im April 2013 an, Neuwahlen im nächsten Jahr gelten jedoch als wahrscheinlich. Die Wähler würde also die ganze Wucht des Sparprogramms erst nach den Wahlen zu spüren bekommen. Dann hat Berlusconis Lager entweder nach einem Wahlkampf, der nicht durch zu heftige Einschnitte belastet wäre, gesiegt - oder die jetzige Opposition und künftige Regierung müsste ihren Wählern die noch von Berlusconi beschlossenen sozialen Härten plausibel machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!