sonntaz-Gespräch mit Gerichtsgutachter: Neugierig auf Mörder sein
Hans-Ludwig Kröber ist einer der wichtigsten Gerichtsgutachter Deutschlands. Er muss Verbrecher respektieren, sagt er. Weil es sein Job ist, sie zu verstehen und ihre Rätsel zu lösen
BERLIN taz | Der Gerichtsgutachter Hans-Ludwig Kröber kritisiert, dass wie viele Scheinexperten sich im Fall des norwegischen Attentäters Andreas Behring Breivik ein psychatisches Gutachten aus der Ferne zutrauen. "Ich bin sehr erstaunt darüber, wie viele Leute jetzt schon wissen, ob er verrückt ist oder nicht", sagt Kröber im aktuellen sonntaz-Gespräch. "Ich halte das nicht für entschieden. Ich glaube nicht, dass jemand aufgrund eines geordneten Handlungsablaufes und einer sehr sorgfältigen Planung gesund sein muss. Wir haben bei schizophrenen Tätern, die eindeutig psychotisch sind, teilweise extrem sorgfältig ausgeklügelte Tatpläne." Es gebe auch Schizophrene, die ihr Wahnsystem schriftlich auf mehreren hundert Seiten darlegen. Statt einem voreiligen Urteil müsse man die Einschätzung der Psychiater in Norwegen abwarten.
Der forensische Psychiater Hans-Ludwig Kröber, 60, arbeitet seit nahezu 30 Jahren als Gerichtsgutachter und gehört zu den wichtigen Experten Deutschlands. So überprüfte er etwa beim Kachelmann-Prozess im Auftrag des Gerichtes, ob die Nebenklägerin in der Lage sei, eine angemessene Zeugenaussage zu machen. Außerdem hat er mehrere Bücher über die Methoden in der forensischen Psychiatrie und die Rückfallfälligkeit von Gewaltstraftätern geschrieben.
Die Frage, ob man einen Mörder mögen kann, beantwortet Kröber mit: "Ja, im Sinne von basalem Respekt." Das passiere unentwegt, auch Anwälten, Richtern und Staatsanwalten. "Ich muss herausfinden, was ihn dazu bewegt sein. Ich muss neugierig auf solche Personen sein", sagt Kröber in der sonntaz. Er wundert sich über viele Leserbriefschreiber, die genau wissen, was für ein Arschloch der Täter sei.
Das große Medieninteresse an vielen seiner Fälle beeindruckt Kröber nicht. Er schaue kein Fernsehen und habe etwa im Kachelmann-Prozess den Fall nur oberflächlich verfolgt. Sein Gutachten über die Nebenklägerin Claudia D. sei nicht von den öffentlichen Vorveruteilungen beeinflusst worden. Aufgefallen ist Kröber jedoch, dass eine Spiegel-Autorin geschrieben hat, er sei mit seinem orangefarbenen Fleecepulli die komischste Gestalt in diesem ganzen Prozess gewesen. "Dabei habe ich in meinem ganzen Leben noch keinen orangefarbenen Fleecepulli besessen und gehe stets mit Jackett ins Gericht", sagt Kröber in der sonntaz. "Das sind dann solche Lächerlichkeiten, woran man merkt, was für ein Scheiß geschrieben wird."
Darüber welche Fälle ihn persönlich besonders berührten, warum man Verbrechen nicht ausrotten kann und ob er an das Gute im Menschen glaubt, spricht der Gerichtsgutachter Kröber im sonntaz-Gespräch in der aktuellen sonntaz. Ab Samstag am Kiosk oder in ihrem Briefkasten.
Leser*innenkommentare
HELLMOOD
Gast
Die Rede ist von diesem forensichen Drohnenpiloten, der im Fall Mollath seine "Ferndiagnose" über hunderte Kilometer Entfernung, ohne Anhörung des Betroffenen ins staatsanwaltlich avisierte Ziel lenkte?
reblek
Gast
Autor und Redaktion dürften ruhig darauf achten, welche Buchstaben in dem einen oder anderen Wort fehlen und welche Wörter falsch am Platz sind.