die wahrheit: Die bunte Welt der Frau

Modegeschlecht: Ein irisierender Katalog der weiblichen Farben

Nahezu unbemerkt hat sich in unserer modernen Farbwelt eine in sich abgeschottete Parallelgesellschaft entwickelt: die bunte Welt der Frau. Während der Mann seit Jahrhunderten Farbschattierungen nur brauchte, um Uniformen oder Fußballtrikots zu unterscheiden, hat seit Jahrzehnten der Umgang der Frau mit der Farbe eine ganz eigene Entwicklung genommen.

Für den pragmatisch ausgerichteten Mann ist eine Farbe eine Farbe. Für ihn ist das Farbspektrum klar von Gelb, Orangegelb, Gelborange bis Grünschwarz aufgegliedert. Woher wir das wissen? Aus einem der wichtigsten Männerbücher: dem Briefmarkenkatalog. In diese prosaische Farbpalette mischt sich allenfalls ein Lebhaftrotorange, aber damit ist es dann auch gut. Seit Ende des 19. Jahrhunderts lebt der Mann in einer fest umrissenen Farbenwelt, denn seitdem gibt es die "Germania-Farbtafeln für Postwertzeichensammler". Die Farbtafeln der Briefmarkensammler warteten auch schon mal mit einem Maigrün oder Schokoladenbraun auf, aber so ein Begriffszinnober ist dem philatelistischen Farbenfreund ein Gräuel.

Wie anders dagegen die Farbenwelt der Frau, die nicht in Briefmarken-, sondern Modekatalogen fortgeschrieben wird. Finden wir bei der Männermode noch ein vertrautes Hellblau, Orange, Gelb, Rot, so betreten wir auf den Frauenmodeseiten des gleichen Katalogs eine Welt der Gefühle, Gerüche und Ahnungen. Was für den Mann eine Farbe ist, ist für die Frau ein Gefühl. Und gern ein blumiges Gefühl: Ihre Farben heißen im Katalog Malve, Flieder und Lavendel. Und Rhododendron, also nicht die weiße Spezies, sondern die rötliche. Rotodendron sozusagen. Aus dem Farbgemüsefach finden sich Tomate und Kürbis. Doch anstelle von Kürbis wäre Lebhaftgelborange präziser, denn der Kürbis an sich hat doch viele Farbgesichter. Aus der Obstschale kommen Brombeere, Plum, Mango und Papaya. Dazu findet sich im Katalog ein Frauenschuh in Apfelsine. Das dazugehörige Farbbild zeigt, dass Apfelsine dunkler als Orange ist. Darauf muss man erst mal kommen! Deshalb sind bei den vielen irisierenden und irritierenden Modefarben in den Katalogen, Farbmusterleisten gar nicht wegzudenken. Denn wer weiß schon, wie khaki Graumelange ist?

Viele Frauenfarben riechen sogar beim Angucken: Vanille, Flieder, Camel! Doch, das muss leider auch gesagt werden, die Farbenwelt der Frau ist auch eine trügerische Welt, zu viele Farben verschwimmen im Alkoholnebel: Chianti, Bordeaux, Vino, Port und Cognac! Am Ende dann nachtblau. Hätten die Männer in der Farbfrauenwelt etwas zu sagen, gäbe es sicher noch Biergelb dazu. Das ist schnapsklar.

Wenns unklar wird, ist Off White angesagt, ein Weiß, das schon ins Graue übergeht, ein schwindendes Weiß, eben ein normales Männer-T-Shirt-Weiß.

Doch die Farbfrau hat auch eine handfeste, erdige Seite: Erstaunt fällt der männliche Blick auf die Farben Kiesel, Schiefer, Terracotta, Sand und Schlamm. Bei so viel Erdung empfiehlt sich beim Ölwechsel Petrol und für den Garten Steingrün.

Doch was ist mit der Farbe Rost? Da greift der Mann zur Rostschutzfarbe und geht anschließend gut gelaunt noch mal mit Lebhaftorange drüber!

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kari

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