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Kommentar Sparproteste in ItalienDie Revolte kommt später

Michael Braun
Kommentar von Michael Braun

Die Proteste in Italien verlaufen wie jedes Mal auf ausgetretenen Traditionspfaden. Keine Spur von neuer Revolte in einem von der Eurokrise gebeutelten Land.

G eneralstreik, Hunderttausende Demonstranten auf den Straßen, von Genua bis Palermo, von Mailand bis Rom und Neapel, überall ein Heer roter Fahnen - die gewerkschaftliche Antwort auf Silvio Berlusconis neuestes Sparpaket fiel imposant aus.

Und doch ist Italien immer noch meilenweit von "griechischen Zuständen" entfernt. Es war eigentlich wie jedes Mal in den letzten 30 Jahren, wenn die Gewerkschaften sich mit der Regierung unzufrieden zeigten. Brav und diszipliniert zogen ihre Anhänger, unter ihnen als stärkster Block die Rentner, durch die Städte, und genauso brav und diszipliniert lauschten sie dann den flammenden Reden ihrer Funktionäre.

Brennende Barrikaden, Sturm aufs Parlament oder die Ministerien, erbitterte Straßenschlachten mit der Polizei? Sie gehörten - und gehören - nicht zum italienischen Protestritual. Genauso wenig wie ein "Generalstreik" dieses Land eben keineswegs zum Stillstand bringt. So präsentierte der gewerkschaftliche Aufmarsch vom Dienstag vor allem eines: alte Protestroutine auf ausgetretenen Traditionspfaden, nicht neue Revolte in einem von der Eurokrise gebeutelten Land.

Der Autor

MICHAEL BRAUN ist Italienkorrespondent der taz.

Trotzdem sollte Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi sich nicht allzu sehr darauf verlassen, dass das so bleibt. Jahrelang wiegte der Premier sich - und das Land gleich mit - in der Sicherheit, Italien habe mit Griechenland ökonomisch gar nichts zu tun und müsse deshalb auch keine Angst vor einem vergleichbaren Schicksal haben. Jetzt aber griff Berlusconi zum dritten Sparpaket in zwei Monaten, wobei er mit der üblichen konservativen Geradlinigkeit immer wieder die kleinen und mittleren Einkommensschichten zur Kasse bittet.

Dieses Verarmungsprogramm kann auch in Rom schon bald den Geist der Revolte anfachen - vorneweg unter den Jugendlichen, die bei 30 Prozent Arbeitslosigkeit ohne Perspektive dastehen. Italien steht womöglich ein heißer Herbst ins Haus.

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Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
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1 Kommentar

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  • N
    neuhaus

    mir kommt es so vor als soll es in italien knallen. italien hat in wirklichkeit kaum jugendarbeitslosigkeit, die studie yuseder verortet die angeblich arbeitslosen in fair bezahlter schwarzarbeit, die sozialausgaben , vor allem rente, übernimmt für die schwarzjobber der staat mit einer fairen sozialrente von 450 € plus miete etc. auch geht es wohl kaum an die kleinen einkommen, wenn die mwst. um 1 prozent angehoben wird, sparangebote in supermärkten gibt es zuhauf, das ist sicheres geld mehr eingenommen. ein zentrales problem ist die zu niedrige kapitalertragssteuer von 12, 5 prozent, verdoppel, italiens bürger halten ihre schulden, habe oft statt steuern zu zahlen von diesem geld anleihen gekauft. eigentlich ist italien eines der solidesten länder, allein die performance seines mps ist abschreckend, da ist die kritik berechtigt, nicht mit faktenlosen behauptungen und dem wunsch nach brennenden häusern.

     

    bg