Emden bangt um Hafenneubau: Auf die Plätze, fertig, Offshore-Segen!
Die norddeutschen Häfen kämpfen um den erwarteten Profit aus dem Ausbau der Windanlagen in der Nordsee. Emden fühlt sich bei dem Spiel "Greift euch die Millionen von der Landesregierung" ausgeschlossen.
Wenn es um einen Platz am Hintern des Goldesels Offshore-Windanlagen geht, wollen alle in der ersten Reihe sitzen. Alwin Brinkmann, bis vor kurzem Oberbürgermeister von Emden, ist da keine Ausnahme. Kurz vor seiner Pensionierung im Oktober hat er noch mal zugelangt.
Das Land Niedersachsen würde zugesagte Investitionen für einen Hafenneubau am Rysumer Nacken in der Emsmündung zurückhalten und Emden im Rennen um den Offshore-Segen gegenüber Cuxhaven, Brake und Wilhelmshaven zurücksetzen, schimpfte er letzte Woche auf einer Pressekonferenz.
Auslöser für Brinkmanns Furor war eine aktuelle Rede des niedersächsischen Wirtschaftsministers Jörg Bode (FDP). Der lobte Cuxhaven und Brake als Basishafen für die Offshore-Versorgung. Emden erwähnte er nicht. Die Landesregierung habe zugesagt, Emden und Cuxhaven gleichberechtigt zu behandeln. Von Brake sei nicht die Rede gewesen, sagt der Emder Stadtsprecher Eduard Dinkela.
Nach Auskunft der Stadt sind 90 Millionen Euro in die Erhaltung der alten Hafenanlagen in Emden und deren Betrieb geflossen - "aber 200 Millionen Euro gingen als Neuinvestitionen nach Cuxhaven und Brake", sagt der Stadtsprecher. Emden verlange von der Landesregierung "ein klares Bekenntnis zum Hafenneubau".
Nach Angaben der Industrie- und Handelskammer Papenburg und Ostfriesland (IHK) sollen bis 2017 17 Windparks in der Nordsee gebaut werden. Bis 2020 sollten gut 100 Milliarden Euro dafür ausgegeben werden. "Emden ist noch nicht so weit. Cuxhaven liegt eindeutig vorne, wenn es um das Management der Offshore-Wirtschaft geht", sagt Dörte Schmitz, Sprecherin von Niedersachsen Ports, dem landeseigenen Dienstleister für die Vermarktung der Seehäfen.
Emden sei jedoch "unsere Zukunft", tröstet Schmitz. Brake komme neu ins Spiel, weil es neu geschaffene Lagerkapazitäten habe. Die werden in der Windbranche gebraucht, um Windflügel und Turmelemente auf Halde zu legen.
Cuxhaven, Emden und Brake haben vergleichbare Hafenprofile, bei der entsprechenden Infrastruktur "hinter" den Häfen hapert es überall. Der Unterschied ist: Die Hafenanlagen in Cuxhaven und Brake liegen jetzt schon am tiefem Wasser und sind damit nach Aussage von Niedersachsen Ports offshore-tauglich.
In Emden ist der alte Hafen nicht offshore-geeignet, da nicht tief genug. Und im Hafenneubaugebiet am Rysumer Nacken gibt es bislang nur einen Anleger für den Fährverkehr nach Borkum - sonst nichts, nur Naturschutzgebiete.
Trotzdem wuchert Emden mit seinem Pfund, das da wäre: "Alle Windparks sind von Emden aus schneller und kostengünstiger zu erreichen", so Stadtsprecher Dinkela. Darin ist er sich einig mit den Wirtschaftsverbänden der Region.
Für Naturschützer ist der Ausbau der Häfen an der Nordsee eine absolute Katastrophe - denn Voraussetzung ist eine Vertiefung der jeweiligen Flüsse. "Für uns Grüne stehen weitere Vertiefungen an Ems, Weser und Elbe nicht zur Disposition", stellt Elke Twesten, Hafensprecherin der Grünen im niedersächsischen Landtag klar.
Allerdings weiß auch sie, dass die Region den wirtschaftlichen Schub aus dem Offshore-Segen will. "Man sollte erst prüfen, ob der alte Emder Hafen nicht zukunftsfähig entwickelt werden kann", gibt sie im Einklang mit Niedersachsen Ports zu bedenken.
Vielleicht ist aber schon alles zu spät: Im benachbarten niederländischen Eemshaven gibt es nämlich schon einen Hafen, der alle Kriterien für einen optimalen Offshore-Zubringer erfüllt. Dort haben sich schon deutsche Firmen angesiedelt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!