Christliche Demokraten: Wo war Rita?
Der Landesfachausschuss äußert in seiner auch nach vier Monaten nur vorläufigen Aufarbeitung des Wahldebakels der CDU viel Kritik an der Führungsriege um Thomas Röwekamp - doch in der Partei bleibt es derzeit noch ruhig.
Im Moment ist es auffällig ruhig in der Bremer CDU. Noch. Sicher, da kursiert dieses Papier, eine "vernichtende Kritik" an der CDU-Spitze, wie der Weser-Report es nannte, zugleich die Vorabfassung jenes Berichtes, mit dem der Landesfachausschuss der CDU das Wahldebakel der Partei aufarbeiten soll. Aber sowohl jene, die Partei- und Fraktionschef Thomas Röwekamp nahestehen als auch seine GegenspielerInnen halten sich derzeit mit öffentlichen Äußerungen sehr zurück. "Abwarten" ist die immer wieder geäußerte Devise. "Alle haben Angst, sich zu bewegen und starren aufeinander", sagt einer, der auch nicht genannt werden will. "Man belauert sich." Ende des Monats wird der Ausschuss unter Leitung von Ex-Senator Ronald-Mike Neumeyer seine endgültige Analyse vorlegen, am 12. Oktober ein CDU-Parteitag sie diskutieren.
Rund 100 Mitglieder zählt das Gremium, das Wert darauf legt, "kein Nebenlandesvorstand" zu sein. In seinem vorläufigen, der taz vorliegenden Bericht ist von "schwierigen Rahmenbedingungen", vor allem aber von "personellen Fehlentscheidungen" und "inhaltlichen Defiziten" die Rede. Im Mittelpunkt der Kritik, immer wieder: Thomas Röwekamp, Spitzenkandidatin Rita Mohr-Lüllmann und Wahlkampfleiter Heiko Strohmann.
Der Führung fehle "eine ausreichende Verankerung in der Basis" und eine Idee, wie Bremen "künftig gestaltet" sein solle. Weder integriere die Spitze alle Parteiströmungen, noch repräsentiere sie die wesentlichen Bevölkerungsgruppen. Und das Konfliktmanagement der Parteispitze "trug auch nicht gerade zur Entspannung der Situation" bei, so das Papier. Ergebnis: "Die CDU ist zur Zeit keine bürgernahe Volkspartei mehr" - weder "Senioren" noch "sozial Schwache" oder "Migranten" fänden sich in ihr wieder. Die Partei habe keine Vision, kein Thema "als Alleinstellungsmerkmal" und keine "ausreichend wahrgenommene Lösungskompetenz".
Als "wenig hilfreich" wird der Wahlkampfslogan bewertet, den sich eine Hamburger Agentur ausgedacht hat - ohne vorher ordentlich gebrieft worden zu sein. "Wenig hilfreich" gewesen sei auch, dass die Spitzenkandidatin für "öffentlichkeitswirksame Auftritte nicht zur Verfügung" stand. An anderer Stelle heißt es: "Trotz intensiver Fragen konnte nicht geklärt werden, mit welcher Strategie - inhaltlich wie personell - der Wahlkampf bestritten werden sollte". Entsprechend "unpolitisch" sei er gewesen. "Für die Planung und Organisation war der Wahlkampfleiter hauptverantwortlich". Im CDU-Haus will man sich derzeit nicht zu diesen Themen äußern.
Manche in der Partei sehen nun in der Berliner CDU ein Vorbild, schon wegen deren Geschlossenheit. Die Partei, die in den Neunziger Jahren noch über 40 Prozent der Stimmen bekam, landete 2001 in etwa da, wo die Bremer CDU heute steht. Am Sonntag erreichte sie bei der Landtagswahl 23,4 Prozent, immerhin ein Plus von 2,1 Prozent. Trotz der ebenfalls "schwierigen Rahmenbedingungen".
Keine Entscheidung trifft das Papier übrigens bei der Frage, ob Partei- und Fraktionsvorsitz getrennt werden sollten. Auch in Fragen der inhaltlichen Neuausrichtung bleibt es eher vage. "Die CDU muss nicht grüner werden", heißt es an einer Stelle, aber eine "Partei für moderne Großstädte" an einer anderen. Immerhin hat man schon neue Zielgruppen ausgemacht: Junge Menschen, Patchwork-Familien, sozial Benachteiligte und Arbeitslose, Alleinerziehende, MigrantInnen und ältere Alleinstehende. Also fast alle.
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