die wahrheit: Der Felsenkeller in der Brandung
Als Wahrheit-Redakteur Michael Ringel einmal im Schöneberger "Felsenkeller" darüber sinnierte, ob der Satz "Die fliegenden Fische haben kein Portemonnaie!" ...
..ein guter Unterbringsatz anlässlich der Frankfurter Buchmesse wäre, wurde er des Hauses verwiesen, weil es schon sehr spät war.
Alljährlich denkt er sich einen dieser berühmten und formvollendet überflüssigen Unterbringsätze aus, die Journalisten aus aller Welt in ihre Texte schmuggeln, um die begehrte Trophäe "Große Ente von Alba" zu ergattern. Kurios: Der Satz entstehe nicht im "Felsenkeller", so Ringel. "Ich weiß auch nicht. Ich wache auf und er ist da."
Ringel trinkt stets eine Flasche Wasser zu seinem Bier. Deshalb macht er gerne Urlaub in England, weil dort das Bier bereits mit Wasser verdünnt serviert wird. Einmal war er nicht im "Felsenkeller", sondern in einem anderen Wirtshaus, weil dort ein Fußballspiel der deutschen Nationalmannschaft übertragen wurde. Plötzlich jubelte Ringel, er habe genau so viele Biere getrunken, wie die Deutschen Tore geschossen haben. Es war gerade das 8:0 gefallen. Es war zwölf Uhr mittags.
Ringel wird oft mit Fahrkartenkontrolleuren verwechselt und steht tapfer dazu. Vielleicht legt er sich eine neue Jacke zu. Was kaum jemand weiß: Ringel hat eine Vorliebe für Listen, Klarsichthüllen und Katzen. Lange machte ihm das Sorgen, weil diese Leidenschaften unvereinbar schienen. Ein Abend im "Felsenkeller" brachte jedoch die Erleuchtung. Seither führt Ringel in seinem iPhone eine Liste über die schönsten Wesenszüge des Katzentiers an sich und stülpt sich abends Klarsichthüllen über die Hände, wenn die eigene Katze gestreichelt werden möchte. "Sie mag es", so sein knapper Kommentar, "und elektrostatisch bringt das auch was. Der Staubsauger ist seither viel seltener im Einsatz."
Immer wieder halten die Gäste des "Felsenkellers" den Atem an, wenn er einen Blick in die Zukunft wirft und Matthias Horx noch älter als Horst Opaschowski aussehen lässt. So sagte Ringel bereits am 5. Oktober 2011 den Sturz Gaddafis voraus. Nur einen Tag später unkte er, die rot-grüne Koalition in Berlin werde vermutlich scheitern. Spontane Wetten nahm er wie immer selbstbewusst an, was auch erklärt, warum Ringel das taz-Gehalt schon immer vollkommen egal war: Seine Prophezeiungen treffen erstaunlich oft ein und sichern "dem Mann, der das Morgen kennt" (Spiegel Online), ein hübsches Nebeneinkommen.
Als erprobter weissagender Analytiker wagt sich Ringel aber auch an Langzeitprognosen, die durchaus auch den Aktienmarkt beeinflussen. Drei willkürlich ausgewählte Beispiele: 1. Die taz wird im Jahr 2020 eine Aktiengesellschaft. 2. Die taz AG wird im Jahr 2021 die Springer AG übernehmen. 3. Der Vorstandsvorsitzende der taz AG wird im Jahr 2021 in den verdienten Ruhestand gehen, seinen Posten als Berater des "Felsenkellers" jedoch beibehalten. "Ich fühle mich noch rüstig und auch irgendwie unternehmungslustig", wird Ringel dann sagen.
Dann ist er 60. Am Montag aber wird er 50. Wir gratulieren.
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