piwik no script img

Kommentar Mineralöl in RecyclingkartonsVerbraucherschutz geht vor

Kommentar von Britta Veltzke

Altpapierkartons enthalten krebserregende Kohlenwasserstoffe. Deshalb muss Nahrung in Kunststoff verpackt werden. Auch wenn es schmerzhaft für Recyclingverfechter ist.

S chmerzhaft für RecyclingverfechterInnen: In Zukunft werden Plastiktüten Lebensmittel schützen müssen, die in Altpapierkartons verpackt sind. Denn die Pappe, in der Reis, Semmelbrösel oder Nudeln verpackt sind, enthält Mineralöl, das unter anderem aus sogenannten aromatischen Kohlenwasserstoffen bestehen.

Einige davon wurden als krebserregend eingestuft - ein unkalkulierbares Risiko für VerbraucherInnen.

Das Bundesverbraucherschutzministerium will in einer Mineralölverordnung vorsorglich strenge Grenzwerte festlegen, die die Substanz aus dem Recyclingkarton minimieren. Dagegen wehrt sich die Pappkartonwirtschaft. Daher wird die Verordnung nun überarbeitet und tritt voraussichtlich erst 2015 in Kraft. Doch die kann das Problem ohnehin nicht lösen, weil der vorhandene Papierabfall bereits verunreinigt ist.

Die Autorin

BRITTA VELTZKE schreibt für die taz.

Der Altpapiermix besteht bis zu einem Zehntel aus alten Zeitungen, deren Druckfarben enthalten das Mineralöl. Das bleibt selbst dann im Verwertungskreislauf, wenn bedrucktes Papier aussortiert würde. Denn das Recyclingsystem wurde von Anfang an mit alten Zeitungen gefüttert. Es herauszufiltern dauert Jahre. Das ist zu lange für die KonsumentInnen.

Auch Lebensmittel in Frischfaserkartons zu verpacken, ist nicht des Rätsels Lösung. Denn die großen Kartons, in denen die einzelnen Verpackungen angeliefert werden, bestehen aus mineralölhaltiger Faser.

Kunststoff dagegen birgt zwar viele weitere Probleme wie Weichmacher im Abwasser bei der Produktion und Müllberge bei der Entsorgung. Trotzdem muss bei Lebensmitteln Verbraucher- vor Umweltschutz gehen, bis sichere Alternativen gefunden sind. Nahrung muss - wie heute schon Cornflakes - extra in Kunststoff verpackt werden. Natürlich so sparsam wie möglich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • P
    Peter

    Erfreulich ist, dass Gesundheitsbelastungen durch Lebensmittelverpackungen endlich Beachtung geschenkt wird.

     

    Im Hauptartikel steht: "Dass Recyclingpappe Trockenlebensmittel verunreinigt, fand bereits 2009 der Schweizer Chemiker Konrad Grob heraus." Über das "bereits" habe ich verwundert den Kopf geschüttelt. Dass Recyclingpappe Druckerschwärze enthält ist keine Neuigkeit; hat noch nie vorher jemand über die Folgen für darin verpackte Lebensmittel nachgedacht?

     

    Plastik statt Pappe kann leider bedeuten, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. Das Thema Gesundheitsgefahren durch Weichmacher in Lebensmitteln wird nämlich mit ähnlicher Ignoranz behandelt. Diese hormonähnlich wirkenden Stoffe finden sich nicht nur in den Abwässern der Plastikhersteller wieder, sondern auch in den in Weichplastik verpackten Lebensmitteln. Wenn Sie stilles Wasser aus einer PET-Flasche trinken, können Sie die Weichmacher sogar schmecken. Sie erinnern entfernt an Zitrus.

    Wenn die Einzelgebinde in Nichtrecycling-Pappe verpackt werden, glaube ich nicht, dass man nennenswert Rückstände aus dem Großkarton im Essen findet. Diese müssen erst durch die Einzelverpackung hindurchdiffundieren.

     

    Welche Probleme die aromatischen Kohlenwasserstoffe aus dem Mineralöl tatsächlich verursachen kann ich nicht beurteilen. Fisch in Zeitungspapier einzuwickeln fand ich wegen der Druckerschwärze schon immer unappetitlich. Allerdings esse ich gerne geräucherte Lebensmittel. Diese enthalten auch größere Mengen aromatische Kohlenwasserstoffe. Werden jetzt Schwarzwälder Schinken und Räucheraal mit den gleichen Maßstäben gemessen und daher verboten? Was mute ich mir durch einen Grillabend zu, verglichen mit meinem Jahresverbrauch an "Spaghetti al Petrolio"?

  • E
    EuroTanic

    Aber das das Bisphenol A in Plastikverpackungen den Menschen schädigt, davon ist hier nie die Rede? Manchmal hat man den Eindruck, das Politik und Medien den Verbrauchern absichtlich die falschen Ratschläge geben. Beweisen sie das Gegenteil indem sie unabhängig und vollständig informieren.

  • GM
    Gosig Mus

    Ich hab das schon vor Wochen im Radio gehört, und bin auf relativ wenig Nahrungsmittel gekommen, die in Kontakt mit Pappe geliefert werden. Nudeln und Reis sind in den (Bio-) Supermärkten die ich kenne in der Regel in Plastik verpackt. Die meisten Sachen in Pappkartons -- Pizza, Muesli, Süßigkeiten -- haben zusätzlich noch mal Plastikverpackungen. Zucker und Mehl kommen direkt in Papier, mir ist aber nicht ganz klar ob dieses Papier auch betroffen ist.