Kommentar François Hollande: Das Gegenteil von Sarkozy

Die Primärwahlen geben Hollande eine Legitimität, wie sie bisher noch kein Kandidat hatte. Er startet mit einem klaren Vorteil in die Kampagne gegen Sarkozy. Bis jetzt.

Glaubt man Politologen und Meinungsforschern, dann wurde am Sonntag nicht etwa der Kandidat von Sozialisten und linker Opposition für die französischen Präsidentschaftswahlen nominiert - sondern der nächste Präsident des Landes designiert.

Das erklärt den Massenandrang bei den "Primärwahlen": Nach allen derzeitigen Umfragen wird der sozialistische Kandidat François Hollande haushoch gegen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy gewinnen.

Aber es ist gerade ein paar Monate her, da haben dieselben Umfrageinstitute unisono einen anderen Sozialisten vorschnell für nominiert und gewählt erklärt, nämlich den damaligen IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn. Das war freilich, bevor dieser in Handschellen von der New Yorker Polizei abgeführt wurde.

In der Politik kommt es eben öfter mal anders, als die Experten meinen. Auch 1995 hatten die Demoskopen nach einem Blick in ihre Kristallkugeln den damaligen Premierminister Édouard Balladur für unschlagbar erklärt. Der Sieger hieß bekanntlich Jacques Chirac.

Trotzdem: Die Primärwahlen geben Hollande eine Legitimität, wie sie bisher noch kein Kandidat hatte. Er startet mit einem klaren Vorteil in die Kampagne gegen Sarkozy. Von seinem Ziel aber ist der Sozialist noch weit entfernt. Und es besteht das Risiko, dass die ganze Dynamik verpufft, ohne ihm zu nutzen.

Gewiss, der heutige Staatschef ist sehr unpopulär. Viele Franzosen sind von Präsident Sarkozy verärgert und enttäuscht. Deshalb präsentiert sich der Biedermann Hollande als pures Gegenteil des Amtsinhabers. Nach Sarkozys One-Man-Show will er als ganz normaler Mensch die Führung Frankreichs übernehmen. Genau das könnte vielen Franzosen, die immer noch von Staatsmännern wie Napoleon oder de Gaulle träumen, bald zu kleinkariert vorkommen.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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