piwik no script img

Kommentar FacebookFacebook endlich Grenzen setzen

Johannes Gernert
Kommentar von Johannes Gernert

Die norddeutschen Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar und Thilo Weichert versuchen, Facebook rechtliche Grenzen aufzuzeigen. Gut so!

E in Konzern wie Facebook darf eigentlich keine persönlichen Informationen seiner Millionen Mitglieder aus der EU in die USA übertragen. Denn die Datenschutzstandards in den Vereinigten Staaten fallen hinter die der Europäischen Union zurück.

Konzerne, die sich verpflichten, europäische Standards einzuhalten, treten dem Safe-Harbor-Abkommen bei. So dürfen sie die Personendaten doch übertragen. Facebook nun behauptet, sich an das Abkommen zu halten, tut es aber nicht immer.

Deutlich wird das am Beispiel der automatischen Gesichtserkennung. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sieht vor, dass ein Unternehmen seine Kunden informiert, wenn es beginnt, biometrische Daten von ihnen zu erfassen. Das ist das Grundproblem: Facebook sagt manchmal nicht so gern Bescheid.

Der Konzern hat den Service der Gesichtserkennung für seine Nutzer einfach flächendeckend eingeschaltet. Das ist rechtswidrig - nach europäischen Standards. Datenschützer und Politiker müssen sich fragen: Wie reagiert man, wenn ein globaler Kommunikationskonzern europäische Regeln missachtet?

taz
Johannes Gernert

ist Redakteur der sonntaz.

Die Europäer können sich bei Verstößen gegen Safe-Harbor bei der Federal Trace Commission in den USA beschweren. Und hoffen, dass die gegen Facebook vorgeht. Eine vage Hoffnung.

Die norddeutschen Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar und Thilo Weichert versuchen, dem Online-Konzern rechtliche Grenzen aufzuzeigen. Dafür werden sie von manchen belächelt. Aber ihr Vorgehen ist durchaus sinnvoll. Weichert will jetzt vor Gericht gegen den Like-Button von Facebook vorgehen. Auch das ist gut: Urteile machen die Rechtslage klarer. Dann muss nur noch irgendwer kontrollieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Johannes Gernert
sonntaz-Redakteur
Jahrgang 1980, ist Redakteur der taz.am wochenende. Er betreut dort die Titelgeschichten. 2010 ist sein Buch „Generation Porno“ erschienen. 2013 wurde er mit dem Arthur F. Burns-Award ausgezeichnet.
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Z
    zarakthuul

    Das amerikanische Softwarefirmen sich nicht an europäische Normen halten ist doch bekannt. Damit vermeiden sie Stress mit den amerikanischen Geheimdiensten. Die wollen doch zur "Terrorabwehr" auch unsere Kontodaten, unsere Reisedaten per Flieger, eventuell die vom i-phone gesammelten Bewegungsdaten usw..

     

    Nur was nicht im Netz ist kann dort auch nicht missbraucht werden.

     

    Facebook? Nein danke!

  • TW
    Tobias Weihmann

    Bei all der (berechtigten Kritik), man sollte nicht vergessen, dass soziale Netwerke wie Facebook auch ein positives gesellschaftliches Potential (siehe z.B. bit.ly/qgsNUv) besitzen. Verzicht und Verbote sind Varianten, will man aber von den positiven Aspekten dieser Technologie profitieren können, so sollte man vor allem die Onlinekompetenz fördern.

     

    Das Datenschutz-Problem kann nämlich zum guten Teil durch aktives "Kurieren" der eigenen Internetpräsenz entproblematisiert werden. D.h. man sollte jungen Menschen vermitteln, dass alle Daten, die man ins Internet stellt, sich dort potentiell beliebig verbeiten können, sei es durch unzuverlässige Anbieter, Verstöße gegen den Datenschutz, Hacker, Datenkraken etc.

     

    Ist einem das bewusst, wählt man ganz gezielt aus, welche Informationen man von sich Preis gibt, was man damit vermitteln möchte, und welche Informationen grundsätzlich im "Analogen" belässt. Stellen soziale Netze zu intime Fragen, sollte man sich nicht scheuen diese mit Fehlinformationen zu füttern. Mit echten Freunden sollte man möglichst den öffentlichen virtuellen Kontakt reduzieren usw. usf.

     

    Ich denke auch, dass viele Teilnehmer sozialer Netze bereits bewusst oder unbewusst selektiv mit ihren Daten umgehen, sich eine virtuelle Persönlichkeit schaffen und damit das Datenschutzproblem reduzieren.

  • U
    Uigure

    Facebook ist tatsächlich dramatisch überbewertet. Eine Mode-Erscheinung, eine Luftspiegelung im virtuellen Dorf, eine digitale Seifenblase die bald zerplatzt. Erst hoch- und dann abgeschrieben.

     

    Wer erinnert sich noch an "Gopher", "Altavista", "second life" oder "Moorhuhn". Das sind alles Artefakte des Internetzeitalters.

     

    Wenn es den mainstream-Nerds langweilig wird, werden sie auf eine andere Spielwiese weiterziehen um sich zu produzieren und ihre Seelen zu entblößen. Dies ist die wahre Pornographie der Neuzeit.

     

    Nichts bleibt wie es war. Alles fließt. Wozu aufregen. Meine Cookie-Krümel ess ich selber.

  • H
    Harald

    Unlängst hat bei der taz Abstimmung zu Facebook die Mehrheit angegeben, nicht bei Fb zu sein: Die einzig richtige Entscheidung.

     

    Schlecht für diejenigen, die angejunkt glauben, ihr (soziales) Leben hinge von dieser Form der totalen Überwachung und Dokumentation ab und sei ohne Fb nicht möglich.

     

    Richtig problematisch wird es erst, wenn die Gruppe der Nichtteilnehmer unter Generalverdacht gestellt wird, 'etwas zu verbergen' zu haben, z.B. von Personalchefs, von denen bekannt ist, ihre Bewerber zu googeln und dann nichts 'finden'.