Berliner Internetinstitut eröffnet: Fixer als die Deutschen
In Berlin startet ein neues Institut zur Erforschung des Zusammenhangs von Internet und Gesellschaft. Finanziert wird es auch von Google. Was sagt uns das?
BERLIN taz | Kulturpessimisten, aufgepasst, es ist Zeit, sich zu empören: In was für einer Welt leben wir eigentlich, in der Suchmaschinenkonzerne sich Forschungseinrichtungen kaufen?
Ja, es stimmt. Seit Dienstag gibt es in Berlin ein Internet-Forschungsinstitut. Und ja, es stimmt: Dieses Institut gibt es nur, weil der Suchmaschinenkonzern das Geld dafür zur Verfügung gestellt und das Projekt angeschoben hat.
Das als gekaufte Forschung zu verdammen, passt gut in den Kanon der deutschen Berichterstattung, die Google den Vornamen "Datenkrake" verpasst hat. Geld. Iiih! Böse!
Und jetzt mal ein paar Fakten: Das Institut bekommt von Google über drei Jahre verteilt gerade einmal 4,5 Millionen Euro. Eine ziemliche Portokassen-Summe für den US-Konzern. Davon könnte man ohne die Kooperation mit renommierten Berliner und Hamburger Forschungseinrichtungen sicher kein Institut eröffnen. Und künftig sollen anderen Sponsoren hinzukommen - etwa aus der Telekommunikationsbranche.
Natürlich wäre es besser gewesen, wenn sich die deutsche Forschungselite schon vor Jahren dazu durchgerungen hätte, ein solches Institut zu eröffnen. Und es komplett öffentlich zu finanzieren. Eines, dass nicht nur IT-Aspekte erforscht, sondern auch, wie das Internet und seine glasfaserschnelle Entwicklung unser Leben verändert.
Denn wissenschaftliche Erkenntnisse darüber in der aktuellen netzpolitischen Debatte sind bitter nötig. Nichts zeigt das besser als die zerstrittene Enquete-Kommission zum gleichen Thema.
Nun hat aber Google dieses Forschungsinstitut angeschoben. Weil man dort eben fixer und visionärer unterwegs ist als an deutschen Unis. Um das eigene von Streetviewhickhack angekratzte Image aufzupolieren? Das vielleicht. Aber gerade dann wäre es äußerst dumm und plump, Einfluss auf die Forscher am Institut zu nehmen. Das nämlich gäbe wirklich miese Schlagzeilen.
Leser*innenkommentare
Andreas H.
Gast
Um die erste Frage des Textes zu beantworten: Deutschland hat kein Geld für Bildung und Forschung.
Google hätte in jedes andere Land investieren können, aber nein, sie wissen, dass in Deutschland immer noch Wertarbeit verrichtet wird. Natürlich wird Google etwas aus den Forschungsergebnissen gewinnen, so wie jeder andere von uns auch. Die Frage ist nur: Müssen wir das wissen? Eigentlich nicht, aber Google will es.
Es bleibt nur noch eine Frage der Zeit, bis sämtliche Institute überwiegend durch private Hand gefördert werden. Dieses Institut ist erst der Anfang der Privatisierung von Bildungseinrichtungen. Demnächst gibt es wie bei den Simpsons die Pepsi-Schulen. "Wenn du 4 Pepsis trinkst, um wie viel mehr fühlst du dich erfrischt?" (so ähnlich war das Zitat)
heinz
Gast
Das 1., was Humboldt sicher verwendet haette, waere wohl ADBLOCK.