Kommentar CDU und Mindestlohn: Die Zeichen der Zeit

Seit Jahren spricht sich eine übergroße Mehrheit der Bundesbürger für einen Mindestlohn aus. Doch für den Wirtschaftsflügel der CDU ist er immer noch undenkbar.

Die CDU steht vor einer bedeutenden Kehrtwende. Nach dem Atomausstieg will die Partei ein weiteres lang gehegtes Tabu über Bord werfen und einen allgemeinen Mindestlohn einführen. Zumindest nähert sie sich dieser Idee mit großen Schritten an.

Die Union hat begriffen, dass es höchste Zeit ist umzudenken, will sie gesellschaftspolitisch nicht im Abseits landen. Es ist nicht nur die Sorge, dass der ausufernde Niedriglohnsektor die finanzielle Stabilität der Sozialsysteme untergräbt, der die Partei zur Kehrtwende zwingt.

Es sind vor allem die Alltagserfahrungen auch an der CDU-Basis, die das Teufelswerkzeug Mindestlohn plötzlich annehmbar erscheinen lassen. Denn bis hinein in den eigenen Familien- oder Freundeskreis sind die Erfahrungen mit Dumpinglöhnen, Leiharbeit oder befristeten Arbeitsverhältnissen gesickert.

Wer damit konfrontiert wird, dass die eigenen Kinder oder die Kinder von Freunden trotz guter Ausbildung noch lange nach dem 30. Lebensjahr von den Eltern immer wieder subventioniert werden müssen, unter anderem weil der Vollzeitlohn zum Leben nicht reicht, der beginnt die Welt mit anderen Augen zu sehen.

Seit Jahren schon spricht sich eine übergroße Mehrheit der Bundesbürger, wohlgemerkt auch Besserverdiener, für eine allgemeine Lohnuntergrenze aus.

Die große Frage ist nun: Was macht die CDU daraus? Ringt sie sich zu einem Konzept durch, das Dumpinglöhne wirklich flächendeckend verhindert? Oder doktert sie nur ein bisschen an den Symptomen herum und gibt dem starken Wirtschaftsflügel der Partei klein bei? Denn für den ist ein einziger, flächendeckender Mindestlohn, den die Politik festlegt, immer noch Teufelszeug.

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Jahrgang 1976. Ist seit 2009 bei der taz und schreibt über Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie die Gewerkschaften

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