Uneinige Union: Duell um die Versöhnerrolle
Weil niemand allein die Sehnsucht der CDU-Mitglieder nach Harmonie stillen kann, will Thomas Röwekamp alleine Chef von Partei und Fraktion bleiben.
Union heißt ursprünglich Einheit, Vereinigung. Aber in der Politik und zumal in Bremen spielt die Etymologie derzeit eine untergeordnete Rolle. "Es geht der Riss durch die Partei", sagt Rita Mohr-Lüllmann. Und dass die Partei "einen sichtbaren Neuanfang" brauche - dessen Symbol klassischerweise eine personelle Veränderung in der Führung wäre.
Sie hat ihre Kandidatur für den Parteivorsitz Anfang Oktober bekanntgegeben - und begründet sie seither vor allem damit, diesen Riss überwinden zu wollen. Das will jetzt auch Thomas Röwekamp, also als Partei-Chef kandidieren und "die Sehnsucht der Mitglieder nach Harmonie" befriedigen: Gestern Abend hat er das im Hilton den Delegierten des Landesausschusses erklärt.
Schließlich, so eröffnete er ihnen, könne "niemand allein" die "Dissonanzen innerhalb unserer Partei" beseitigen. Das ist in der Sache zweifellos richtig. Doch ganz wie der Hinweis darauf, dass man "kein Symbol für Erneuerung" brauche, also kein sichtbares Zeichen wie eine personelle Veränderung in der Führung, sondern "einen breit getragenen Willen" dazu, kann auch diese Bemerkung fast nur als suggestiv-polemischer Seitenhieb auf die Kontrahentin verstanden werden. Denn als Argument trägt die Feststellung ja gerade dann nicht, wenn man dafür wirbt, die beiden Schlüsselpositionen der CDU im Land Bremen weiterhin mit einer Person allein zu besetzen: Ihm selbst, dem Fraktions- und Partei-Chef Thomas Röwekamp eben.
Immerhin, um einen Sitz im Deutschen Bundestag will er sich nicht bewerben, verspricht er. Angeblich steht auch noch nicht fest, dass Bernd Neumanns Erbe dort von Michael Teiser, wie Röwekamp Bremerhavener, angetreten wird. Auch unabhängig davon hat der schon mal angekündigt, für Röwekamp zu stimmen. Und auch Ex-Wirtschaftssenator Jörg Kastendiek hält "Röwekamp für die bessere Wahl".
Ob allerdings auch die Mitglieder, die auf vier Regionalkonferenzen über den Parteivorsitz entscheiden sollen, ihrem bisherigen Landesvorsitzenden die Versöhnerrolle zutrauen, ist zweifelhaft. Schließlich ist gerade ihm immer wieder nachgesagt worden, eher polarisierend zu wirken. Entsprechend hatten nicht zuletzt Röwekamp-Getreue wie der wegen eines satirischen Blog-Eintrags in Ungnade gefallene Nachwuchs-Politiker Malte Engelmann in einer Doppelspitze "aus einem besonnenen, verbindenden Parteichef in Kombination mit einem rhetorisch-brillanten Fraktions-Vorsitzenden" das beste Rezept zur Befriedung der zerrissenen Union gesehen. Einer solchen Konstellation kann allerdings schaden, wenn man einander zuvor als Gegner um einen der beiden Posten duelliert hat.
Auch derartige Argumente habe er "ernst abgewogen", sagt Röwekamp - und behauptet, sich "die Entscheidung nicht leicht gemacht" zu haben. Doch etwas verräterisch fügt er hinzu, sehr erfreut und geehrt dadurch zu sein, dass "viele Unterstützer aus allen drei Kreisverbänden und den Vereinigungen" ihn "zu einer erneuten Kandidatur aufgefordert" hätten.
Das kann er nur sagen, weil am Vortag der Sondersitzung des Landesausschusses noch eilends ein "Aufruf von Vorsitzenden in der CDU Bremen" lanciert worden war, mit insgesamt 13 Unterschriften von FunktionsträgerInnen (taz berichtete). Darunter sind Stadtbezirksverbandsvorsitzende von Oberneu-, Ober-, und Niedervieland sowie Huchting, Vahr und Westen. Weder die Mittelstandsvereinigung noch die Schüler Union geschweige denn der "Ring Christlich Demokratischer Studenten" spielen eine allzu große Rolle in Bremen. Und dass die Frauen Union mehrheitlich die Präferenz ihrer Vorsitzenden für einen männlichen Parteichef teilt, ist sehr unwahrscheinlich.
Allerdings, so Heiko Strohmann, Vorsitzender des Bezirks Westen gestern noch vor dem kleinen Landesparteitag, sei der von ihm mitverfasste Aufruf auch "keine Grußadresse, dass wir Röwekamp unterstützen". Man habe ihn nur darin bestärken wollen, dass er auch antritt. Insofern kann der Aufruf nur als voller Erfolg gewertet werden. Mohr-Lüllmann kommentierte indes trocken, sie persönlich sei "sehr froh darüber, dass bei der Mitgliederbefragung wirklich die Mitglieder entscheiden - und nicht irgendwelche Partei-Gremien".
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