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Porträt Dieter GlietschDer bürgernahe Expolizist

Die Kennzeichnungspflicht für Polizisten existiert bisher nur in Berlin – dank Expolizist Dieter Glietsch. Nun unterstützt er die Linke dabei, dass die Bundespolizei nachzieht.

Seit Juni im Ruhestand: Dieter Glietsch. Bild: dpa

BERLIN taz | Er ist Polizist von der Pike auf, war Inspekteur der Polizei in Nordrhein-Westfalen und Berliner Polizeipräsident. Gegen den hartnäckigen Widerstand von Gewerkschaften und Personalräten hat er in seiner neunjährigen Amtszeit an der Spree durchgesetzt, was Bürgerrechtsgruppen über 30 Jahre gefordert haben. Die 13.000 Uniformträger der Hauptstadtpolizei sind seit 2011 verpflichtet, ihren Namen - oder wahlweise eine individuelle Nummer - zu tragen. Das gibt es nur in Berlin.

Seit Juni ist Dieter Glietsch im Ruhestand. Auf Bundesparkett ficht er weiter für die Sache. Als Sachverständiger war er am Montag im Innenausschuss des Bundestags geladen. Die Linke hat beantragt, auch für die Bundespolizei die Kennzeichnungspflicht einzuführen. Aussicht auf Erfolg besteht derzeit nicht.

Bundespolizisten hätten es schwer genug, so die Auffassung der Bundesregierung. Bei einer namentlichen Kennzeichnung bestünde die Gefahr, dass sich die Übergriffe auf die Beamten häuften. "Auch Polizisten haben Anspruch darauf, dass ihre Persönlichkeitsrechte respektiert und sie nicht unberechtigten Anschuldigungen ausgesetzt werden", meinte der Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder, Jürgen Schubert, der als Sachverständiger das CSU-geführte Bundesinnenministerium vertrat.

Bedenken wie die von Schubert hat Glietsch als Polizeipräsident zigtausendmal gehört. "Dabei handelt es sich um emotionale Vorbehalte, die nicht auf Tatsachen gestützt sind", sagte Glietsch am Montag. Er verwies darauf, dass der Berliner Datenschutzbeauftragte keinerlei Einwände gegen die Regelung erhoben habe. Dass er, Glietsch, ein Gutachten in Auftrag gegeben habe.

Das Ergebnis: Polizeiübergriffe sind bei einer individuellen Kennzeichnung leichter aufzuklären. Aber das alles sei für ihn nicht ausschlaggebend gewesen, Berlins Polizisten zur Kennzeichnung zu verpflichten, erklärte Glietsch. Er halte das Tragen von Namenschilder an der Dienstkleidung vielmehr "für eine selbstverständliche Geste der Service- und Kundenorientierung". Von einer modernen und bürgernahen Polizei "kann das erwartet werden".

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17 Kommentare

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  • I
    ilmtalkelly

    @ petra

     

    Weil die Polizei das sogenannte Gewaltmonopol inne hat.Beim Einsatz der Bundespolizei träte auch noch der Tatbestand der Vermummung der Beamten ein, würde man Ihrer Forderung nach Waffengleichheit nachkommen.

  • H
    Horst

    So viele Rechte Kommentare hier?

     

    Bürger sollen also Namensschilder bei Demos tragen, damit gleiche Rechte gelten???????

     

    Also: Ich selbst bin hier in BY häufig Opfer der sog. Schleierfahndung. (Die gibts in Berlin so nicht) Bei der Schleierfahndung kommt ein Polizt auf Dich mich und es entsteht folgender Dialog:

    Polizist: "Ausweis bitte, außerdem werden Sie jetzt durchsucht."

    Ich: "Warum? Haben Sie irgendeinen Verdacht?"

    P: "Nein, schleierfahndung. Sie können froh sein, wenn wir bei Ihnen keine Körperhöhlenuntersuchung machen."

    Ich: "war das jetzt die Androhung von sexuellem Missbrauch? Darf ich bitte Ihren Namen und Ihre Dienststelle wissen"

    Polizist: "Halt den Mund du Depp und zeig mir Deinen Ausweis. Wir können auch Zwangsmittel anwenden."

     

    Jaja, so ist das am Münchner Hauptbahnhof

  • A
    aurorua

    Diese vermummten Steinewerfer sind immer sehr uniform gekleidet, bis hin zum Schuhwerk, von wem diese "Dienstkleidung" wohl finanziert wird.

  • HD
    Hans Dampf

    @ yberg

    Tut mir wirklich leid, aber da liegen Sie falsch... 14 Jahre Linkspartei-Wähler und ND-Abo... bis zur letzten Abgeordnetenhauswahl - seitdem nich mehr

     

    Aber geben Sie die Hoffnung nicht auf, vielleicht finden Sie ja einen Bullen in Ihrem Hahnenstall....

  • HD
    Hans Dampf

    @ Björn La.

    Ich finde Ihr Argument überaus sinnvoll und von unwahrscheinlich hohem Gewicht... ich sollte meine Meinung wohl ändern....

  • P
    petra

    @ Martin: ..."Wer nichts unrechtes getan hat, braucht vor der Kennzeichnung keine Angst haben..."

    Also warum müssen sich dann nicht gleich alle Bürger Kennzeichnen lassen. Das würde doch allen erleichtern Straftäter und Rüpel zu identifizieren. Warum nur die Polizisten. Also wer zur Demo geht, auf Beutezug geht oder vor die Haustür geht muss ein Namensschild auf der Brust tragen. Gleiches Recht und gleiche Pflicht für alle.

  • BL
    Björn La

    Hallo Martin. Die vermummten Steinewerfer tragen ihren Namen auch nicht offen. Und die sollten bestraft werden.

  • K
    Klaus

    @ Martin

    Die überwiegende Anzahl der 21.000 Berliner Polizisten lehnt eine Kennzeichnung ab. Wollen Sie etwa behaupten, dass das alles Verbrecher in Uniform sind?

     

    Im Übrigen sind Sie selbst ein Musterbeispiel für Doppelmoral, da Sie selbst mit einem Synonym auftreten und noch nicht einmal bereit sind, in einer Demokratie für Ihre berechtigte Meinungsäußerung mit Ihrem eigenen tatsächlichen Namen dafür einzustehen.

  • Y
    yberg

    hans ,in meinen hasenstall paßt keen schutzmann....

  • BL
    Björn La.

    Ja und das der feine Herr Hans Dampf mal wieder den Hals nicht voll bekommen kann ist hier mal wieder mehr als bezeichnend.

  • R
    RedHead

    Ich habe noch keinen Polizisten mit so einer Kennzeichnung gesehen. Es mag ja die Regelung geben, aber die Polizei hält sich nicht dran. Soll ich jetzt etwa zur Polizei gehen und Anzeige gegen mir unbekannte Polizisten wegen so etwas erstellen?

    Die Maßnahme würde ich ja im Prinzip befürworten, wenn es nicht nur bei der Behauptung bleiben würde.

  • N
    noname

    Polizisten dürfen nicht "unberechtigten Anschuldigungen ausgesetzt werden", meinte der Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder.

     

    Wieso nicht? Alle anderen doch auch. Und nachdem ich neulich wieder für's Rumstehen vor dem Reichstag eine Ladung Spray in den Rachen geschossen bekommen habe (stehend, ruhig, nichtstuend) vermißte ich die Nummern an den Uniformen. Ich habe keine Ahnung wer das war, keinen Anhaltspunkt wer mich da beschossen hat. Genauso bei dem Beamten der mir (in einer Blockadesituation aus der ich nicht ausweichen konnte, ich stand, hinter mir hunderte Sitzende Demonstranten, vor mir 20 schubsende Einsatzkräfte) auf mein rufen "hier kann ich nicht weg, da liegen schon drei Schichten Menschen auf dem Boden" mit seiner Faust auf meiner Gesichtshöhe bedeutete, dass er mir gleich eine langt...)

     

    Es geht darum, dass sich Polizeikräfte auch anders verhalten wenn Sie nicht mehr von Anonymität und Korpsgeist geschützt werden.

     

    Immerhin hat ein anderer Beamter seine Menschlichkeit gezeigt und mir (obwohl die ganze Hundertschaft nur 1 /2 Spülflaschen hatte) das gesamte Spülwasser gegeben und mir geholfen, dass ich wieder atmen und sehen konnte...

  • S
    Silvia

    ....und um den zweifel auszuräumen ich hätte den gedanken nicht zu ende gedacht:

    selbstverständlich würde ich mich zur direktwahl fürs bundeskanzleramt zur verfügung stellen um es abzuschaffen-was denn sonst?um ehrlich zu sein,wäre das wohl der abgefahrenste witz meines lebens denn:ich täte es mit maske-die weisse da...weisse?

  • M
    Martin

    Wer nichts unrechtes getan hat, braucht vor der Kennzeichnung keine Angst haben. Nur Verbrecher in Uniform haben einen Grund ihren Namen zu verscheigen.

  • HD
    Hans Dampf

    Nur dass der feine Herr Glietsch mal wieder verkennt, dass die Polizei Dienstleistungen erbringt, die der "Kunde" nicht haben will.

     

    Auch will mir nicht in den Kopf, dass ein Schwerststraftäter vom Räuber bis hin zum Vergewaltiger als "Kunde der Polizei" bezeichnet wird.

     

    Und da bislang noch keine Namensschilder getragen wurden, können auch keine Tatsachen vorliegen, die eine sich daraus ergebende Gefährdung belegen.

    Aber ist bezeichnend, dass der feine Herr Glietsch die Berliner Polizisten als Versuchskanninchen verwendet, wo er als Pensionär für etwaige Fehlentwicklungen keine Verantwortung mehr übernehmen muss.

  • S
    Silvia

    "..."für eine selbstverständliche Geste der Service- und Kundenorientierung". Von einer modernen und bürgernahen Polizei "kann das erwartet werden". ..."

     

    hahahahahaha geil!!geil!!!!SUPER!!!Der Mann sacht genau wie et isss!!!!hahahahaha astrein!!!!!!!!

     

    Abba selbstverständlich sind wir innerhalb der BRD-GmbH alle nur Kunden und auf den "Service" angewiesen....DESHALB ist camp Frankfurt für mich ja auch das spannendste von allen:Wäre ich dort stünde mein Zelt direkt vor der BRD-Finanz-GmbH wo denn sonst?hahahahahaha SUUUUPER!!! Fakt aber ist:Wir sind seit mehr oder weniger "normalen" 60 Jahren vom schlausten Buch der Welt geprägt:Dem Grundgesetz und ich schwör darauf.Und die einzige Hebelwirkung,die ich sehe ist:In dem Moment der Transformation der unbegriffenen Mächte,greift dieses Bewußtsein ein-da können sich die Pappnasen auffn Kopp stellen und deshalb habe ich auch keine Angst vor diesem ganzen Unfug um uns herum-wir haben nämlich den echten Demokratisierungsprozeß mit der Titte eingesaugt,ob bewußt oder unbewußt-DIESESMAL gewinnt der MENSCH-wetten?

  • K
    Korrektur

    Bürgernah? Das Wort heißt parteinah. Parteikommisar in Pension unterstützt die Mörder, Folterer und Unterdrücker der in "Linkspartei" umbenannten und um Westkollaborateure verstärkten Diktatoren der SED.