Tourismus in Tunesien: Alkohol und Bikinis bleiben erlaubt
Die islamische Partei Ennahda trifft sich mit Mitarbeitern der Tourismusbranche. Diese sind verunsichert und sorgen sich um das Bild Tunesiens in Europa.
TUNIS taz | "Alkoholische Getränke und das Tragen von Badeanzügen sind individuelle Freiheiten, die sowohl Ausländern als auch Tunesiern garantiert sind." Dies stellte Hamadi Dschebali, Generalsekretär der islamischen Partei Ennadha (und voraussichtlich zukünftiger Premierminister), vergangene Woche klar.
Er begegnete damit der weit verbreiteten Angst vor einer konservativ-islamischen Ausrichtung Tunesiens, nachdem die islamische Partei mit 40 Prozent die Mehrheit in der verfassunggebenden Versammlung errungen hat. Der Tourismus sei ein vitaler wirtschaftlicher Sektor Tunesiens. Diesen wolle auch Ennahda nicht lähmen.
Verunsicherungen und Ängste überlagerten das Treffen in Tunis, auf dem es um einen Austausch zwischen Ennahda und den Mitarbeitern des tunesischen Tourismussektors ging.
Die Inhaberin einer tunesischen Reiseagentur brachte die vorherrschenden Sorgen auf den Punkt: "Nach dem Wahlsieg von Ennahda ist das Bild Tunesiens in Gefahr. In Europa beobachtet man genau, was in Tunesien passiert. Dass an den Universitäten Frauen wegen ihrer Kleidung angegriffen werden. Dazu muss Ennahda Position beziehen und handeln." Sie erhielt anhaltenden Beifall für dieses Plädoyer.
Schreckensbild in Europa
Ein tunesisch-französischer Reiseveranstalter unterstrich das Schreckensbild in Europa: "lslamisten gleich Extremisten. Es bestehen Ängste, was die Sicherheitslage und die Freiheiten betreffen. Eine Reihe von Kunden hat ihre Reservierung über Silvester rückgängig gemacht." Auch ein Projekt der Mariott-Hotelkette in Tunesien wurde auf Eis gelegt. Begründung: die Unsicherheiten der Revolution und der Wahlerfolg von Ennahda.
Der Vorsitzende des Tunesischen Hotelgewerbe-Verbandes Belazouz führte eine Reihe von Maßnahmen an, die getroffen werden müssten, um den Tourismus wieder in Schwung zu bringen: Die ausländischen Reiseveranstalter müssten neues Vertrauen gewinnen; sie müssten ohne Einschränkung und Zwänge arbeiten können; das touristische Produkt müsse internationalen Normen entsprechen.
Verschiedene Vorschläge zielten auf eine Diversifizierung des touristischen Angebots und Förderung des Kulturtourismus, beispielsweise die Restaurierung christlicher und jüdischer Bauwerke, um einen "religiösen Tourismus" anzubieten. Thematisiert wurde auch die Verbesserung des soziales Klimas und der Arbeitsverhältnisse.
Der Generalsekretär der Ennadha, Dschebali, gab sich bei dem Treffen ganz als Mann der Revolution. Er regte die Schaffung eines Revolutionswegs an, der von Sidi Bouzid ausgehend - dort im Landesinnern begann der Widerstand gegen den Diktator - den Etappen der Revolution vom 14. Januar bis Tunis folgen könne.
Leser*innenkommentare
Säkular-Tunis
Gast
Wer einen islamischen Staat haben will und Tunesier ist sollte ein VISA für Saudi-Arabien beantragen,in unserem Land haben Fanatiker nichts zu suchen wir leben von der Toleranz und das schon vor Islam und Christentum!
Tourismus ist nicht alles
Gast
Ich finde es traurig, wenn es hier nur um den Tourismus geht. Touristen, die in keiner Weise bereit sind, sich den Gepflogenheiten eines anderen Landes anzupassen, sollen doch besser nach Tropical Islands fahren. Wir wollen hier doch auhc keine Bier-Flatrate-Touristen.
Eine ganz andere Frage ist, daß natürlich die Tunesierinnen und Tunesier unter sich aushandlen müssen, wie sie leben möchten, und da sollte ein Weg der Vielfalt gefunden werden, wo weder die einen noch die anderen verurteilt werden.
Mohammad
Gast
Nö.
Durchgeknallte Fanatiker, die gern mal ein bis zwei fanatische Augen zukneifen wenn es denn dem Umsatz hilft?
Was für eine verlogene Bande. Da fliege ich doch lieber nach Kuba.
jenny
Gast
Der tunesische Tourismus wird weiter zurückgehen
weil ein Grossteil der Hotels ehemaligen Partei-
genossen u. Mitarbeitern des Tourismusministeriums
gehören; dieser Personenkreis hat schon die letzten Jahre kaum mehr in die Altanlagen aus den 60ger,70ger
u. 80ger Jahren investiert u. wird in der momentanen
Unsicherheit einen Teufel tuen einen Dinar zu in-
vestieren wo doch die Gefahr der Enteignung auf der
Tagesordnung steht.
Die internationalen hotelketten investieren auch lieber in der Karibik oder am roten Meer als im
Wüstenstaat Tunesien, welches schon vor der Revolution ein schlechtes Image hatte.
So wird wohl über Billigangebote versucht verden die
Betten zu füllen; aber auch da gibt es mittlerweile
grosse Preiskonkurrenz mit anderen Zielen.
Es bleibt höchst fraglich ob mit punktuellem "Kultur
tourismus" die Betten der Massenherbergen gefüllt werden können.
Tunesien hat auf sicht keine guten Perspektiven -
schade eigentlich aber kaum zu ändern.
Hansi
Gast
"...das Tragen von Badeanzügen sind individuelle Freiheiten".
Ein Glück, daß es mir freisteht, einen Badeanzug zu tragen, ich hasse das nämlich! Baden tue ich so, wie Allah mich geschaffen hat, ohne Badekleidung.