Derby in Niedersachsen: Die Wucht der Wölfe

Nach einem 4:1 gegen Hannover 96 wähnt sich Fußball-Bundesligist VfL Wolfsburg auf dem Wege der Besserung. Für den Konterfußball des Meisterjahres scheint der Kader jedoch ungeeignet.

Hat nichts zu verbergen, sondern was zu verschenken: Doppeltorschütze Hasan Salihamidzic. : dpa

WOLFSBURG taz | Das 4:1 über Hannover 96 hat gezeigt, dass ein Umbruch eben Zeit braucht, aber nun beim VfL Wolfsburg eine Mannschaft zusammenwächst und eine Formation gefunden ist, auf die man bauen und die in der Tabelle in die vorgesehene Gegend klettern kann. Sagt Felix Magath. Ist ja klar, dass der Trainer, Manager und Geschäftsführer der VfL Fußball GmbH nach den Frühverrissen der letzten Wochen die Deutungshoheit nun in die positive Richtung schieben will.

Es ist schon interessant, dass Wolfsburgs Saison bisher weitgehend als desaströs galt, die von Hannover aber als Beleg dafür, dass da ein Team zusammengewachsen ist und ein Klub sich entwickelt, der europäischen Ansprüchen genügt. Jetzt liegen die beiden Klubs grade mal drei Punkte auseinander.

Richtig bleibt, dass Hannover in den letzten beiden Jahren im Vergleich mit der VW-Tochter nur einen Bruchteil investieren konnte und Mirko Slomka dennoch ein Team und einen Fußballstil entwickelt hat. Dieses Team zeigte allerdings in der VW-Arena wenig von dem, was es stark machen kann. Zum einen ließ sich 96 früh und nachhaltig von der Wucht der Wölfe beeindrucken, zum anderen landete der nicht grade als Taktikfuchs gefürchtete Magath einen echten Coup mit einem überraschenden 4-3-3-System. "Die neue Ordnung des VfL hat uns Probleme bereitet", sagte Slomka unumwunden. Das sei "ein cleverer Schachzug" gewesen.

Magath hatte Kapitän Träsch nach rechts hinten beordert und mit Hasebe, Josué und Salihamidzic eine Dreierkette vor die Abwehr gestellt, die dem VfL Stabilität und Ordnung gab, Hannovers Spielaufbau unterband - und das eigene Spiel durch Nicht-Spielaufbau dynamisierte. Das heißt: Magath ließ den VfL hannoveresk spielen und suchte das Mittelfeld mit schnellen, langen, vertikalen Bällen zu überbrücken. Dass sich dann Hasan Salihamidzic auf seine alten Tage als Doppeltorschütze (22., 36.) hervortat, war nicht geplant und ist auch in künftige Szenarien nicht einplanbar, wie Magath einräumte. Salihamidzic selbst wirkte hinterher sehr glücklich. Sein letzter Doppelpack sei "schon zehn Jahre her", sagte er.

Wie alle Profis nach einem überzeugenden Sieg hoffen auch die Wolfsburger nun, dass sie den Anfang der Wende zum Guten hingekriegt haben, aber darauf festlegen wollte sich der weit gereiste Salihamidzic nicht. Wenn etwas Konstanz andeutete, dann am ehesten die neue Innenverteidigung. Zwar wurde sie von 96 nicht wirklich gefordert, aber Chris Stellungsspiel und Madlungs konzentrierte Resolutheit waren nicht zu übersehen. Dann machten beide auch noch ihr erstes Saisontor: Chris per Kopf nach einem Fehler von Schulz (55.), Madlung mit einem spektakulären Hochgeschwindigkeitsfreistoß aus 18 Metern, bei dem der Jung-Nationalspieler Zieler kaum die Hände hochbrachte (74.). Christian Schulz hatte kurz vor der Halbzeit per Kopf das zwischenzeitliche 1:2 erzielt (43.).

96-Trainer Slomka haderte mit einigen Schiedsrichter-Entscheidungen, speziell dem Platzverweis von Ya Konan (58.), der einen ruhenden Ball mit der Hand auf den Kopf von Hasebe warf - inklusive einmal aufspringen. Slomka glaubt, dass Ya Konan nicht die handballerischen Fähigkeiten hat, um das absichtlich hinzukriegen. Daher: "Fehlentscheidung, keine Absicht, ich erwarte einen Freispruch."

Ob nun beim VfL Wolfsburg wirklich etwas zusammenwächst, wie Magath mit gewohnt leiser Stimme sagte? Man kann es nicht sagen. Es bleibt dabei, dass dieser Trainer Spieler nicht langsam aufbaut, sondern allenfalls schnell abbaut, wie Kyrgiakos, Polak und der zur zweiten Mannschaft strafversetzte Helmes gerade erfahren müssen. Es muss sich weisen, ob man mit für Spielaufbau weitgehend ungeeigneten Innenverteidigern und defensiven Mittelfeldspielern tatsächlich jenen Konterfußball des Meisterjahres wiederbeleben kann, der das Defizit dauerhaft in einen strategischen Vorteil verwandelt. Und der von Barça ausgeliehene Aliaksandr Hleb müsste schon deutlich zulegen, um die unbesetzte Kreativposition einzunehmen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.