Museum Rieck Haus am Limit: Ein Kleinod, eisig kalt
Ohne das Engagement der Betreiber wäre das Rieck Haus längst dicht. Ob dies mit der geplanten Anbindung an den Bezirk Bergedorf besser wird, steht dahin.
Eigentlich ist es ein Kleinod, aber im Winter ist es mächtig kalt: Null Grad herrschen in diesen Tagen in der "Guten Stube" des Rieck Hauses in den Vierlanden, und da friert auch das Personal. Das lebt - abgesehen vom Handy und dem kleinen Ofen - wie die Leute vor 500 Jahren.
So alt nämlich - von 1533 - ist das nach dem einstigen Besitzer benannte, letzte erhaltene Hufnerhaus in den idyllischen Vierlanden. Ein Holztisch mit Kugelfüßen, damit die Mäuse nicht raufkönnen, steht in dem düsteren Raum; der Ofen mit den holländischen Kacheln ist kalt. Hinter der Bank sind zwei Alkoven, in denen die Bauersfamilie sitzend schlief. Denn liegen sollten, fand man, nur die Toten.
Mit freundlichem Lächeln erzählt Christa Eggers diese Dinge. Sie und eine Mitarbeiterin führen ganzjährig Besucher durch das Haus, in dem einst 30 Menschen und noch mehr Tiere unter einem Dach wohnten. Ehemann Wolfgang Eggers sagt, dass man das Haus schon seit 42 Jahren privat betreibe und im übrigen alle Reparatur- und Gartenarbeiten selbst erledige.
"Mein Urgroßvater hat hier noch gelebt, bis er es 1954 ans Altonaer Museum verkaufte", sagt Eggers. Der denkmalgeschützte Hof ist sein Ein und Alles: "Wir haben immer darauf hingearbeitet, dass er erhalten bleibt", sagt er etwas verbittert. "Und dann wollten die das hier einfach zumachen."
Die - das ist Hamburgs Senat, der immer wieder an den Museen sparen will. Noch im September 2010 hat Ex-Kultursenator Reinhard Stuth (CDU) versucht, auch das Rieck-Haus zu schließen, um die Stiftung Historische Museen zu sanieren. Inzwischen ist das vom Tisch, aber Unsicherheiten bleiben: Erst kürzlich hat die Bürgerschaft beschlossen, ein Konzept für die Angliederung des Bergedorfer Schlosses und des Rieck Hauses an den Bezirk Bergedorf vorzubereiten.
Wolfgang Eggers wäre es recht: "Die Amtswege wären kürze, und es wäre leichter, Geld zu bekommen, wenn hier mal ein Rasenmäher kaputtgeht", sagt er. Den finanziert er bislang ebenso privat wie seine Arbeit hier.
Die Museumsstiftung existiert seit 2008 und vereint das Altonaer Museum, das Museum für Hamburgische Geschichte, das Museum der Arbeit und das Helms-Museum samt deren Außenstellen wie Bergedorfer Schloss und Rieck-Haus.
Zweck waren Synergien durch gemeinsame Verwaltungs-, Marketing- und Restaurationsressorts.
Zweifel kamen Kultursenator Reinhard Stuth (CDU) Ende 2010. Er wollte das Altonaer Museum und alle Außenstellen schließen. Nach Protesten nahm er es zurück.
Festhalten an der Stiftung wollte Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos). Das sagte sie am 20. 9. 2011 im Kulturausschuss.
Die Herauslösung von Helms-Museum, Bergedorfer Schloss und Rieck-Haus beantragte die SPD zwei Tage später.
Die Verselbstständigung des Helms-Museums beschloss die Bürgerschaft im November. Zudem soll ein Konzept für die Übergabe des Bergedorfer Schlosses und des Rieck-Hauses an den Bezirk Bergedorf erstellt werden.
"Denn mit unseren offiziellen 1,5 Stellen ist das nicht zu schaffen." Bislang habe man das immer stillschweigend getan, aber jetzt hat er es mal ausrechnen lassen: "28.000 Euro spart die Stadt jährlich, weil wir die Gärten selbst pflegen - und kein professioneller Landschaftsgärtner."
Hamburgs Politiker wissen davon wenig und würdigen es noch weniger. Sie finden, das Rieck Haus könne froh sein, wenn es seinen bisherigen Anteil von 120.000 Euro in die Selbstständigkeit mitnehmen könne. "Ohne dieses Geld ist diese Außenstelle nicht lebensfähig", sagt Torkild Hinrichsen, Chef des Altonaer Museums, der das Rieck-Haus betreut. "Ich gehe davon aus, dass sie es bekommt."
Das ist nicht sicher: zumindest Lisa Kosok, Chefin des Museums für Hamburgische Geschichte, hat schon Protest angekündigt. Auch was aus den bislang von der Gesamtstiftung erledigten "Synergie-Aufgaben" wird, weiß niemand.
Das Bezirksamt Bergedorf jedenfalls, sagt Leiter Arne Dornquast, könne das nicht bezahlen. Auch nicht der Freundeskreis, den Wolfgang Eggert kürzlich gründete. Er zählt zwar schon 80 Mitglieder und hat 2011 erstmals das Erdbeerfest finanziert, die Hauptattraktion des Rieck-Hauses. Aber er weiß, dass das nicht reicht. Die Gegend brauche Impulse, sagt Fruchtbauer Eggers. "Gartenbau und Landwirtschaft bringen nicht mehr genug ein."
Man müsse daher in den Tourismus investieren - und er wisse auch schon wie: Eine Landkarte aller Attraktionen - vom Bergedorfer Schloss über das Zollenspieker Fährhaus, die Sternwarte, die KZ-Gedenkstätte Neuengamme und das Rieck Haus müsse her. "Damit wir die Hamburger mal so richtig verleiten, die Vierlande zu erkunden."
In diese Richtung denkt auch die SPD, die die Angliederung des Museums an den Bezirk Bergedorf forciert. Nur hat deren Konzept einen etwas gediegeneren Namen: "Museumslandschaft Hamburg-Ost".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!