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WohnungsbauWo der Hammer hängt

Die Finanzbehörde soll Grundstücke eigentlich an den vergeben, der das beste Konzept hat. Bisher ist sie dieser Vorschrift aber nur unvollständig nachgekommen.

Höchstgebotsverfahren oder nicht? Die Linke sagt so, die Finanzbehörde so. Bild: dpa

Die Finanzbehörde ist den von Schwarz-Grün festgelegten Vergaberegeln für städtische Grundstücke nur eingeschränkt gefolgt. Wie Kleine Anfragen der Fraktionen der Linken und der GAL ergaben, hat die Behörde zwar nur in der Minderzahl der Fälle allein aufs Geld geschaut. Die vorgegebenen Qualifizierungskriterien wurden aber oft nicht eingehalten.

Das Höchstgebotsverfahren habe es "im vergangenen Jahrzehnt gemeinwirtschaftlichen und genossenschaftlichen Bauträgern massiv erschwert, günstiges Bauland für den Bau preiswerter Mietwohnungen zu erwerben", kritisiert Heike Sudmann von der Linken in der Bürgerschaft. Um das zu ändern, hatte der schwarz-grüne Senat im Mai 2009 festgelegt, dass Grundstücke in der Regel nicht mehr im Höchstgebotsverfahren verkauft werden sollten. Stattdessen sollte das Konzept der Käufer bei der Entscheidungsfindung mit 70 Prozent gewichtet werden.

Die Gegenüberstellung von Vergaben im Höchstgebotsverfahren und im Konzeptverfahren, die für die Linke erstellt wurde, erweckt den Eindruck, es hätte sich einiges bewegt: 2009 wurde ein Grundstück im Höchstgebotsverfahren und sechs wurden im Konzeptverfahren vergeben; 2010 lag das Verhältnis bei zwei zu 13, 2011 bei fünf zu 14. Wie stark die Konzepte der Käufer dabei durchschlugen, ist allerdings ungewiss.

Jedenfalls wurde die "30 Prozent Preis/70 Prozent Konzept"-Regel des Wohnungsbauentwicklungsplans nur bei sechs Vergaben eingehalten, wie der Senat auf eine konkrete Nachfrage der GAL mitteilte. Und bei der Konzeptbeurteilung wiederum spielten vielerlei Kriterien wie "energetisches Konzept", "Belastbarkeit des Finanzierungskonzepts", "Denkmalschutz" und "Wohnungsgrundrisse" eine Rolle - nur einmal aber der "Anteil an öffentlichem Mietwohnungsbau".

Das sei besonders ärgerlich, weil "innerhalb des Konzepts die Entstehung von bezahlbarem Wohnraum das entscheidende Kriterium ist", wie der Bürgerschaftsabgeordnete Andy Grote von der SPD sagt. Sein Kollege Olaf Duge von der GAL sieht das ähnlich. Beide bewerten die Bilanz des Umsteuerns als enttäuschend. Die 70-30-Regel sei nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen der Bezirksversammlungen eingeführt worden, die über Bauvorhaben vor Ort zu entscheiden haben. "Wir sahen immer nur die Euro-Stücke in den Augen der Investoren", erinnert sich der Wandsbeker Ex-Bezirksfraktionschef Duge.

Anscheinend sei die Finanzbehörde nonchalant mit den Vorgaben umgegangen, stellt Grote fest. Das könne so nicht bleiben, auch wenn es Fälle gebe, in denen die Konzeptvergabe nicht anwendbar sei. Mit Bezug auf die 70-30-Regel und den sozialen Wohnungsbau sagt er: "Das ist eine Beschlusslage der Bürgerschaft und ich erwarte, dass das Immobilienmanagement sich daran hält."

Die Finanzbehörde gibt sich verwundert: "Konzeptausschreibungen waren auch in der Vergangenheit immer schon die Regel", sagt ihr Sprecher Daniel Stricker. Wohnbauflächen würden eigentlich nie zu Höchstpreisen verkauft.

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1 Kommentar

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  • H
    Hans

    Wer durch den wenig spektakulären Stadtteil Barmbek streif, trifft auch zig Neubauten - nur ein Bruchteil davon von Genossenschaften. Die Masse ist für Käufer oder Investoren. Und wenn die Stadt es anders haben will, könnte sie auch. Sie kann im Wohnungs- und Eigentumsbereich sich Ziele setzen und die auch durchsetzen. Aber die wollen nicht - Grote, Linke und GAL hin oder her (wie sieht es eigentlich mit Investoren in Grotes Heimatbezirk St. Pauli aus?).