piwik no script img

Portrait Beobachter der Arabischen LigaEin Sudanese in Syrien

Generaloberst al-Dabi, Leiter der Beobachtermission in Syrien, läuft seit einer Woche durch verwüstete syrische Städte voller Leichen und lässt wissen, ihm sei nichts aufgefallen.

Ihm will nichts auffallen: Generaloberst al-Dabi, Leiter der Beobachtermission der Arabischen Liga in Syrien. Bild: dpa

BERLIN taz | Wer Menschenrechtsverletzungen beurteilen will, sollte sich damit auskennen. Nach diesem Prinzip verfuhr wohl die Arabische Liga, als sie Generaloberst Mohammed Ahmad Mustafa al-Dabi zum Leiter ihrer Beobachtermission in Syrien ernannte. Der Sudanese läuft seit einer Woche durch verwüstete syrische Städte voller Leichen und lässt wissen, ihm sei nichts Besonderes aufgefallen.

Kein Wunder: Al-Dabi ist einer der engsten Vertrauten von Sudans Präsident Omar Hassan al-Bashir, der vom Internationalen Strafgerichtshof mit Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen in Darfur gesucht wird. An diesen Kriegsverbrechen, sagen sudanesische Regimegegner, trägt al-Dabi eine Mitverantwortung.

Der heute 63-Jährige aus der nordsudanesischen Stadt Berber, seit 1969 Soldat, wurde nach Bashirs Militärputsch am 30. Juni 1986 Chef des Militärgeheimdienstes. 1995-96 leitete er Sudans Auslandsgeheimdienst, zu einer Zeit als Osama Bin Laden noch in Khartum lebte. 1996-99 leitete al-Dabi Sudans Militäroperationen gegen Aufständische im Südsudan, der heute unabhängig ist.

Im Februar 1999 verlegte Bashir ihn als seinen persönlichen Vertreter nach Darfur, in die Provinzhauptstadt El-Geneina, als dort die ersten Spannungen zwischen Arabern und anderen Ethnien auftraten.

Al-Dabi gibt sich als Mann des Friedens

Al-Dabi selbst berichtete, er habe in El-Geneina Frieden hergestellt; seine Gegner sagen, er habe damals den Kern der arabischen Janjaweed-Milizen aufgebaut, die später hunderttausende Menschen in Darfur aus ihren Dörfern vertrieben.

Als ab 2005 die Weltgemeinschaft von Völkermord in Darfur sprach, machte Bashir al-Dabi zum Koordinator der nationalen sudanesischen Kampagne gegen den Internationalen Strafgerichtshof. 2007 kehrte er als Sicherheitskommissar nach Darfur zurück, bevor er ins Außenministerium wechselte, was ihm nun die Berufung nach Syrien brachte.

Andererseits ist al-Dabi ein erfahrener Diplomat. Er hielt die Friedenstruppen der UNO und der AU bei Laune, als der Krieg in Darfur ähnliches internationales Entsetzen hervorrief wie heute das Schlachten in Syrien, und sorgte dafür, dass sie nichts zu sehen bekamen. Das könnte ihn jetzt dazu verleiten, in Syrien beide Augen zuzudrücken. Er könnte es aber auch durchschauen, wenn das Regime ihn an der Nase herumführt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!