Kommentar österreichischer Haushalt: Der eigenen Klientel verpflichtet

Die Regierungsparteien blockieren sich bei der Haushaltssanierung gegenseitig. Denn ihnen ist der Schutz der eigenen Klientel weitaus wichtiger als das Sparen.

Das "Triple A" der Ratingagenturen gab bisher, ähnlich wie die Alpengipfel und die Kompositionen Wolfgang Amadeus Mozarts, immer wieder Anlass zum Nationalstolz. Entsprechend beleidigt reagierte die Bundesregierung auf die Herabstufung durch Standard & Poors, die als die strengste der drei großen Agenturen gilt. Deswegen wurde auch der Ruf nach einer "unabhängigen" europäischen Agentur neuerlich laut. Allerdings hat sich Österreich dem Verdikt der Rater selber ausgeliefert und zahlt auch noch dafür.

Wenn man die Spielregeln der internationalen Finanzmärkte akzeptiert, dann hätte viel früher auf Krisensymptome reagiert werden müssen. Die hektischen Bemühungen der Regierung, eine Schuldenbremse in die Verfassung zu schreiben (vor fünf Jahren noch als spaßiger Einfall abgetan, als die Anregung vom damaligen Kanzler Alfred Gusenbauer, SPÖ, kam), entbehrten der notwendigen Ernsthaftigkeit.

Denn gleichzeitig wurden neue Schulden für den kommenden Haushalt beschlossen. Um sich die Topbewertung zurückzuverdienen, muss Österreich den Haushalt nachhaltig sanieren. Das ist zwar unbestritten, doch blockieren sich die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP gegenseitig, denn jeder der Parteien ist der Schutz der eigenen Klientel weitaus wichtiger als das Sparen.

Wo Geld zu holen wäre, hat der Rechnungshof ungezählte Male vorgerechnet. An Ideen fehlt es also nicht. Im Gesundheitsbereich wären ohne Qualitätsverlust Milliarden einzusparen, wenn die Bundesländer mehr miteinander kooperierten, statt auf eigenen Prestigebauten zu beharren. Auch das in Österreich besonders ausgeprägte Subventionswesen wird bereits durchforstet.

Die Koalitionspartner verhandeln ihre Sparpläne seit Jahresbeginn unter nie da gewesener Geheimhaltung. Der Rüffel aus den USA müsste sie eigentlich freuen, denn er dient ihnen als Argument, auch unpopuläre Maßnahmen durchzudrücken.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.