Neue Proteste, neue Opfer: EU verschärft Sanktionen gegen Syrien
Gewalt gegen Demonstranten begleitetet das syrische Verfassungsreferendum am Sonntag. Der Westen reagiert mit Strafmaßnahmen, glaubt aber nicht an deren Wirksamkeit.
DAMASKUS/BRÜSSEL dpa/dapd | Die 27 EU-Außenminister haben ein Bündel neuer Sanktionen gegen das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad beschlossen. Parallel dazu diskutieren die EU-Staaten, ob sie sich eines Tages möglicherweise an einer Friedenstruppe für Syrien beteiligen werden.
Doch dafür müsste es nach Ansicht des niederländischen Außenministers Uri Rosenthal erst einmal Frieden geben. "Wir tun unser Möglichstes, um zu prüfen, ob wir zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Friedenstruppe nach Syrien schicken können", sagte Rosenthal am Montag in Brüssel zu Beginn von Gesprächen der EU-Außenminister über die Lage in Syrien. "Aber Friedenserhaltung bedeutet zunächst einmal, dass es Frieden gibt", fügte er hinzu. "Die erste Priorität ist also, dass die Gewalt aufhört und dass Präsident Baschar al-Assad zurücktritt."
Vom Frieden ist man in Syrien jedoch noch weit entfernt. Am Montag starben durch Angriffe der Regierungstruppen nach Angaben von Aktivisten 15 Menschen. Die meisten von ihnen seien bei Artillerie-Attacken auf das schon seit Wochen unter Beschuss stehende Viertel Baba Amro in Homs ums Leben gekommen, hieß es. Neue Zusammenstöße zwischen protestierenden Studenten und der Ordnungspolizei habe es in der Universität von Aleppo gegeben.
Die EU-Staaten einigten sich nach Angaben von Diplomaten auf ein Bündel von Maßnahmen, mit denen sie gegen Assads Verfolgung der Opposition protestieren und den Präsidenten international isolieren wollen. Das gesamte Vermögen der syrischen Nationalbank in der EU wurde eingefroren.
Sanktionsmaßnahmen reichen nicht aus
Sieben Minister der syrischen Regierung erhielten Einreiseverbote. Frachtflüge von und nach Syrien sind künftig verboten, Passagierflüge bleiben aber erlaubt. Außerdem wurde der Handel mit Gold, Edelsteinen und Edelmetallen verboten.
"Wir müssen beinhart drauf bleiben", sagte der österreichische Chefdiplomat Michael Spindelegger. Dass die neuen Strafmaßnahmen die Gewalt beenden, glaubt die EU indes nicht. "Sie reichen nicht aus", räumte Schwedens Außenminister Carl Bildt bei den Beratungen in Brüssel ein.
Wichtig sei die Kombination aus schärferem Druck auf Assad und Hilfe für die Bevölkerung. "Wir müssen alles tun, um einen Bürgerkrieg zu verhindern." Hoffnung setzen die Europäer in die Ernennung von Ex-UN-Generalsekretär Kofi Annan zum Syrien-Sondergesandten der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga.
Außenminister Guido Westerwelle erklärte: "Nach der gestrigen Farce eines Referendums, das mit Demokratie nichts zu tun hat, ist es richtig und wichtig, dass wir in Europa heute neue und schärfere Sanktionen gegen das Regime in Syrien beschlossen haben."
Positiv äußerte sich die russische Regierung zu der Volksabstimmung. Das Resultat des Referendums sollte nach Angaben der staatlichen Medien noch am Montag verkündet werden. Die wichtigste Neuerung in dem Entwurf für eine neue Verfassung ist das Ende der Monopolstellung für die Baath-Partei von Präsident Baschar al-Assad.
Russland stellte sich auch im UN-Menschenrechtsrat schützend vor das Assad-Regime. Vertreter Moskaus machten nach Angaben aus diplomatischen Kreisen deutlich, dass einer für Dienstag angesetzten Dringlichkeitsdebatte zur Syrien-Krise nur zugestimmt werden könne, wenn klar sei, dass es am Ende keine Verurteilung der Regierung in Damaskus in Form einer Resolution geben werde. Darüber wurde am Montag in Genf hinter den Kulissen der Ratstagung weiter verhandelt.
In der Nacht gab es nach Angaben von Regimegegnern eine Protestaktion in dem Damaszener Viertel Kafr Susa, bei der fünf Syrer und ein palästinensischer Demonstrant erschossen wurden. Aktivisten veröffentlichten zudem Bilder von einer Kundgebung vor einer Kirche am Sonntagnachmittag. Die Teilnehmer protestierten gegen den Beschuss einer Kirche in der Stadt Homs vom Vortag. Sie riefen: "Allah, Mohammed, Jesus und sonst nichts".
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