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Kommentar DrogenhandelMit Markt gegen Mafia

Wolf-Dieter Vogel
Kommentar von Wolf-Dieter Vogel

Auf dem baldigen Drogengipfel könnten die USA ordentlich unter Druck geraten. Denn sogar konservative lateinamerikanische Politiker drängen auf die Entkriminalisierung.

W ird Kokain und Marihuana legal angebaut und gehandelt, braucht es dafür keine korrupten Beamten, keine geheimen Transportwege, keine kriminelle Verkaufsstruktur. Die Preise würden rapide sinken, die Beschaffungskriminalität ginge zurück. Kolumbianische oder mexikanische Bauern könnten für den „freien Markt“ produzieren, wären nicht dem Terror skrupelloser Kartelle ausgesetzt. Es spricht sicherheitspolitisch alles dafür, die Drogen zu entkriminalisieren – weltweit.

Die Eskalation im mexikanischen Drogenkrieg hat deutlich gemacht, dass der Versuch, die Kartelle mit Soldaten zu bekämpfen, gescheitert ist. Das haben selbst rechte Hardliner wie Guatemalas Präsident Molina erkannt; andere lateinamerikanische Politiker setzen sich schon lange für eine Entkriminalisierung ein. Allein die Konsumentenländer machen nicht mit.

Bis heute blockiert Washington jeden Versuch, und konnte auf die Unterstützung US-naher Latino-Regierungen setzen. Doch das hat sich geändert. Auch Molinas konservativer kolumbianische Kollege Santos und andere stellen sich gegen die USA. Wenn also in zwei Wochen die Staatschefs auf ihrem „Amerika-Gipfel“ über die Drogenpolitik sprechen, steht Washington einer breiten Front gegenüber. Die US-Regierung dürfte ernsthaft unter Druck geraten.

Naiv wäre es aber, zu glauben, eine Entkriminalisierung würde Schluss machen mit den Kartellen. Richtig ist: Die Mafia in Lateinamerika ist durch die Illegalisierung der Drogen zu dem geworden, was sie heute ist. Inzwischen ist sie jedoch in vielen Geschäftszweigen tätig: Waffenschmuggel, Entführungen, Schutzgelderpressungen. Wer also die Mafia zerschlagen will, muss gegen korrupte Beamte und Polizisten, vor allem aber gegen die Hintermänner in Politik und legaler Wirtschaft vorgehen.

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Wolf-Dieter Vogel
Korrespondent
Wolf-Dieter Vogel, Jahrgang 1959, ist Print- und Radiojournalist sowie Autor. Er lebt in Oaxaca, Mexiko. Seine Schwerpunkte: Menschenrechte, Migration und Flucht, Organisierte Kriminalität, Rüstungspolitik, soziale Bewegungen. Für die taz ist er als Korrespondent für Mexiko und Mittelamerika zuständig. Er arbeitet im mexikanischen Journalist*innen-Netzwerk Periodistas de a Pie und Mitglied des Korrespondentennetzwerks Weltreporter.
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8 Kommentare

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  • M
    manto

    Die meisten heutzutage illegalen Drogen sind keineswegs gefährlicher als legale Drogen wie Alkohol (von Nikotin ganz zu schweigen: eine reine Suchtdroge, Konsum dient ausschließlich dem Unterdrücken des Turkey - keinerlei Rauschempfinden oder Genusserlebnis, es gibt keine vergleichbar destruktive Droge), so sieht das zumindest das Gros der darauf spezialisierten Wissenschaftler. Das Problem illegale Drogen wird leider völlig falsch wahrgenommen, meiner Meinung aus einem Sichtbarkeitsaspekt heraus: wir sehen kaputte Konsumente legaler Drogen, wir sehen aber auch die Konsumenten deren Konsum man als vernünftig ansehen kann. Bei illegalen Drogen sieht man als Szenefremder aber nur den "unvernüftigen Konsum" (die Heroin- und Crackszene am Bahnhof FFM usw), die riesige Mehrheit derer, die illegale Drogen vernüftig konsumieren und niemals mit Elend- und Abhängigkeit in Berührung kommen wird aber nicht gesehen. Millionen von Deutschen konsumieren regelmäßig illegale Drogen (va Kokain, siehe auch http://www.youtube.com/watch?v=UndQQ4_TrOE) jenseits von Cannabis und auf die allermeisten davon hat der Konsum nie erhebliche negative Auswirkungen. Angesichts des ganzen Elends, das durch die Illegalität der aktuell illegalen Drogen herrührt (niedrige pharmakologische Qualität, Gesetzeskonflikte friedlicher,anständiger Bürger, zt Finanzierung, Verfolgungsaufwand) bin ich eindeutig für Legalisierung aller Drogen. Allerdings dürfen dabei nicht die gleichen Fehler wie bei Alkohol gemacht werden, deshalb: keine Werbung, Disclaimer auf die Verpackung, Verkauf nur in speziellen Läden (ähnlich Coffee Shops, Liquor Stores), keine Verherrlichung durch Politiker (a la "Bier ist in Bayern Grundnahrungsmittel").

    Noch ein Wort zu Thema Alkohol: die Alkohollobby hat es geschafft, die Darstellung der Alkoholproblematik auf Komasaufen zu reduzieren. In Deutschland werden allerdings pro Jahr lediglich ca. 25000 jugendliche mit Alkoholvergiftungen in Krankenhäuser eingeliefert. Das wahre Problem sind jedoch die 9,5 Millionen Deutschen (!!! offizielle Zahl des relevanten Bundesministeriums), die "gefährlichen Alkoholkonsum" betreiben.

  • B
    Benicio

    Drogen sind generell Gesundheitsschädlich, soviel ist mal sicher. Klar ist auch Droge gleich Droge. Manche hat mehr Nebenwirkungen manche weniger.

     

    Die gesetzliche Verfolgung von Konsumenten, Händlern, und Erzeugern zerstört wahrscheinlich genausoviele Leben wie die Droge selbst. Das macht der Drogenkrieg in Mexiko deutlich.

     

    Drogen gänzlich zu verbieten funktioniert auch nicht; die Prohebition in Amerika ist gescheitert. Alkohol gibt/gab es wie eh und je.

     

    Wenn morgen Crack legal wäre würde die Anzahl der Konsumenten sicherlich nicht stark ansteigen.

    Auch ist die Anzahl der Cannabisraucher in den Niederlanden nicht höher als in Deutschland. Letztendlich

     

    In Deutschland konnte die Anzahl der Zigaretttenraucher drastisch gesenkt werden. Woher kommt das? Doch wohl nicht, weil man Zigaretten verboten hat.

    Ich bin für einen rationalen und verantwortungsvollen Umgang mit Drogen.

    Ein stricktes Verbot ist sichelich nicht die Lösung.

  • G
    groooveman

    Sicherlich würden die Kartelle nicht aufhören zu existieren, wenn Drogen legalisiert werden.

     

    Dennoch ist es eine absolut notwendige Bedingung, um den Kampf gegen die Kartelle überhaupt aufnehmen zu können. Solange das Geld weiter fließt, wird der Krieg nicht enden...

  • MW
    Martin Weisbart-Gänsebart

    Erinnert man sich eigentlich noch daran, worum es in den Opiumkriegen (Kolonialzeit) ging?

     

    Die Briten wollten Opium in China verkaufen, um damit Geld zu verdienen, das sie brauchten, um Waren in China zu kaufen.

    Eine Folge davon war ein massiver Produktivitätsrückgang in China, weil ganze Bevölkerungsteile nur noch Opium rauchten.

    Also wurde der Opiumverkauf in China verboten, per kaiserlichem Dekret.

    Daraufhin fingen die Briten einen Krieg an.

     

    Moral: wenn Drogen freigegeben werden, die auch noch stark süchtigmachend sind, schädigt das ganz massiv große Teile der Bevölkerung.

     

    Wie die Drogenprobleme in Latein- und Südamerika zu lösen sind, weiß ich auch nicht, ich warne nur davor, so vermeintlich "einfache" Markt-Lösungen zu benutzen.

    Und wie war das mit der Legalisierung der Prostitution, die angeblich die Prostituierten schützen würde, weil sie dadurch entkriminalisiert würden? Angeblich sollten die Prostituierten danach in einer besseren Lage sein... sind sie aber nicht. Jetzt darf die Polizei nämlich Bordelle nicht mehr unangekündigt betreten, weil es ein legales Gewerbe ist.

     

    Wenn Drogen legalisiert werden, welche Befugnisse verliert die Polizeit dann?

  • S
    Soso

    "Die Eskalation im mexikanischen Drogenkrieg hat deutlich gemacht, dass der Versuch, die Kartelle mit Soldaten zu bekämpfen, gescheitert ist."

     

    Nein. Es hat sich gezeigt, daß Mexiko so korrupt und von Vetternwirtschaft zerfressen ist, daß es langsam unregierbar wird. Deshalb klettern auch Millionen Mexikaner über den Zaun in die USA. Das seit langem. Man will sie dort mehrheitlich nicht und sie bringen jede Menge Probleme. Besonders bei Gewalt und Drogen. Das Problem ist also nicht der in der taz natürlich aus sozialistisch-kommunistischen ideologiegründen so verhasste große bruder im Norden, sondern die absolute Unfähigkeit, Macho-Aufgeblähtheit und Rückständigkeit in Lateinamerika. jetzt sollen es Drogen retten? Man schafft damit nur den Drogenbossen legale Produktionsmöglichkeite für Drogen die in die USA sollen. Die USA sollten reagieren indem sie die Latinos in ihre Länder zurückschicken und an der Grenze jeden illegalen Eindringling unter Feuer nehmen. Dann können ja die Latinos glücklich koksen und die USA glücklich leben.

  • J
    Jan

    "Die USA blockieren jeden Versuch, Droge zu legalisieren"

     

    Ist ja logisch, denn die CIA verdient am meisten an den Drogen...

     

    Sie finanziert damit ihre malafide geheime Tätigkeiten: Terrorgruppen, Rebellen und Diktators unterstützen (wie Al-Qaeda), Bestechungen usw.

  • T
    tommy

    Na ja, bei Marihuana wär eine Legalisierung vielleicht ja noch ok; das Zeug tötet zwar Gehirnzellen ab und führt manchmal zu Psychosen (siehe den letztjährigen Amokläufer von Lüttich), ist aber wohl auch nicht schlimmer als Alk...von daher, wers nötig hat...

    Härtere Drogen wie Koks dürfen aber auf keinen Fall legalisiert werden. Hier ist vielmehr ein drakonisches Vorgehen gegen die Konsumenten angebracht, die durch ihr dekadentes Konsumverhalten den Terror der Drogenmafia in den Drogenproduktionsländern ermöglichen. Wenn erst einmal ein paar Manager, die Koks geschnupft haben, dafür für zehn Jahre in den Bau wandern, wird der Markt ganz schnell austrocknen. Leider wird so etwas aber wohl nicht passieren - dafür sitzen einfach zu viele Drogenkonsumenten an einflussreichen Stellen in Politik und Medien, die sich ihr verkommenes Vergnügen nicht nehmen lassen wollen.

  • JS
    johan Schreuder

    Hmm... Wolf Dieter vergisst ein aspekt,

    die cia ist der grösste herionhändler dieser welt, um ihre black ops zu finanzieren,

    und deshalb werd diese vernüftige politik nie stattfinden.