piwik no script img

Debatte UrheberrechtDer Sharer ist die Zukunft

Es gibt eine Möglichkeit, Künstlern und denen, die ihre Arbeit nutzen, gerecht zu werden. Dafür muss aber die Polarisierung beider Seiten beendet werden. Ein Vorschlag.

Mag manchmal schwerfallen, aber: Sharing ist vernünftig – auch im Bereich des geistigen Eigentums. Bild: Hamsta / photocase.com

N icht nur in Deutschland steht die liberale Gesellschaft vor einem moralischen Dilemma: Es gibt eine neue Betätigung, die sozial legitim, aber im Kontext des Urheberrechts strafbar ist: Sharing.

Wer sich fragt, wie wir schonender mit den Ressourcen unseres Planeten umgehen können, ohne gleich an Wohlstand einzubüßen, kommt schnell darauf: Wir müssen mehr Dinge teilen. Traut man den Pionieren, dann könnte der ineffiziente Kapitalismus bald ein untergeordnetes Funktionselement der wesentlich effizienteren Sharing-Economy darstellen.

Die Figur der Zukunft ist also der Sharer. Er und sie suchen den Reputationsgewinn durch das Teilen von Eigentum und Information. Ihr Ziel ist nicht vorrangig die Nutzenmaximierung, sondern die Steigerung der Zahl ihrer Gefolgschaft.

Der Autor

Janosch Schobin ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hamburger Institut für Sozialforschung. Seine Schwerpunkte sind: Soziologie der persönlichen Beziehungen, Soziale Exklusion, Wissenssoziologie, Postsozialität.

Damit wir uns richtig verstehen: Der Sharer ist im Recht – im Recht der kommenden Zeit, deren Praxis längst unsere geltende Rechtsordnung ad absurdum geführt hat. Wer sich heute gegen den Sharer stellt, stellt sich stur gegen den Weltgeist. Sharing ist vernünftig – auch im Bereich des geistigen Eigentums.

Dumm nur, dass gerade unsere kreative Klasse sich auf die Fahnen geschrieben hat, sich wie Neandertaler aufzuführen. Sven Regener etwa hat jüngst mal wieder bewiesen, dass der Wille zum blinden Widerstand ungebrochen ist. Trotzdem hat der Schriftsteller und Sänger von Element of Crime natürlich in einem zentralen Punkt recht: Der Sharer ist nicht kreativ, der Urheber schon.

Es genügt die unzähligen Aufforderung in den Warezblogs zu lesen, man solle sich doch endlich mal für das freizügig geteilte geistige Eigentum fremder Menschen bedanken, um festzustellen, wie eitel der Sharer ist. Er lechzt nach Reputation und nicht nach Schöpfung. Vom Sharer ist keine Innovation zu erwarten. Er kann die Leistungen der kreativen Klasse nicht selbst erbringen.

Sharing gehört zur bürgerlichen Freiheit

Wir müssen also auf der einen Seite den Geist unserer Zeit und den Mensch unserer Zukunft akzeptieren. Der Sharer wird bleiben. Daran werden auch Acta und andere nichts ändern. Wir werden den Sharer nur vertreiben können, wenn wir bereit sind, unsere bürgerliche Freiheit an den Nagel zu hängen.

Und wer für diesen Weg ist, der ist ein ärgerer Feind als derjenige, der das Urheberrecht verletzt. Auf der anderen Seite wäre es gesellschaftlicher Selbstmord, unsere kreative Klasse im Stich zu lassen. Autoren, Filmemacher, Musiker und Künstler müssen von ihrer Arbeit gut leben können. Ihr Anliegen ist ebenso gerecht und liegt ebenso im allgemeinen Interesse wie das des Sharers.

Erkennt man das Recht beider Seiten an – und gerade an der wechselseitigen Anerkennung beider Seiten fehlt es –, dann ist die Verhärtung, die sich im Streit um das Urheberrecht gebildet hat, nicht mehr allzu schwer zu lösen. Alles, was wir brauchen, ist eine Lösung, die beide gleichzeitig bevorteilt und voneinander abhängig macht.

Eine mögliche Lösung, die der Logik der Reputation des Sharings und der Entschädigung des Urhebers zugleich dienen könnte, wäre etwa ein sekundäres, also vom Urheber wählbares Urheberrecht, dass wie ein Pyramidenschema konstruiert ist.

Der Urheber ist der erste Sharer

Der Urheber ist der erste Sharer. Er teilt seine Kreation zu einem Preis, den er selbst festsetzt. Die Sharer jeder weiteren Ordnung erwerben dadurch zum einen das Recht, das erkaufte Gut so oft zu teilen, wie sie wünschen, und dafür den Preis zu verlangen, den sie wollen.

Zum anderen verpflichten sie sich, einen Teil ihres Ertrags (ob er durch Werbung oder Verkauf erwirtschaftet wird, sei hier dahingestellt) an denjenigen zu geben, der das Erzeugnis mit ihnen geteilt hat. So entsteht eine Art goldene Pyramide, die den Urheber am stärksten belohnt und gute Sharer neben ihrem Reputationsgewinn auch noch entlohnt.

Es sorgt gleichzeitig dafür, das die Sharer kein Interesse an Trittbrettfahrern haben können, die die Produkte umsonst teilen. Wenn im Netz eine Norm eine Durchsetzungschance hat, dann nur eine solche, die internetaffine Trägergruppen verteidigt. Gleichzeitig ist ein Kunstwerk, eine Musikdatei oder ein Buch, das oft und von vielen geteilt wird, am Ende der Kette auf Grund einfacher Marktgesetze am Ende sehr günstig.

Das Verfahren brächte also nicht nur Sharer und Urheber in ein Boot, es käme auch noch dem Endabnehmer zugute. Auch das Crowdfunding ließe sich in das grob skizzierte Verfahren einflechten. Etwa könnten Sharer Urheber „staken“, also deren Risiken für einen Teil an ihren Gewinnchancen übernehmen. Wenn sie der Meinung sind, dass jemand ein tolles Projekt hat, könnten sie das Projekt vorab finanzieren, um so einen Sharingvorteil zu erzielen.

YouTube ist ein Problem

Dies ist natürlich nur ein grober Vorschlag, an dem viele Details ausgearbeitet werden müssten, aber eine der vielen Möglichkeiten, die sich eröffnen, wenn man erst einmal die zentrale Verwirrung beseitigt hat. In unserer Welt kämpfen nämlich nicht Sharer gegen Urheber, sondern große Unternehmen darum, sich Sharingmonopole anzueignen.

Das berühmteste dürfte YouTube sein. Unternehmen dieser Art verleiben sich im Moment ein Großteil der Profite ein, die nach unserem Gerechtigkeitsempfinden eigentlich den Urhebern und den Sharern – also denjenigen, die das Produkt eines Urhebers populär machen und verbreiten – zustehen.

Dass die kulturelle Blüte, die das Urheberrecht ausgelöst hat, aber nicht auf die geschickte Bewirtschaftung der kreativen Klasse durch kluge Unternehmer, sondern auf ihre Ermächtigung zurückgeht, sollte man sich in Erinnerung rufen. Auch sollte nicht vergessen werden, dass YouTube und Co. weniger leisten als Verleger.

Sharer müssen bewusster Handeln

Sie sind, wenn eine solche Analogie überhaupt statthaft ist, eher mit den Buchdruckern zu vergleichen. YouTube und Co. sind Hosting-Infrastuktur, deren Zweck in der Verfügbarmachung von Kopien zu sehen ist – mehr nicht. Infrastruktur darf natürlich etwas kosten. Dass sie sich den Löwenanteil einverleibt, ist hingegen dreist.

Es ist höchste Zeit die richtigen Parteien in ein Boot zu bringen und die weitestgehend banalen Mittelsmänner auszuschalten. Dafür müssen sich die Sharer ihrer Rolle in der kommenden Gesellschaft bewusst werden. Noch verharren sie in einer naiven Antihaltung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

34 Kommentare

 / 
  • S
    Saugnapf

    Mehr und mehr tummeln sich hier die flennenden Moralprediger der Contentmafia.

  • JN
    Julia Neigel

    Herr Michael Springer,

     

     

    Sie haben es auf den Punkt gebracht. Danke!

  • JN
    Julia Neigel

    Lieber Wolfgang Strauch,

     

    dieses Bild ist sehr anschaulich. Und@Rüdiger Warnecke, ebenso wunderbar. Auf den Punkt. Genauso wie die Vision, dass man auf selben Wege demnächst das Blütendrucken legalisieren dürfe, und danach den Milchbauer nur noch dafür brauchen wolle, um die Kuh selbst und kostenlos zu bitteschön kostenlos melken. Und natürlich geht niemand dieser "Denker" davon aus, dass es ausserhalb des Internet noch eine Realität gibt, die modern sein könnte? Es scheint praktisch ein Zwang die gesamte Wirtschaftswelt dem Internet anpassen zu müssen, anstatt Werte und Berufsgruppen zu schützen. Man versucht es jedem Recht zu machen und verliert dabei den Überblick um was es wirklich geht. Das Internet ist nichts als ein leerer Raum. Nur mit Urheberrecht kann dieser Raum leben. Die Internetindustrie ist ein Milliardenunternehmen, mit dem Zur Verfügung stellen einer geistigen Garage. Und lacht sich über diese Idee das Recht dem Internet zu beugen kaputt und zählt die Gewinnen. Ist doch klar, dass da die hohle Gier vor dem Geist steht? Aber um sich die Folgen dieser unmenschlichen Debatte für die gesellschaftliche Entwicklung in jedem Detail vorstellen zu können braucht man Empathie, Unrechtsbewusstsein und eine eigene geistige Haltung, die visionäre Errungenschaften schaffen darf. Und die soll ja gerade laut dieser Debatte abgeschafft werden ...

     

    Lieber Janosch Schobin, ich finde es zwar bemerkenswert, dass Sie als Soziologe derartige Abhandlungen ihrer Erkenntnisgänge schreiben, aber ich möchte bitte nicht zu ihrem Versuchskaninchen mutieren. Das ist mehr als geschmacklos. Wenn sie demnächst auch noch darüber berichten würden, warum sich die gesamte Welt mit der Brutalität von Mördern abfinden müsse, würde ich Sie ernsthaft fragen, ob Sie unter Soziologie teilnahmslosen Voyeurismus verstehen?

     

    Für diese Art "geistige" Haltung in Deutschland ist für mich nur noch fremdschämen angesagt. Die Idee einer Diktatur des Proletariates hat schon damals das Gegenteil bewirkt. Die Idee der Enteignung einer Berufsgruppe zum vermeintlichen Wohle der Allgemeinheit ist wahrlich nichts, womit man sich noch mit Ruhm bekleckern könnte. Der erste, der nämlich das durch die Aufklärung errungene Urheberrecht und deren Vermögenswert wieder zu seinem Nutzen umbiegen wollte, kam nämlich genau danach - und war niemand geringerer als Hitler. so etwas solltet ihr hier auch mal veröffentlichen:http://www.journalistenwatch.com/2012/05/13/urheberrecht-was-die-piraten-mit-den-nazis-wirklich-gemeinsam-haben/

  • JN
    Julia Neigel

    Lieber Wolfgang Strauch,

     

    dieses Bild ist sehr anschaulich. Genauso wie die Vision, dass man auf selben Wege demnächst das Blütendrucken legalisieren dürfe, und danach den Milchbauer nur noch dafür brauchen wolle, um die Kuh selbst und kostenlos zu bitteschön kostenlos melken. Und natürlich geht niemand dieser "Denker" davon aus, dass es ausserhalb des Internet noch eine Realität gibt, die modern sein könnte? Es scheint praktisch ein Zwang die gesamte Wirtschaftswelt dem Internet anpassen zu müssen, anstatt Werte und Berufsgruppen zu schützen. Man versucht es jedem Recht zu machen und verliert dabei den Überblick um was es wirklich geht. Das Internet ist nichts als ein leerer Raum. Nur mit Urheberrecht kann dieser Raum leben. Die Internetindustrie ist ein Milliardenunternehmen, mit dem Zur Verfügung stellen einer geistigen Garage. Und lacht sich über diese Idee das Recht dem Internet zu beugen kaputt und zählt die Gewinnen. Ist doch klar, dass da die hohle Gier vor dem Geist steht? Aber um sich die Folgen dieser unmenschlichen Debatte für die gesellschaftliche Entwicklung in jedem Detail vorstellen zu können braucht man Empathie, Unrechtsbewusstsein und eine eigene geistige Haltung, die visionäre Errungenschaften schaffen darf. Und die soll ja gerade laut dieser Debatte abgeschafft werden ...

     

    Für diese Art "geistige" Haltung in Deutschland ist für mich nur noch fremdschämen angesagt. Die Idee einer Diktatur des Proletariates hat schon damals das Gegenteil bewirkt. Die Idee der Enteignung einer Berufsgruppe zum vermeintlichen Wohle der Allgemeinheit ist wahrlich nichts, womit man sich noch mit Ruhm bekleckern könnte. Der erste, der nämlich das durch die Aufklärung errungene Urheberrecht und deren Vermögenswert wieder zu seinem Nutzen umbiegen wollte, kam nämlich genau danach - und war niemand geringerer als Hitler. so etwas solltet ihr hier auch mal veröffentlichen:http://www.journalistenwatch.com/2012/05/13/urheberrecht-was-die-piraten-mit-den-nazis-wirklich-gemeinsam-haben/

  • SE
    Schrott entlarven 3.0

    Warum denunzieren Sie Künstler, indem Sie in diesem Artikel Sven Regeners (und anderer Künstler) Verhalten dem des Neandertalers gleich setzen, nur weil die Künstler so altmodisch sind und an den Milliarden beteiligt werden wollen, die Youtube an der Musik durch Werbung verdient?

     

    Gilt die Netiquette, die man befolgen soll, wenn man einen Kommentar schreibt, nur für uns Leser?

     

    Aha, solcherlei Beleidigungen entspringen wohl aus einem Ihrer Themenschwerpunkte an der Universität.

     

    Postsozialität.

     

    Verstehe, Sie halten es ja auch für sozial legitim, Sharing zu betreiben und schreiben, es gäbe ein moralisches Dilemma, weil das im Kontext des Urheberrechts strafbar sei.

     

    Es ist für Sie also nur ein juristisches Dilemma, stimmts? Der Umgang mit diesen Begriffen scheint Ihnen etwas schwer zu fallen.

     

    Sie schreiben, "Die Figur der Zukunft ist also der Sharer" Allerdings kann man auch in Zukunft stoffliche Dinge weniger gut "sharen". Was soll das für ein neuer Materialismus werden?

     

    Ein guter Musiker aus D. hat mal gesagt "You can not download a bottle of wine".

     

    Sollen wir wirklich keine oder kaum Erlöse mehr aus "geistiger Arbeit" erzielen? Was soll aus Journalismus, Wissenschaft, Patenten, Kunst, Kultur sogar Politik werden, wenn die "Idee"nicht mehr zu Erlösen führt?

     

    Besonders dann, wenn die eigentlichen neuen Feudalherren, Hedgefonds, Energie- Computer- und Internetkonzerne wie Google/Youtube Facebook Milliarden an geistigem Eigentum anderer verdienen!

     

    Ihr Pyramidenmodell überzeugt mich da noch nicht, denn wie soll dies kontrolliert werden? Da kommen wir wieder zu Überwachungsstaats-Argumenten!

     

    Auch eine Kulturflatrate hat unglaubliche Schwächen.

     

    Welche Clicks werden gezählt? Was für ein Gremium bestimmt den Wert eines Werkes? Wie soll das global funktionieren? In welchem Land gilt das?. Und wer darf meine "geistige Schöpfung" dann verbreiten? Habe ich dann noch Kontrolle darüber? Natürlich nicht!

     

    Sie haben allerdings Recht in dem Punkt, dass sich alle Partein und Künstler + Verwerter zu dem Thema zusammensetzen müssen, um ein Gleichgewicht der Rechte herzustellen.

     

    Es wäre sehr wichtig, dass die Interessen der Künstler nicht nur von Kauder + Merkel vertreten werden. Es ist schrecklich, dass die Linke kein Profil dazu erzeugt!!!

  • WS
    Wolfgang Strauch

    Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine kleine Pension mit 8 Zimmern. Sie haben Sie mühevoll aufgebaut und schön gestaltet. Viele Besucher sorgen dafür, dass Sie etwas Geld verdienen. Mit dem Geld können Sie Essen kaufen. Der Bäcker bäckt das Brot, das Sie essen. Für Reparaturen an der Pension brauchen Sie Handwerker. Ab und zu müssen Sie auch etwas Werbung machen. Dafür brauchen Sie einen Grafiker. Alle bekommen etwas von der Miete ab.

    Jetzt kommen die Piraten und sagen „Wenn das Haus schon mal da ist, ist es ungerecht, für die Unterkunft etwas zu bezahlen. Und warum gehört das Haus dem Inhaber für so lange Zeit. Wir könnten dort eine super Kommune aufmachen.“

    Wer spätestens an dieser Stelle nicht merkt, dass die Urgeberrechtdiskussion die Basis unserer Gesellschaft angreift, zahlt einen Taler...

    Die Rechte an diesem Artikel gebe ich ausdrücklich zur Weiterverwendung frei :)

  • AH
    Andrea Herzog

    Och Mensch TAZ, da habt Ihr aber meist pointiertere Kommentare! Was hier als große Neuigkeit Sharen beschrieben wird, gilt doch bereits für die bisherigen Vertriebssysteme. Auch ein Verlag shared, indem er aus einem Manuskript viele drucken lässt. Außerdem sharen wir sowieso ständig: Küsse, Geld, Suppe, Daten, Blumen... Früher haben wir als Kinder Regenwürmer geteilt - damals hieße das noch nicht sharen sonder teilen.

    Außerdem ist die schöne neue Sharerwelt nicht so nett, wie hier beschrieben. Plattformen, wo man Inhalten runterladen kann und dafür bezahlt, gibt es schon längst, die Urheber erhalten pro Download eine Beteiligung, wo ist das Problem? Warum soll plötzlich alles umsonst sein? Warum soll ein Buch (egal ob elektronisch oder als hardcopy) deutlich weniger kosten als ein in China mit Kinderarbeit gefertigtes T-Shirt?

    Es gibt 'ne Menge Menschen, die sehen nicht ein, dass irgendwer mit ihren Werken Geld verdient, ohne sie zu fragen. Wenn die "neue Welt" nicht mehr die Urheber und Verlage, oder auch Verwerte (zwischen denen bestehen nämlich normalerweise einvernehmliche Verträge) bezahlen will, dann lässt sie sich lieber von der blödsinnigsten Werbung bedröhnen und rückt bereitwillig persönliche Daten raus. Oder wo kommen die Milliarden-Gewinne von Google her? Auch die meisten der sog. Filesharing-Plattformen nutzen Inhalte anderer, um Werbung unterzubringen und daran zu verdienen. Neulich sah ich auf solch einer Seite mit sehr harmloser URL Hardcore-Pronowerbung direkt neben Kinderhörbüchern zum kostenlosen Download. Na, tolles Sharing!

  • JS
    Janosch Schobin

    Liebe Leute,

    wer sorgfältig liest wird eine wichtige Einschränkungen im Artikel bemerken: der Vorschlag ist ein grober Aufriss. Es handelt sich schließlich um einen Beitrag in einer Zeitung, dessen Ziel darin besteht einer Debatte eine bestimmte Verkrampfung zu nehmen und nicht darin die Welt zu retten. Dass diese Verkrampfung da ist, zeigen viele Eurer Kommentare zu genüge.

     

    Die soziologische Grundüberlegung, die hier entfaltet wird, baut auf drei sehr einfachen Überlegungen auf: a) Wir haben es mit zwei Seiten zu tun, die beide bleiben werden und die wir beide brauchen.

    b)Nur eine Norm die auch von den Sharern selbst durchgesetzt und verstärkt wird, hat überhaupt eine Chance. Eine solche Norm muss ihnen Rechte einräumen.

    c) Nicht alle sharen. Zwar können alle sharen, aber nur ein ganz kleiner Teil tut es auch. Das ist in komplexen Netzwerken übrigens fast immer so: Der Großteil der Information läuft über wenig Knoten. Dieser Sachverhalt ändert sich auch in der Regel übrigens dann nicht, wenn die Anzahl der Knoten im Netz steigt. Ergo ist es nicht undenkbar, dass die Sharer sich selbst organisieren und überwachen könnten, selbst dann, wenn auf einmal mehr Menschen Interesse am Sharen bekämen, weil dabei legal etwas zu verdienen wäre. Sie sind halt am Ende immer relativ wenige, die relativ viele erreichen.

     

    P.D. Der Ton ist hier doch gelegentlich etwas rüde und persönlich.

  • RH
    Robert Herbig

    Was für ein Schwachsinn³!

  • C
    Caesar

    Janosch Schobin ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hamburger Institut für Sozialforschung und kann nicht mal zwischen Urheberrecht und Verwertungsrechten unterscheiden. Da wundern solche Statements nicht. Sollte einen eher wundern, dass taz.de diesen Statements eine Bühne bietet.

  • JB
    Jakob B

    Es gibt sogar ein schönes Buch zu diesem Thema: "Was mehr wird wenn wir teilen", von der Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom und Silke Helfrich. Der entscheidende Punkt ist Kultur nicht als Produkt zu betrachten, sondern als Ressource. "Wissen ist das Wasser des Geistes", nennt Rainer Kuhlen dies sehr schön.

     

    http://urheberrechtsdebatte.wordpress.com/2012/04/19/wissen-ist-das-wasser-des-geistes/

  • H
    Hilde

    Hier wird - wie leider viel zu oft - Urheber- und Verwertungsrecht verwechselt und vermengt.

     

    Der Verwerter ist nicht unbedingt mit dem Urheber gleichzusetzen, weshalb das Schreiben eines Verwerteranwalts (im weiter unten benannten Fall: Filmverleiher) überhaupt nichts mit dem Urheberrecht zu tun hat.

     

    Bevor also jemand gegen das Urheberrecht wettert, sollte man sich erst einmal informieren, was das eigentlich genau ist.

    Der Autor des Artikels hat das offensichtlich nicht getan und trägt somit seinen Teil dazu bei, die Karre in den Dreck zu fahren.

  • HS
    Heiner Schäfer

    @ Karl Sonnenschein:

    Mit der einmaligen Entlohnung nach Aufwand wäre ich ja einverstanden. Was fehlt, ist ein Modell, um genau diese Entlohnung zu organisieren. Vorschlag?

  • MH
    Markus Hassold

    Schon der erste Shaker wird das zu teilende Gut umsonst weiter geben, nur um nicht einen Anteil des erhaltenen abgeben zu müssen. Genau so wie es eben heute läuft.

     

    Mal Hand auf's Herz: Müssen wir denn nun alle Wochen wieder einen Gedankenblitz eines Blitzgescheiten Alleinedenkers ertragen, der das Rad neu zu erfinden versucht und irgendwie die Ecken seines Entwurfs noch nicht so recht erkennt, es aber schonmal allen mitteilen muss, dass auch er nun sich des Problems angenommen hat? Das ist unerträglich!

     

    Die ganzen Ideen von der heimlichen Subvention amerikanischer Internetkonzerne durch irgendwelche Faltrates und sonstiger Schwurbel der Winde, die da gerade um die Fähnchen aller Parteien wehen, ist doch schon längst enttarnt. Die Künstler und Schöpfer der Inhalte haben den Schwindel publik gemacht und wer noch immer der Notwenigkeit einer Anpassung des Urheberrechts das Wort redet ist eben entweder von google bezahlt oder nur dumm. Saudumm.

     

    Erspart uns diesen Unsinn - er ist für eine gesellschaftliche Debatte zu wirklich drängenderen Problemen völlig irrelevant. Wenn ein filesharer eine Abmahnung erhält, dann ist die weder Existenzgefährdend teuer (selbst wenn sie 800,- € kostet) noch ist das ein Abmahnwahnsinn. Der tägliche Strafzettelwahnsinn auf deutschen Strassen regt ja auch niemanden wirklich auf.

     

    Der Shaker ist nicht im Recht. So einfach ist es.

  • RW
    Rüdiger Warnecke

    Es tut mir leid, aber einen solchen Schwachsinn habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Ich finde , dass wir in Zukunft alle Güter auf dem virtuellen Markt sharen sollten. Ich kann da noch so einiges gebrauchen. Wer shared mit mir meinen Sommerurlaub, mein neuesw Auto, so ne neue Immobilie wäre auch ganz nett. Vielleicht sollten wir das sharen auch in die tatsächliche Welt übertragen. Schwierig wird es allerdings bei Lebensmittel, weil so ein Brötchen ist recht schnell vertilgt. Frage an die TAZ, was Sie davon hält, wenn Sie ihre Ausgabe in Zukunft nur noch ins Netz stellt, einen Preis für Ihre Ausgabe bennent und jeder weiterer sharer zu seinem Preis die TAZ verbreitet. Is doch nen cooles Modell, spart Druckkosten, Vertriebswege spart Arbeitsplätze ein, Kioske brauchen wir auch nicht, na ja und dann haben wir ja noch das bedinungslose Grundeinkommen für all die freigesetzten Arbeitskräfte. Dann werden wir alle Gesellschaftskünstler wie der coole Geschäftsführer der Piraten. Ich finde das Klasse. Kann man über das Netz auch schon Hirn sharen??

  • H
    Hatem

    Selten so einen verschwurbelten Unsinn gelesen. Viele Behauptungen, aber keine Argumente.

     

    Entlohnung ist das Gegenteil von Enteignung. Wer Content schafft, den andere haben wollen (Musik, Bücher, Filme usw.), muss für die Nutzung angemessen entlohnt werden!

  • H
    Herzlichst ...

    @ Karl Sonneschein:

     

    "Also mein Vorschlag an Kreative lautet folgendermassen: Einmalige Entlohnung nach Aufwand, danach gibts nichts mehr. Game Over. So laueft das in allen anderen Bereichen auch."

     

    Wirklich? Mal überlegen, du hast den Gärtner genannt: Ich sollte also meinem Gärtner nicht mehr seinen Monatslohn jeden Monat geben, sondern nur ein einziges Mal bezahlen, und das wars dann? Game Over?

     

    Und jetzt von der anderen Seite. Zum Beispiel ein Lied von einem von dir so verspotteten Künstler ist ganz einfach wie ein Produkt was du auch im Supermarkt kaufen könntest (eine Tube Ketchup z.B.). Jetzt verlangt sowohl der Künstler als auch der Ketchup-Hersteller für jedes Stück was er produziert und an einen Konsumenten weitergibt Geld. Wo genau in dieser Geschichte ist jetzt dein Problem mit dem Künstler? Zu viel MTV oder sowas gesehen und ein bisschen zu neidisch auf die reichen Künstler geworden? Lass dich aufklären, das machen vielleicht 2 Prozent aus, aber verdammt viele Prozent von Musikern da draussen überlegen gerade was sie mit 1,75 kaufen können um heute und evtl. morgen früh noch satt werden zu können, während du wahrscheinlich gesättigt an deinem Computer solch unfassbaren Müll in die Tasten haust,

     

    Herzlichst! .....

  • W
    Wowbagger9876

    Auch dieser Artikel kann mich nicht ansatzweise überzeugen, dass das Urheberrecht grundsätzlich überarbeitet werden muss um den Anforderungen zu genügen, die durch das Internet entstanden sind. Entweder habe ich den Sinn immer noch kapiert. Oder der Verfasser hat überhaupt nicht verstanden, was "arbeitsteilig" eigentlich bedeutet. So werden einfach alle anderen Beteiligten als die Urheber und Sharer zu "weitestgehend banalen" Beteiligten erklärt, zu Parteien, die allenfalls ein Interesse an "Sharingmonopolen" haben. Was ist denn der Beleuchter an einem Filmset, der Galerist eines Malers, der Buchdrucker eines Autors, der Stylist eines Videoproduzenten? Wie sollen die entlohnt werden? Glaubt der Author wirklich der Musiker würde diese anderen Beteiligten selbst beauftragen und durch sein "crowdfunding"-Honorar bezahlen können? Das ist doch unausgegorene Phantasie.

     

    Warum soll ein Verleger kein Recht an seinem Anteil des Zustandekommens einer Musikproduktion haben, wenn er (wie meistens) von lediglich einer aus zehn Veröffentlichungen Gewinn erzielt, und damit seinen eigenen unternehmerischen und kreativen Anteil am Zustandekommen der Produktion beigetragen hat?

     

    Ich werde den Verdacht nicht los, dass die vorgebrachten Argumente lediglich dazu dienen sollen, eigenes (heute illegales) Filesharing zu legalisieren. Der Autor behauptet gar, der erste Sharer habe eine kreative Leistung erbracht. Er ist lediglich ein Kopierer!

  • A
    AGreve

    Mir fällt gerade auf, dass ich in meinem ersten Absatz einen Denkfehler gemacht hab. Entweder man sagt: anfangs gehe ich davon aus, dass der Sharer vom Unternehmen Geld bezieht, dessen Menge sich mit seinen Mitsharern verändert (in beide Richtungen), danach nur noch, dass es sich vermehrt.

  • C
    Christian

    Zunächst macht dieser Kommentar mit der Behauptung, Sharing wäre schon aus Gründen des Ressourcenschonens die Zukunft, denselben Fehler wie die Leute, die behaupten, ein Album herunterzuladen wäre dasselbe wie ein Fahrrad zu klauen.

     

    Der Vorschlag selbst ist interessant, aber ich sehe nicht, wie verhindert werden soll, dass die Pyramide entartet zu einer breiten Basis und einer dünnen Schnur nach oben, wo niemand viel verdient. Andersherum ist nirgends systeminhärent, dass der Urheber am meisten verdient.

  • JV
    Joe Völker

    Wird hier nicht das Teilen von materiellen Gütern wie Suppe oder Bier mit immateriellen wie dem Nutzungsrecht an fremdem geistigen Eigentum vermengt?

     

    Und wieso ist Ihr Vorschlag besser als der Status Quo? Entweder die Musiknutzer zahlen, dann hat der Komponist was zu essen, oder sie zahlen nicht. Wenn Ihr kompliziertes System darauf hinaus läuft, dass die Sharer zahlen sollen (das werden sie aber nicht gern hören), dann könnte man auch alles beim Alten lassen: Bei der Idee, dass ich für etwas, dass ich haben will, bezahlen muss.

     

    …und sich den wichtigen politischen Aufgaben zuwenden. Wir leben in einem verdammt reichen Land. Wer für Musik nicht zahlt, tut das i.a. weil er keinen Bock hat — nicht, weil er nicht kann.

  • V
    Vinterblot

    Ich verstehe nicht, wie das hier vorgestellte Modell das Problem beheben soll. Letztenendes ändert es schliesslich nur den Distributionsweg des regulären Verkaufs von Medienprodukten.

     

    Das tatsächliche Problem besteht ja darin, dass es - neben dem heute schon vorhandenen, legalen Distributionsweg - noch den illegalen Weg gibt: Menschen verteilen Software/Filme/Musik unentgeldlich an andere. Das ist ein zweiter Distributionsweg, der parallel zum ersten existiert.

     

    Um das Pyramiden-Modell auszuhebeln genügt es also schon, dass jemand wie bisher auch hingeht, und ein Produkt weiterverbreitet, so dass jemand anderes es kostenlos bekommen kann, statt innerhalb der Pyramide dafür zu zahlen.

     

    Das Problem muss völlig anders angegangen werden.

    1. Muss klar sein, dass man es niemals schaffen wird, alle ins Boot zu holen. Es wird immer Kopierer geben.

     

    2. Müssen sich die Rechteverwerter darüber im klaren sein, warum kopieren so beliebt ist und dort ansetzen.

     

    Was fehlt, ist eine kostengünstige, legale Alternative zu Filesharing, Streaming und One-Click-Hostern. Eine Plattform, auf der man das KOMPLETTE Angebot bekommt - in hoher Qualität, in allen Sprachen, weltweit zeitgleich. Die von dieser Plattform bezogenenen Medien dürfen nicht Konto- oder gar Gerätegebunden sein. Ich muss sie auf meinem PC abspielen können, aber auch auf dem Festplattenrekorder am Fernseher, meiner Konsole, auf dem Handy und im Autoradio.

    Das Angebot muss übersichtlich strukturiert sein. Es muss die nötige Power besitzen, um die gewünschten Medien zeitnah zu bekommen - niemand möchte sich einen Film in unter 100Kb/s herunterladen.

     

    Zusammenfassend:

    Um gegen Filesharing vorzugehen benötigt man eine(!) Plattform, die 1) kostengünstig 2) komplett 3) komfortabel ist. Wo ich dauerhaft alles mit einem Klick erreichen kann.

     

    Solange jedes Plattenlabel, Filmstudio, Fernsehsender und Videospielpublisher meint, er müsse sein eigenes Ding drehen und ich als Kunde zwischen zahllosen Plattformen, Softwareclients (und Accounts) hin und herspringen muss, ist es für mich nicht attraktiv. Denn ich will mich einfach vor das Gerät meiner Wahl setzen und konsumieren, anstatt mich mit den zahllosen Fallstricken auseinander zu setzen, die momentane Angebote noch haben.

  • B
    Bachsau

    PS: Was der Artikel im weiteren Beschreibt, ist eigentlich etwas, das man gemeinhin als "illegales Schneeballsystem" bezeichnet.

  • V
    Vinterblot

    Ich verstehe nicht, wie das hier vorgestellte Modell das Problem beheben soll. Letztenendes ändert es schliesslich nur den Distributionsweg des regulären Verkaufs von Medienprodukten.

     

    Das tatsächliche Problem besteht ja darin, dass es - neben dem heute schon vorhandenen, legalen Distributionsweg - noch den illegalen Weg gibt: Menschen verteilen Software/Filme/Musik unentgeldlich an andere. Das ist ein zweiter Distributionsweg, der parallel zum ersten existiert.

     

    Um das Pyramiden-Modell auszuhebeln genügt es also schon, dass jemand wie bisher auch hingeht, und ein Produkt weiterverbreitet, so dass jemand anderes es kostenlos bekommen kann, statt innerhalb der Pyramide dafür zu zahlen.

     

    Das Problem muss völlig anders angegangen werden.

    1. Muss klar sein, dass man es niemals schaffen wird, alle ins Boot zu holen. Es wird immer Kopierer geben.

     

    2. Müssen sich die Rechteverwerter darüber im klaren sein, warum kopieren so beliebt ist und dort ansetzen.

     

    Was fehlt, ist eine kostengünstige, legale Alternative zu Filesharing, Streaming und One-Click-Hostern. Eine Plattform, auf der man das KOMPLETTE Angebot bekommt - in hoher Qualität, in allen Sprachen, weltweit zeitgleich. Die von dieser Plattform bezogenenen Medien dürfen nicht Konto- oder gar Gerätegebunden sein. Ich muss sie auf meinem PC abspielen können, aber auch auf dem Festplattenrekorder am Fernseher, meiner Konsole, auf dem Handy und im Autoradio.

    Das Angebot muss übersichtlich strukturiert sein. Es muss die nötige Power besitzen, um die gewünschten Medien zeitnah zu bekommen - niemand möchte sich einen Film in unter 100Kb/s herunterladen.

     

    Zusammenfassend:

    Um gegen Filesharing vorzugehen benötigt man eine(!) Plattform, die 1) kostengünstig 2) komplett 3) komfortabel ist. Wo ich dauerhaft alles mit einem Klick erreichen kann.

     

    Solange jedes Plattenlabel, Filmstudio, Fernsehsender und Videospielpublisher meint, er müsse sein eigenes Ding drehen und ich als Kunde zwischen zahllosen Plattformen, Softwareclients (und Accounts) hin und herspringen muss, ist es für mich nicht attraktiv. Denn ich will mich einfach vor das Gerät meiner Wahl setzen und konsumieren, anstatt mich mit den zahllosen Fallstricken auseinander zu setzen, die momentane Angebote noch haben.

  • B
    Bachsau

    Der Dank den "der Sharer" einfordert gilt aber eher dem Risiko, dem er sich aussetzt, um anderen einen Gefallen zu tun. Mit Reputation hat das weniger was zu tun.

     

    Da es doch genügend Menschen gibt, die eine Heidenangst vor unserem Überwachungsstaat haben, und deshalb lieber den Kopf in den Kopf in den Sand stecken, ist es durchaus legitim denen zu danken, die den Mut aufbringen, Sozialverhalten über ihre Furcht zu stellen.

  • A
    Agreve

    Youtube als Unternehmen verdient aber nicht an den Nutzern, sondern an den Werbeanzeigen. Es wird also bereits hier um einiges komplizierter. So würde der "Sharer" am Ende zu einem Werbungsdistributeur. Natürlich, würde man hier strikt trennen, käme das Geld von Youtube an den Sharer etc. Interessant hier allerdings auch, dass, da es sich um Werbung handelt, der Betrag, den das Unternehmen ausschüttet, vermutlich gesteigert oder vermindert wird in Relation zu der Anzahl der Perzipienten. Nähmen wir eine Pauschale an, so müsste der Sharer gerade verhindern, dass viele Rezipienten anbeißen, oder nur eine bestimmte Menge. Nähmen wir ein im Grunde genommen vermutlich nicht durchsetzbares Äquivalenzsystem an, würde das Unternehmen irgendwann Pleite an seiner Werbung gehen. Nähmen wir an, dass der Betrag wie oben gesteigert wird oder vermindert wird, je nachdem wie viele Nutzer gucken, so hätten wir diesen Problemen wirksam entgegengewirkt.

     

    Aber es bleibt zu fragen, wie viele Menschen über eine Zwischenstation zur Musik gelangen. Angenommen wir haben für jedes Land 15 Musikexperten, so sind diese erst einmal, wenn sie fremdländische Musik importieren, nur noch an zweiter oder dritter Stelle in der Verdienerkette. Aber: wie soll man nachweisen, dass gerade sie es waren, die auf besagte Musik aufmerksam gemacht haben? Denn die Musik sagen wir eines Sonychannels wurde ja bereits über Werbung und Radio (Hier funktionierte das Prinzip einwandfrei) soweit verbreitet, dass jeder nunmehr weiß, wo er es bekommen sollte. Wer aber sollte dann noch sharen?

     

    Ein anderes Beispiel, um das vorangegangene zu verdeutlichen: Nehmen wir an, Peter entdeckt eine Countrygruppe aus den Usa (und das tasächlich am Radio vorbei). Er empfiehlt den "Followern" seines Blogs, Channels etc. diese Band. Nach sehr kurzer Zeit ist die Empfehlungskette gebrochen, denn via Twitter etc (was man alles überwachen müsste) wäre eine so große Aufmerksamkeit gegenüber dieser Countryband geschaffen, dass sie bereits mündlich weiterempfholen wird. Wer bekommt dann noch Geld? Wer bekäme heute noch Geld für die Stones? Wenn die Stones erst einmal bekannt sind, wer bekommt dann noch Geld dafür, sie weiterzuempfehlen? Wollte man die Erstempfehler die ganze Zeit dafür weiterbezahlen, so wäre spätestens mit ihrem Ableben eine Absurdität erreicht, die schwer Akzeptanz findet als Alternative zum heutigen System.

     

    Die einzige Möglichkeit, die mir einfallen würde, dieses System zu schaffen, wäre, jeden Rechner sozusagen zu einer Sharingstation umzuwandeln. So dass man an Musik überhaupt nur durch eine Einladung kommen könnte. Dann wäre aber ein ganz wesentlicher Teil der Netzfreiheit eingebüßt und im Grunde über die Hintertür ein viel strengeres Reglement eingeführt.

     

    Sie sehen, ich bin skeptisch.

  • O
    Opferlamm

    Die derzeitige Urheberrechtsverwertung geht gegen Freiheit. Ein illustrierendes Beispiel:

     

    Hab letzte Woche von einem Hamburger Anwalt, der Rechte eines Filmverleihers vertritt eine Abmahnung über 800 Euro bekommen, weil ich angeblich einen Film in Tauschbörsen im Internet angeboten hätte.

    Hab ich aber nie. An dem abgemahnten Tag war ich sogar (mit Computer) außer Haus. Aber die Abmahnung ist drei Seiten lang, voller Paragraphen und Verweise auf Gerichtsurteile und macht Angst.

     

    Der Internetanschuß meiner WG ist auf meinen Namen eingetragen. Wenn der Hamburger Anwalt mit seiner Abmahnung durchkäme, würde das in letzter Konsequenz bedeuten, dass ich den Internet-Traffic meiner Mitbewohner totalüberwachen müsste, um das Risiko aus möglichen Abmahnungen für mich zu minimieren.

     

    Willkommen dort, wo ich nicht leben möchte...

     

    Und falls jemand sagt, dass sei ein Sonder- oder Einzelfall: Auf www.verein-gegen-den-abmahnwahn.de/ gibt es eine Statistik gemeldeter Fälle. Danach sind in den letzten beiden Jahren über 740.000 Fälle mit einer Gesamtforderungssumme über 680 Mio. (!) Euro bekannt geworden.

     

    (Ironie am Rande: Ich hab den Film sogar im Kino gesehen und dafür bezahlt ...)

  • F
    Faldrian

    "Es sorgt gleichzeitig dafür, das die Sharer kein Interesse an Trittbrettfahrern haben können, die die Produkte umsonst teilen."

     

    Das verstehe ich noch nicht ganz. Ein Sharer kann doch jeder im Internet sein. Warum sollte nicht jemand ein Interesse daran haben, den anderen Leuten etwas kostenlos zur Verfügung zu stellen, das er gekauft hat. Einen gewissen Preis kann ihm die Anerkennung für seine "Befreiung" der Inhalte von einer eventuellen Bezahlschranke ja wert sein. Und nach dem System wäre das auch noch legal - es sagt ja keiner, dass man für das sharen überhaupt Geld verlangen muss.

  • RM
    Reimar Menne

    Donnerwetter, was so schwer verständlich ist, muss ja richtig sein. Oder doch nur der Versuch, den vom Unter´gang bedrohten Begriff vom geistigen Eigentum (als Geldquelle) zu erhalten?

    Was soll das sein: Steigerung der Zahl der Gefolgschaft? Teilen von geistigem Eigentum ist vernünftig? Wird das nicht schon mit Erde, Wasser, Genen, Erde usw. zu unser aller Schaden versucht? Autoren. Filmemacher, Musiker, Künstler müssen von ihrer Arbeit gut leben können. Vielleicht liegt die Lösung eher da: Ein jeder soll gut leben können, ohne Not und Existenzangst und Demütigug, dann werden wir schon Kreativität genießen dürfen, vielleicht ohne "Best"-seller, Höchstpreiskunst, Star-rummel, elitären Kunst-Markt.

  • WR
    Woodes Rogers

    Wenn man sich die Hitlisten der gesharten Inhalte mal anschaut befinden sich dort weniger die CreativeCommons Projekte, sondern doch eher die Top-Filme und Charts, also aufwendig produziertes Material, an dem nicht nur ein einzelner Künster beteiligt ist, sondern ganze Heerscharen daran schaffen.

    Wie stellt ihr euch sowas mit diesem Pyramiden-Prinzip vor?

    Cloud-Founding (oder eher Crowd-Funding) mag eine Möglichkeit darstellen, aber bitte überlasst die Entscheidungen, was wie Vermarktet wird, doch bitte den Schaffenden, nicht den Massen-Konsumenten.

    Aber die "Sharer" wollen dies erzwingen und schrecken dabei auch nicht vor Drohungen und Angriffen zurück. Wir sollten uns diesem Pack (das wirklich keiner braucht) nicht beugen!

  • M
    Mateo

    Lieber Janosch Schobin,

    ich freue mich über jeden Vorschlag der zur Vernunft und zum Dialog zwischen den Streitparteien zum Thema Urheberrecht aufruft. Ob ihre "Share Pyramide" ein praktischer Vorschlag ist kann ich nicht beurteilen, der Ton in dem Sie ihn unterbreiten ist auf jeden Fall der Richtige. MfG, Matthias Keul

  • A
    anke

    Sharer müssen bewusster handeln, das mag sein. Aber Janosch Schobin müsste bewusster schreiben, und er tut es auch nicht.

     

    Ist ja nicht nur so, dass das Handeln noch immer eine Tätigkeit ist und also auch in Überschriften klein geschrieben wird. Kommt auch vor, dass Leute sich für den Inhalt dessen interessieren, was er (für den Leser kostenneutral) ins Netz stellen lässt.

     

    "Gerade an der wechselseitigen Anerkennung beider Seiten fehlt es", schreibt Schobin zum vermeintlichen Gegensatz zwischen Sharar und Urheber. Und als wäre das (also: das Verweigern der Anerkennung) noch nicht blöd genug, gießt er gleich noch einen eigenen Kanister Öl ins Feuer. Der Sharer als solcher sei "nicht kreativ" und sich seiner "Rolle in der kommenden Gesellschaft [nicht] bewusst". Vom Sharer sei "keine Innovation zu erwarten". Er könne "die Leistungen der kreativen Klasse [hä?] nicht selbst erbringen" und pflege lediglich eine "naive[...] Antihaltung". Der Urheber bekommt von Schobin das genaue Gegenteil attestiert.

     

    Nein, Janosch Schobin ist wohl nicht der Mann, auf den die (digitale) Welt gewartet hat. Das ist in sofern schade, als er womöglich selbst "nach Reputation" "lechzt". Wenn auch nicht unbedingt nach Schöpfung. Mein Tipp: Er wird es keinesfalls schaffen, "die richtigen Parteien in ein Boot zu bringen", weil er ja zuvor umstandslos alle in einen Topf geworfen hat. Und was das "Ausschalten" der "weitestgehend banalen Mittelsmänner" angeht: auch das, nehme ich an, wird er Anderen überlassen müssen. Leuten, die mehr Sprachgefühl in der Spitze ihres kleinen Fingers haben, als er im ganzen dicken Schädel. Diese Leute dürften sich meinetwegen anschließend ruhig etwas einbilden auf ihre Leistung. Vor allem dann, wenn sie die positiven Folgen mit anderen teilen, statt sie sich patentieren zu lassen. Ganz in den Himmel loben würde ich sie allerdings erst, wenn sie die zweifellos zu erwartenden negativen Folgen zum selben Anteil tragen, wie die schwere Last ihres Erfolgs.

  • KS
    Karl Sonneschein

    Tut mir leid aber ich finde das viel zu kompliziert und voellig ueberfluessig.

     

    Vor allem verstehe ich nicht warum ausgerechnet Kreative gut leben sollen. Jeder soll gut leben, vor allem die die am wenigsten Schrott produzieren, am wenigsten Resourcen verbrauchen und seine Mitmenschen am wenigsten verbloeden. Sind das nun ausgerechnet die Kreativen, der Paparazzi und das Blatt mit den vier Buchstaben und seine naechsten Verwandten?

     

    Sind Lehrer, Eltern, der Gaertner von nebenan und selbts Kriminelle nicht kreativ? Und erst diese Zocker an der Boerse, die verschieben Milliarden in Millisekunden.

     

    Also mein Vorschlag an Kreative lautet folgendermassen: Einmalige Entlohnung nach Aufwand, danach gibts nichts mehr. Game Over. So laueft das in allen anderen Bereichen auch. Wem das nicht passt der behalte seine Genialitaet bitte fuer sich. Die Menschheit wird mit oder ohne den naechsten Superfilm ueberleben oder untergehen.

     

    Und ich hoffe innigst das es bald einen Artikel zur Besserstellung bzw zu den Verguetungsrechten von Obdachlosen, Migranten, Protistuierten, Gaertnern, Foerstern, der Bergrettung, den Naturschuztverbaenden, den Umweltverbaenden, den unzaehligen Weltverbesserern, den Konsumverweigerern, AKW Gegnern und taz Kommentatoren und der letzten lebenden Elefanten und Tiger gibt. Die alle haben nicht weniger Recht auf ein gutes Leben als Kreative.

     

    Und bitte nicht vergessen, Richard Stallman fordert umfassende Urheberrechtsreform:

    http://www.heise.de/newsticker/meldung/Richard-Stallman-fordert-umfassende-Urheberrechtsreform-1261198.html

     

    Danke,

     

    Karl Sonnenschein

  • MS
    Michael Springer

    Wir leben in der vierten Stufe gesellschaftlicher Entwicklung:

    Erste Stufe war die Agrargesellschaft. Danach folgten Industriegesellschaft, die Dienstleistungs- und Wissensgeselschaft - und heute die vernetzte Wissensgesellschaft.

    Nach der Herausbildung des Urheber-Rechtes entstand als Folge der Erfindung des Buchdruck das Verlagsrecht und das Recht der Vervielfältigung.

    In der vernetzten Gesellschaft gibt es nun eine Innovation, die sich zwischen Urheber und Verlag schiebt: die Mittler-Infrastruktur des Web stellt neue Marktverhältnisse her, entwickelt neue, mittelbare Geschäfte.

    Was benötigt wird: ein neues "Internet-Verlags- und Mittler-Recht, das die Interessen der Urheber, Erstverwerter und der Mittlerdienste und Sharer regelt.

    Dieses neue Recht kann nur geschaffen werden, wenn man auch die "Geldströme" und deren Verteilung neu reguliert.

    Dabei müssen auch Paradoxien bewältigt werden, weil Urheberrecht, Verlagsrecht nicht direkt mit der Wertschöpfung beim Mittler "konnektiert" sind. Stattdessen wird eine Wertschöpfung in "Meta-Geschäften" wie Werbung, Aufmerksamkeit und virtueller Wertschöpfung realisiert.

     

    In der Debatte um das Urheberrecht ist so die Perspektive verrutscht - die Urheber sollen auf unverzichtbare Rechte verzichten. Richtig ist es aber, die Geschäftsmodelle der Internet-Vermittler zu regulieren. Dies kann nur ein neues "Iternet-Verlage- und Mittlerrecht ermöglichen, das Urheberrecht und Innovationsmöglichkeiten gleichermassen bedenkt.