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Linke fliegen aus NRW-LandesparlamentEine riesige Baustelle

Nach der Niederlage an Rhein und Ruhr: Der offene Machtkampf um die Parteiführung der Linken spitzt sich zu. Alle warten auf ein Signal von Lafontaine.

Voll verloren. Aber auch voll Opfer des Streits um die Bundesführung der Linken. Bild: dapd

BERLIN taz | Bis zuletzt hatten sie in Düsseldorf noch auf ein Wunder gehofft. Sogar der schwer erkrankte Fraktionsvorsitzende Wolfgang Zimmermann war zur Wahlparty ins „Freiligrath“ gekommen. Doch zu feiern gab es dort für die Linken nichts: Die Partei hat den Wiedereinzug in den Landtag klar verfehlt.

An der Arbeit der Fraktion hat das weniger gelegen. Sogar jenseits der Parteigrenzen wurde den elf Abgeordneten im Landtag ein guter Job attestiert. SPD und Grüne hätten nur deshalb soziale Politik betrieben, „weil wir Druck gemacht haben“, sagte Spitzenkandidatin Katharina Schwabedissen. Vom bundespolitischen Abwärtstrend der Partei konnten sich die NRW-Wahlkämpfer aber nicht lösen. Linkenchef Klaus Ernst machte am Sonntagabend die seit Monaten laufende Führungsdebatte für das schlechte Wahlergebnis verantwortlich und sprach von „Schüssen aufs eigene Tor“.

Dahinter steht ein Konflikt um Posten und Kurs – und der ist keineswegs ausgestanden: Am Montag treffen sich die Landesvorsitzenden der Linken, um über das künftige Personal zu reden; am Dienstag ist eine Runde mit dem geschäftsführenden Vorstand geplant. Das entscheidende Signal wird aber von Oskar Lafontaine erwartet. Der hat lange geschwiegen und will nun angeblich ein eigenes Personaltableau durchsetzen.

Nach einer „kooperativen Führung“, von der noch vor einigen Wochen die Rede war, sah es zuletzt jedenfalls nicht mehr aus: Mit Fraktionsvize Dietmar Bartsch verbinden sich vor allem im Osten Erwartungen an größere Offenheit für Bündnisse mit SPD und Grünen. Auf dem linken Flügel wird dies aber als „Anbiederung“ zurückgewiesen. Hier ist die Hoffnung groß, dass Lafontaine an die Spitze der Partei zurückkehrt und mit „klarer Kante“ an alte Erfolge anknüpft.

Sicher ist: Die neue Führung steht vor einer riesigen Baustelle. Die Mitgliederzahl ist wieder unter den Wert des Fusionsjahres 2007 geschrumpft. Und vielerorts ist auch die Stimmung auf dem Tiefpunkt. Thomas Falkner, Stratege aus dem Reformerlager, erklärte unlängst, die Lage „riecht nach Untergang“. Davon wollte Bartsch am Sonntag aber nichts wissen. Eine „gesamtdeutsche Linkspartei“ sei „alternativlos“, sagte er der taz. „Wir werden in Göttingen einen neuen Aufbruch schaffen.“

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8 Kommentare

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  • C
    Christian

    @harun

     

    >Eine wirkliche Linke aber muß diese Entwicklungen, vor >allem das zu erwartende Dauersiechtum des real >existierenden Welt-Kapitalismus

    >wertkritisch-marxistisch korrekt analysieren und >ehrlich benennen

     

    Als Das Kapital-Fester Marxist kennst Du mit Sicherheit einen gewissen Ausspruch, den man an einer Wand im Hauptgebäude der HU zu Berlin erblicken kann. Ja, wahrlich, mit theoretischem Klugschwätzen kann man das...

     

    >Darüberhinaus muß von ihr auch ein glaubwürdiges, >den gescheiterten Realsozialismus dialektisch >negierendes Sozialismus-Modell

     

    Vielleicht gehst Du als Erster Klinken putzen. Inzwischen kriegt die Linke 0,5% und wird dann endgültig zu einer Witzpartei - aber ideologisch und linientreu wenigstens...

     

    Vielleicht hast Du es noch nicht gemerkt: Es gibt keinen Schalter, mit dem man eben so den Sozialismus einschalten kann. Wir leben heute in dieser gesellschaftlichen Formation und müssen aus ihr das Beste herausholen. Denn während sich einige Irre über die Bedeutung eines Kommas bei Marx streiten, landen weitere Leute auf dem Jobcenter.

  • E
    end.the.occupation

    > Klaus Ernst ... sprach von „Schüssen aufs eigene Tor“.

     

    Und als Schützen betätigten sich Bartsch und Ramelow, die in der taz immer offene Türe einrennen wenn es darum geht die LINKE zu beschädigen.

     

    Das Führungsproblem in der LINKEN ist also bestens bekannt.

  • H
    Harun

    Solange es der kapitalistischen Parteien-Blockflöte mit Hilfe der "Meinungsmacher"(Albrecht Müller) gelingt, die kompakte EU-Kapitalismuskrise vorerst noch hauptsächlich in Irland,Griechenland, Spanien, Portugal, Italien usw. stattfinden zu lassen und gar die prophylaktische Verarmungsstrategien der Kapital-Domestiken SPD und Grünen und die opportunistisch-nationalistische Niedriglohnpolitik der DGB-Kapitalschranzen Sommer, Bsirske & Co als Zähmung der Krise für die BRD überhaupt zu verkaufen, hat sozialistische Politik hier keine großen Chancen .

     

    Aber dies ist immer noch brutaler profitgieriger und -bedürftiger Kapitalismus, wie die über 17 Millionen Arbeitslosen in der EU fühlen , wissen und beweisen. Immer mehr von ihnen nehmen sich aus Verzweiflung das Leben. Es gibt höchstens für Piraten a la Asterix einen "capitalism light" .

     

    Wenn die von der deutschen Dumping-Lohn-Preis-Exportwalze und brutalen Sparpolitik verwüsteten EU-Länder keine deutschen Autos und Maschinen mehr kaufen können, die chinesischen booms and bubbles ex- oder implodieren und der deutsche Export auch dorthin falliert, wird die weltkapitalistische Überproduktionskrise voll auf die BRD übergreifen.

     

    Dann werden nicht nur die SPD-Radieschen (außen rot innen weiß) und grüne FDP der Kretschmänner sich noch auf einen diesmal noch ganz anderen , rechten, Protest einstellen müssen als bei Einführung der obszönen Hartz-4 und Agenda 2010 Schweinereien.

     

    Eine wirkliche Linke aber muß diese Entwicklungen, vor allem das zu erwartende Dauersiechtum des real existierenden Welt-Kapitalismus wertkritisch-marxistisch korrekt analysieren und ehrlich benennen. Das dürfte e i n e Bedingung für das Erstarken der BRD-Linken sein.

     

    Darüberhinaus muß von ihr auch ein glaubwürdiges, den gescheiterten Realsozialismus dialektisch negierendes Sozialismus-Modell(wie es Heinz Dieterich in seinem Buch "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" wenigstens im Ansatz zu präsentieren v e r s u c h t) entwickelt und mit seiner praktischen Verwirklichung im Kleinen begonnen werden.

     

    Doch auch das bedarf noch als conditio sine qua non eines Erstarkens der BRD-Linken vermutlich leider des Übergreifens der Weltkapitalismusüberproduktivitätskrise auf die BRD. Erst dann wird die soziale Wirklichkeit und kapitalismusstranszendierende Theorie zueinander drängen.

  • M
    Marc

    Die sogenannte Linkspartei, mit ihrem Klassenkämpfersozialismus, ist für mich ungefähr so hip wie Papas alter Cassettenrekorder. Die Linkspartei ist nur mit einem beschäftigt, nämlich mit sich selbst. Wenn jetzt noch vergreisende Lafontaine zurück an die Parteispitze will, dann ist wohl das Totenglöckchen für die Linkspartei geschlagen, denn der wird nicht vereinigen, sondern polarisieren.

  • G
    Glückswerker
  • A
    alcibiades

    Lafontaine meldet quasi am NRW-Wahltag Ansprüche auf die Führung an, was für eine Taktik mag das wohl sein? Das ist eins der grössten Probleme dieser Partei, dass sie immer auf den Onkel Oskar hoffen und der sie entsprechend vorführt - ein starker Westlinksverband wäre wohl mal ein Anfang einer Gelegenheit gewesen, wirklich 'gesamtdeutsch' zu punkten. Bei allen wichtigen Forderungen, die die 'Linken' vertreten: so wird das halt einfach nix. Schade um die ganzen hoffnungsvollen Nachwuchsleute, die verbrannt werden, während Lafo seine Nummer abzieht. Er sollte genauso wie Steinmeier, Steinbrück, Stein-irgendwas endlich mal gut sein lassen. Morgen analysieren wieder alle, warum wohl die Piraten so abschneiden und was wir wohl von denen erwarten können und bla bla... Es wundert einen doch nicht wirklich. Die Linken führen bei mal unterstelltem gutem Willen dennoch genau vor, was alles hakt in der bundesdeutschen Parteiendemokratie.

  • B
    brikan

    Berlin,Berlin wir fahren nach Berlin,bleibt zu hoffen.

  • DR
    Dr. rer. Nat. Harald Wenk

    Die Hartz IV Patrteienn, abbgezockt SPD und GRÜNE gleich mit, haben die intime Kenntnis von Umfrageergebnissen und den in drr BRD einmaligen "Aufsog" der Protestwähler durch die Piraten auf Kosten der LINKEN zu deren Dezimierung in den Landztagen durch VORZEITOGE AUFLÖSUNGEN

    genutzt.

     

    Schon Schröder/Fischer liessen nach Machtkalkül wählen.

     

    So ausgebufft, wie die LINKEN von innen und aussen von den Polit- und Medienprofis sabotiert werden,

    geht es in den meisten Berufen zu. Deshalb kommt man auch damit "durch".

     

    Da der Wähler nach dem 2. Weltkrieg noch nicht einmal die Konversativen "abgestraft" hat, schliesslich hatte die Masse der Wähler mitgemacht,

    ist es mit der "Moral" hier flächendeckend nicht weit her.