was fehlt ...
… der Skandal
Von wegen „mit letzter Tinte“ – Günter Grass scheint noch einiges im Füller zu haben. Keine zwei Monate nach seinem, nennen wir es: kontrovers rezipierten Beitrag „Was gesagt werden muss“ arrangiert er schon wieder Wörter zu Zeilen, nennt es Gedicht und veröffentlicht das dann in der Süddeutschen Zeitung.
Nach den Iranern hat Grass sich dieses Mal ein neues Volk ausgesucht, dem er seine Solidarität bekundet: die Griechen. In „Europas Schande“ beklagt er unter anderem, Griechenland werde „als Schuldner nackt an den Pranger gestellt“ und „unter Schrottwert taxiert“. Auch die griechische Zeitung Kathimerini druckte die Verse am Samstag – kommentarlos.
Wer sich nun aber schon Popcorn geholt hatte, um die nächste, höhö, grasse Debatte zu verfolgen, wird enttäuscht. Anzahl der öffentlichen Reaktionen bis Samstag, 17.27 Uhr: exakt Null. Muss man sich da Sorgen um den alten Mann machen, wenn er nicht mal mehr polarisiert? Stirbt er bald?
Oder legt er nach? Es bleibt die diffuse Angst, dass wir gerade mal das literarische Pre-Cum eines noch viel größeren Ergusses erlebt haben. (taz, dpa)