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Atomares Endlager AsseProbebohrung im Atommüll unterbrochen

Atommüll in Asse, dessen Herkunft und Eigenschaften in weiten Teilen nicht bekannt ist, soll mit Bohrungen erkundet werden. Das hat erstmal nicht geklappt.

Bundesumweltminister Altmaier beim Antrittsbesuch in der Asse vor nicht einmal zwei Wochen. Bild: dpa

WOLFENBÜTTEL dpa | Eine Woche nach Beginn der Erkundungs-Bohrarbeiten im maroden Atommülllager Asse im Kreis Wolfenbüttel sind die Arbeiten dort vorläufig zum Erliegen gekommen. Weiches Bitumen drohe das Bohrloch und den Bohrer zu verschmieren, berichtete die Braunschweiger Zeitung und bezog sich dabei auf Aussagen eines Sprechers des Bundesamtes für Strahlenschutz. Bisher sei der Bohrer sieben Meter in eine Kammer des Atommülllagers vorgedrungen. Bis zum Inneren der Kammer sind es 20 Meter.

Durch die Erkundung der Atommüllkammern soll geklärt werden, ob und wie eine Bergung des Abfalls möglich ist. Der neue Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hatte bei seinem ersten Besuch in der Asse vor anderthalb Wochen per Knopfdruck das Anbohren von Kammer 7 gestartet. Altmaier will das Tempo beim Bergen des Mülls per Sondergesetz beschleunigen.

Geplant war, die 20 Meter dicke Wand binnen sechs Wochen Stück für Stück zu durchbohren. Mit einer Mini-Kamera soll dann erstmals geschaut werden, wie es dort aussieht, ob sich die Abfälle überhaupt noch in Fässern befinden oder ob sie vom eintretenden Wasser bereits aufgelöst worden sind.

Unbekanntes Erbe in der Asse

Die in der Asse lagernden rund 126 000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Atommüll sollen nach Möglichkeit geborgen werden. Doch dafür muss man zunächst wissen, wie es in den verschlossenen Kammern aussieht, in denen der Müll lagert. Das Vorhaben würde mehrere Milliarden Euro kosten. Eine ebenfalls diskutierte Verfüllung würde das Risiko mit sich bringen, dass der strahlende Müll über das Wasser in die Umwelt gedrückt wird.

Die Asse liegt östlich von Wolfenbüttel, knapp 20 Kilometer von Niedersachsens zweitgrößter Stadt Braunschweig entfernt. In dem um 1900 angelegten Salzbergwerk wurde bis 1916 Kali, später Steinsalz gefördert. Anfang der 1960er Jahre wurde die Grube unwirtschaftlich. Die Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung (GSF) erwarb die Asse 1965 im Auftrag der Bundesrepublik für 900.000 Mark, um ein Atommüll-Endlager oder ein Forschungsbergwerk einzurichten. Die Asse war das weltweit erste unterirdische Lager für Atommüll.

Bis 1978 wurden dort rund 125.000 Behälter mit schwach- und 1.300 mit mittelradioaktivem Müll eingelagert. Was genau eingelagert wurde, ist aber unklar - ein weiteres Problem für die Bergung. In das Salzbergwerk dringen täglich rund 12.000 Liter Wasser von außen ein. Nach Pannen und Versäumnissen wurde dem Betreiber GSF, der später im Helmholtz Zentrum München aufging, 2009 die Verantwortung entzogen.

Seitdem ist das Bundesamt für Strahlenschutz zuständig, das dem Bundesumweltministerium untersteht. Das BfS sieht eine sichere Schließung nur mit einer milliardenschweren Bergung als möglich an.

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9 Kommentare

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  • M
    michey

    Ich hoffe nicht, dass dem Betreiber GSF die Verantwortung entzogen wurde sondern viel mehr, dass dem Betreiber die Zuständigkeit entzogen wurde. Die Verantwortung für das, was der Betreiber GSF getan hat, soll er tragen tragen und nicht entzogen bekommen. Das Wort "Verantwortung" wird leider viel zu oft ungenau gedacht und verwendet, deshalb schreibe ich diese Anmerkung.

  • W
    Wiener

    Ziemliche Panikmache in den Kommentaren!

     

    @Klaus K:

    "Über jede gewöhnliche Hausmülldeponie muss der Betreiber genauere Auskunft geben können als die Asse-Gangster über die 126000 reingeschmissenen Fässer."

    Das ist schlicht unwahr. Insbesondere, da die Einlagerung in den 60er Jahren anfing. Ich kenne alte Deponien - ueber die Asse weiss man 100 mal mehr!

     

    @hessebub:

     

    "In dieser Bürokratenrepublik gab es also keine penible ( oder selbt schlampige) Dokumentation über die Einlieferung von Strahlungsmüll"

    Wie penibel waere penibel genug? Wir reden von den 60ern. Da habe andere Laender ihr Zeug ins Meer gekippt! Selbstverstaendlich gab es eine Dokumentation!

     

    @ cyctologie und Aida

    Abfaelle zu Bitumisieren war frueher ueblich. das ueberrascht auch keinen Fachmann und sicher auch nicht das BfS. Es ist halt Pech, dass son Zeug jetzt ausgerechnet im Weg der Bohrung liegt.

     

    @Nicki

    "WEGZIEHEN! ...solange es noch geht."

     

    Was fuer ein UNFUG! Selbst wenn in der Asse das allerallerschlimmste geschieht - also eine ungeplante Flutung - ist der Weg mit dem Auto zur demo immer noch gefaehrlichwer als die Asse. Dass den menschen vor ort politisch motiviert Panik gemacht wird ist allerdings zum Kotzen und verantwortungslos!

  • A
    aurorua

    Womöglich war von Anfang an klar das Wasser eindringt, um dies zu verschleiern wurde, nach Art eines Sandwichs, in die zwanzig Meter dicke Mauer immer mal wieder eine fette Schicht Bitumen als Isolator eingebracht.

  • J
    JanG

    @KlausK und hessenbub

     

    Natürlich gibt es Daten zum Inventar in der Asse. Etwas weniger schimpfen und mal schauen:

     

    http://www.bmbf.de/pubRD/abschlussbericht_inventar_asse.pdf

  • N
    nicki

    WEGZIEHEN! ...solange es noch geht.

     

    Ich kenne Leute, die schon nicht mehr nach Wolfenbüttel ziehen werden und lieber einen unattraktiveren Job anderswo akzeptieren! So weit ist es schon gekommen... Glückwunsch!

  • C
    cyctologie

    bitumen? das klingt wirklich bizarr.

     

    was wurde da eingelagert?

     

    wollte röttgen vllt. einfach nur das mal einer die wahrheit sagt?

     

    bitumen...aus verschwörungstheoretischer sicht gibts schlechtere einstiege in: "die ganz große story".

    die müllmafia vllt?

  • A
    aida

    Bitumen in einem Salzbergwerk?

     

    Mit größtmöglichem Brimborium und Medienbeteiligung startet der neue Umweltminister ein Probebohrung - die dann baldmöglichst scheitert, weil die "Fachleute" auf Bitumen stoßen.

    Also, ihre lieben hochgelehrten Experten: in einem Salzbergwerk gibt es natürlicherweise kein Bitumen.

    Da das Bitumen also logischerweise dahin verbracht worden sein muss, folgt daraus:

     

    Die "Fachleute"

     

    ( ) sind vollkommen ahnungslos

    ( ) sind absolut inkompetent

    ( ) wollen uns verscheissern

  • H
    hessebub

    In dieser Bürokratenrepublik gab es also keine penible ( oder selbt schlampige) Dokumentation über die Einlieferung von Strahlungsmüll in das erste Endlager seiner Art. Glaubt wirklich noch irgendein Mensch angesichts des Schlendrians und der reinen Profitorientierung in der Atomindustrie, diese Technologie sei verantwortbar und wir häötten bisher nicht einfach Glück gehabt, dass kein Supergau in Deutschland stattgefunden hat. Wieviel dieser Milliardenkosten wird eigentlich der Verursacher, wohl primär die Energieindustrie, tragen?

  • K
    KlausK

    Das angebliche Unwissen über die eingelagerten Stoffe ist der größte Skandal. Gibt es da ein Kartell des Schweigens?

     

    Über jede gewöhnliche Hausmülldeponie muss der Betreiber genauere Auskunft geben können als die Asse-Gangster über die 126000 reingeschmissenen Fässer.