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Chaos am BundesgerichtshofSchlammschlacht unter Richtern

Das Verfassungsgericht lehnt mehrere Verfassungsbeschwerden gegen die umstrittene Besetzung des 2. Strafsenats ab. Ein Ende des Dauerstreits ist dennoch nicht in Sicht.

Streitende Bundesrichter: Klaus Tolksdorf (links) und Thomas Fischer. Bild: dpa

FREIBURG taz | Das Bundesverfassungsgericht hat weiteres Chaos am Bundesgerichtshof (BGH) vorerst verhindert. Mit einem Kammerbeschluss haben die Verfassungsrichter nun mehrere Verfassungsbeschwerden abgelehnt, die eine falsche Besetzung des hoch umstrittenen 2. Strafsenats rügen. Doch der Konflikt ist damit nur etwas entschärft, keineswegs gelöst.

Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht der BGH-Richter Thomas Fischer. Er ist ein allseits anerkannter Starjurist, viele halten ihn aber für einen schwierigen Menschen, der nicht zurückstecken kann. Andere glauben, hier werde ein brillanter Jurist vom angeblich eifersüchtigen BGH-Präsidenten Klaus Tolksdorf ausgebremst.

Fischer hatte gute Aussichten, Vorsitzender des 2. Strafsenats zu werden. Doch als er 2008 zum Stellvertreter aufrückte, schieden nacheinander drei von acht Richtern des Senats aus, weil sie mit Fischer nicht dauerhaft zusammenarbeiten wollten. BGH-Präsident Tolksdorf fragte nach – und verschlechterte anschließend die dienstliche Beurteilung Fischers. Als Vorsitzenden schlug er einen anderen Richter vor.

Gegen die Beurteilung klagte Fischer im Oktober 2011 mit Erfolg. Sie sei nicht ausreichend begründet gewesen. Also schrieb Tolksdorf eine neue Beurteilung. Gegen diese hat Fischer im Mai erneut Klage eingereicht. Wann das Verwaltungsgericht Karlsruhe entscheidet, ist noch offen.

Seit Februar 2011 ist nun der Vorsitz des 2. BGH-Strafsenats vakant. Bis Jahresende nahm Stellvertreter Fischer die Position ein. Ab Januar wies das BGH-Präsidium dem Senat einen provisorischen Vorsitzenden zu: Andreas Ernemann, der auch Vorsitzender des 4. Strafsenats ist.

Fischer und zwei andere Richter des 2. Senats halten das für unzulässig und machten das auch öffentlich. Daraufhin erhoben mehrere vom Senat verurteilte Straftäter Verfassungsbeschwerde. Sie seien nicht vom „gesetzlichen Richter“ verurteilt worden. Der Senat stand damit unter dem Damoklesschwert, dass alle seine Urteile rechtswidrig sind. Diese Befürchtung ist nun aber vom Tisch. Das Bundesverfassungsgericht hat die Klagen der Straftäter gegen den Doppelvorsitz Ernemanns abgelehnt. Es komme nicht darauf an, dass der Vorsitzende alle Akten zweier Senate selbst lese, er könne auch mit seiner großen Erfahrung steuern.

Auch eine zweite Rüge der Straftäter wischten die Verfassungsrichter vom Tisch. Weil das BGH-Präsidium mit den Richtern des 2. Strafsenats ein Gespräch über das Besetzungsproblem führte, war der Vorwurf aufgekommen, hier werde in die richterliche Unabhängigkeit eingegriffen. Davon könne bei einem bloßen Gespräch aber nicht die Rede sein, so die Verfassungsrichter, da keine Sanktionen verhängt oder auch nur angedeutet wurden.

Inzwischen hat Fischer Tolksdorf auch noch vor dem Richterdienstgericht verklagt. Der BGH-Präsident habe in den Personalakten von Fischer und seinen Mitstreitern dienstliche Erklärungen zum Besetzungsproblem und dem vermeintlichen Übergriff des Präsidiums nachgelesen. Ein Ende der Schlammschlacht ist nicht in Sicht.

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4 Kommentare

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  • L
    lowandorder

    Christian Rath …"Doch als er 2008 zum Stellvertreter aufrückte, schieden nacheinander drei von acht Richtern des Senats aus, weil sie mit Fischer nicht dauerhaft zusammenarbeiten wollten…"

     

    Mit Verlaub, aber wenn ich's den Gazetten einschließlich der taz richtig entnehme,

    ist das ( …, weil sie…) doch gerade streitig.

    Also der Dreh- und Angelpunkt der Farce.

    Denn die einen sagen so, die andern sagen so.

    Vor allem aber - hat el presidente in seiner ersten Beurteilung gerade das von Ihnen ebenfalls so eindeutig formulierte nach Auffassung des VG Karlsruhe nicht belegen können.

     

    La Betonfrisur, die vormalige Generalbundesanwältin, hat ja zu Fischer

    sehr trocken formuliert:" Dem kann eh keiner das Wasser reichen."

     

    Vorsitzender ist sicher ein vor allem kommunikativer Job, wird vorher meist nicht oder nur unvollkommen gelernt.

    Thomas Fischer scheint aber nur und ganz plötzlich el presidente als

    kommunikativ inkompatibel aufgestoßen zu sein.

     

    Überflieger und Unkonventionelle von (noch) höheren Weihen abzudrängen,

    hat auch in der Justiz eine ungebrochene Tradition.

    Ein Präsident ist dabei ein Zwitterwesen: Beamter wie Richter.

    Klaus Tolksdorf wäre nicht der erste, der daran scheitert.

    So ungeschickt wie er sich in der Personalie bisher eingelassen hat,

    muß man das leider annehmen.

  • V
    viccy

    So sieht also der Fischer aus. Wirklich interessant!

  • OP
    Otto Pardey

    Nach demokratischen,rechtsstaatlichen Richtlinien ist diese politische

    Justiz in Deutschland ueberwiegend eine Fehlbesetzung.

  • W
    Weinberg

    Hackt hier eine Krähe der anderen kein Auge aus?