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Schauspieler Zapatka über „Ulysses“-Hörspiel„Eine Art moderne irische Bibel“

Zwei Jahre Arbeit, 20 Stunden Laufzeit: James Joyce „Ulysses“ kommt ins Radio. Gesprochen von Manfred Zapatka. Der Schauspieler über das Mammutprojekt.

Manfred Zapatka: „Das Hörspiel konzentriert sich auf das schönste Organ.“ Bild: SWR
Interview von Jan Scheper

taz: Herr Zapatka, Sie sprechen in der „Ulysses“-Hörspielfassung vom SWR und dem Deutschlandfunk einen der Erzähler. Die Produktion ist mit über 20 Stunden Laufzeit eine der umfangreichsten, ambitioniertesten und teuersten der ARD-Hörspielgeschichte. Wie sah Ihr Anteil an dem öffentlich-rechtlichen Mammutprojekt konkret aus?

Manfred Zapatka: Ursprünglich war ich eigentlich nur für einige Kapitel als Erzähler vorgesehen. Daraus wurden schließlich zehn von insgesamt achtzehn Kapiteln. Ich habe die Arbeit am Ulysses als riesige Herausforderung empfunden. Mit Regisseur Klaus Buhlert arbeite ich schon seit Langem sehr vertrauensvoll zusammen. Zuletzt haben wir gemeinsam Homers „Ilias“ inszeniert.

Inwiefern war der „Ulysses“ eine Herausforderung?

Der Roman ist letztlich eine Art moderne irische Bibel. Es ist unglaublich, wie präzise und vor allem mit welcher Meisterschaft Joyce Figuren, Orte und Dialekte verknüpft, die einzelnen Stränge der Erzählung ineinander fließen lässt. Seine Beobachtungen sind ungemein lebendig und liebevoll. Es ist trotz ihrer inhaltlichen und sprachlichen Komplexität eine zutiefst menschliche Geschichte. Wenn man so will, die menschliche Odyssee des Lebens. Der bei Homer entlehnte strukturelle Rahmen, der antike Kittel für diesen modernen Roman, besteht zu Recht.

Der Ulysses als zutiefst menschliche Geschichte – fallen Ihnen Beispiele ein, denken Sie an besondere Stellen im Roman?

Beispielsweise die Episode, in der der Protagonist Leopold Bloom eine Beerdigung besucht und über das Sterben als Bestandteil des Lebens reflektiert. Der Tod wird als Bewusstseinsmoment entwickelt. Dies hat mich tief bewegt. Oder das 7. Kapitel, das das Alltagsgeschehen einer Dubliner Tageszeitung einfängt und porträtiert. Mein Vater war Journalist. Joyce trifft genau den Ton, den ich als Kind in der Redaktion aus den Gesprächen meines Vaters und den Unterhaltungen seiner Kollegen herausgehört habe.

Hörspiel und Erzähler

Manfred Zapatka, 69, zählt zu den renommiertesten Schauspielern des Landes. Für die Rolle des alkoholabhängigen Polizisten Jan Haroska in der ZDF-Serie „KDD - Kriminaldauerdienst“ erhielt er 2009 den Bayerischen Fernsehpreis. Mit Regisseur Klaus Buhlert arbeitete er bereits an den Hörspielproduktionen „Moby Dick“ (BR, 2002) und Homers „Ilias“ (HR, DLF, 2008).

Die Hörspielfassung des 1922 erschienenen Romans „Ulysses“ von James Joyce ist eine der umfangreichsten und aufwendigsten Hörspielprojekte in der Geschichte der ARD. Die Kosten der Koproduktion von SWR und Deutschlandfunk gehen in die Hunderttausende. Für die Adaption des Regisseurs Klaus Buhlert wurden 270 Studiotage veranschlagt. Die Arbeit an dem Großprojekt erstreckte sich über zwei Jahre. Viele bekannte Schauspieler wirkten mit, unter anderen Dietmar Bär, Corinna Harfouch, Birgit Minichmayr, Rufus Beck und Josef Bierbichler. SWR2 sendet das „Ulysses“-Hörspiel am 16. Juni, da der Roman an diesem Tag im Jahr 1904 spielt.

Neben zahllosen Hörfunkproduktionen arbeiten Sie auch am Theater und für das Fernsehen. Worin bestehen für Sie, wenn Sie sich einer Rolle widmen, die prägnanten Unterschiede zwischen Film und Hörspiel?

Wenn man ein Buch liest, entstehen im Kopf eigene Räume, eigene Orte und eigene Figuren. Bebildert man – wie im Film – eine Geschichte, wird die Deutung in gewisser Weise schon vorgegeben. Hörspiele sind eine ganz eigene Kunst. Sie leisten eine Konzentration auf das schönste menschliche Organ – die Stimme. Im Film wird das leider oft vernachlässigt. Dort regiert eher der Gedanke, der sich dann in den Gesichtern der Darsteller spiegelt, der in der Mimik und Gestik seinen Ausdruck findet. Das bedeutet nicht, dass ich nicht gern auf der Bühne stehe. Ich liebe es, vor und für das Publikum zu spielen.

Sie haben den Boom des Hörspiels in der Nachkriegszeit erlebt. Seit Beginn Ihrer Karriere sind Sie in zahllosen Produktionen vertreten. Woher kommt diese besondere Affinität?

Im Hörspiel liegt für mich ein ganz persönlicher Ursprung. Schon während meiner Kindheit in Bremen habe ich im Hörfunk die Erzählungen in norddeutscher Mundart verfolgt. Das hatte schon eine identitätsstiftende Qualität. Auf der Schauspielschule in Bochum konnte ich dann mit Sprecherrollen mein erstes Geld verdienen. Hörspiele beziehungsweise Textadaptionen waren und sind für mich immer wieder eine Brücke in literarische Welten, das hat sich bis heute nicht geändert.

„Ulysses“ gilt selbst unter Literaturwissenschaftlern als komplex. Wie intensiv mussten Sie sich mit dem Werk befassen?

Den „Ulysses“ habe ich über die Jahre immer wieder gelesen, auch wegen der wunderbaren Übersetzung von Hans Wollschläger. Letztlich hat mir dies auch die Arbeit erleichtert, Wollschlägers Übersetzung hat den natürlichen Rhythmus des Textes perfekt umgesetzt. Diesem konnte ich dann als Erzähler wie selbstverständlich folgen. Mich hat der Stoff nie richtig losgelassen. Als mich Regisseur Klaus Buhlert – nachdem mein Anteil an der Produktion längst beendet war – anrief und fragte, was ich gerade machen würde, habe ich entgegnet: Du wirst es nicht glauben, aber ich lese Joyce.

Der SWR2 sendet das Hörspiel am 16. Juni ab 8 Uhr.

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2 Kommentare

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  • C
    Choyce

    @ Der Heinz

     

    Gelsen?

    Verstanden?

    Mir scheint, Ihr Fazit träfe eher "Finnegans Wake"?

  • DH
    Der Heinz

    Mal ganz ehrlich, die/der "Uylsses" lebt doch nur vom Mythos, anstatt vom Inhalt. Selbst mit einer Interpretationshilfe, die letztlich mehr ein Versuch einer selben bleibt, ist das Buch ein Rätsel und unverständlich.

    Joyce hat sich mit der Geschichte einen riesen Schwerz erlaubt, um die intelektuelle Kaste und die Herren Literaturwissenschaftler in's Leere laufen zu lassen. DAS könnte man als genial ansehen, aber haben die Literaturinteressierten zu oft ihren Humor zwischen den Seiten der Bücher vergessen und vermuten nun hinter allem und jedem einen (abgrund-)tiefen Sinn. Findet sich keiner, dann zerlegt man Literatur in seine Einzelteile, bildet sich dann ein, irgendwelche historischen Zusammenhänge gefunden zu haben, lobt die Form und schon wird vorgegaukelt, man habe das Buch "verstanden", obwohl das nur eine Beruhigung des eigenen Egos ist, welches mit dem Scheitern an Literatur nicht klar kommen will.

    Solch Menschentum findet sicher auch in der Bedienungsanleitung für eine Bohrmaschine irgendeinen Bezug zur Antike und verkauft diese Erleuchtung dann als großen Wurf.

     

    Aufwachen, Ihr Kopfmenschen!