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Bremer Polizisten fordern Festnahme-HaubeSack übern Kopp und Ruhe

Die Polizei-Gewerkschaft fordert, Gefangenen eine Haube überziehen zu können, als Spuck-Schutz. Innensenator und Politiker sind skeptisch - wegen Guantanamo.

Viele, die von Häftlings-Hauben hören, denken an Bilder von Guantanamo-Häftlingen, wie hier bei einer Protest-Aktion. Bild: dpa

BREMEN taz | Die Arme auf dem Rücken mit Handschellen gefesselt, über dem Kopf des Gefangenen ein schwarzer Sack: Man kennt diese Bilder aus Afghanistan, dem Irak oder aus Guantanamo. In Bremen nun fordert die Gewerkschaft der Polizei (GDP) eine „Spuckhaube“, die Festgenommenen übergezogen werden soll. Sie soll PolizistInnen davor schützen, angespuckt zu werden. Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hält eine solche „Haube“ für Häftlinge bislang allerdings für keine gute Idee: zu stark seien die Assoziationen mit Häftlingen wie in Guantanamo.

Als „eine Kapuze, die vorn geschlossen ist“ beschreibt Horst Goebel, GDP-Vorsitzender in Bremen, die Haube. Andere sprechen von „einer Art Jute-Beutel“, der den Delinquenten bis zur Schulter übergezogen werden soll. Solche Beschreibungen lassen erahnen, warum „politische Vorbehalte“ bestünden, wie es Innenressort-Sprecher Rainer Gausepohl formuliert. Obgleich Innensenator Mäurer das Bedürfnis der Polizei nach einem solchen Schutzmittel gut verstehen könne. „Das Spucken kommt häufig vor“, so Gausepohl, die Hauben seien bereits Thema eines Arbeitskreises der Innenministerkonferenz gewesen. „In anderen Ländern wird es eher kommunal, auf Ebene der Polizeidirektionen diskutiert.“ Eben wegen der Assoziationen mit Guantanamo, die in der Öffentlichkeit aufkämen, sei eine Spuckhaube wohl in Bremen aber in den Regierungsfraktionen „nicht durchsetzungsfähig“.

Für den grünen Innenpolitiker Björn Fecker muss die Verhältnismäßigkeit geprüft werden. Sükrü Senkal, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion hält das Anspucken für „ein ernstes Problem“, dem man begegnen müsse. Eine Haube aber, die man über den Kopf zieht, sieht er kritisch. „Die, die ich kenne, ist nicht akzeptabel, weil sie komplett verschlossen und zu ist. Wir haben den Senator beauftragt, andere Varianten zu prüfen“, so Senkal.

Die „Fachgruppe Schutzpolizei“ der GDP hingegen plädiert weiterhin für einen Kopf-Sack als „adäquatem Schutz“. Mit einem Flyer reagiert sie auf die Kritik: „Spuckhauben=Guantanamo??? Nein!“, heißt es darin. Und: „Die Politik muss jetzt Flagge zeigen.“ Bislang würde den KollegInnen verweigert, sich vor fremdem Speichel zu schützen. „Ekelig“ und „beleidigend“ sei der, vor allem aber ansteckend, Spuckhauben dagegen ein „mildes Einsatzmittel“.

Schlechte Assoziationen, das Außenbild der Polizei, all das sei den KollegInnen der Fachgruppe durchaus nicht egal, so GDP-Vorsitzender Goebel. Die Haube sei sehr weit, sitze nicht fest und es scheine Licht hindurch. Auch solle sie nur eingesetzt werden, wenn die Gefahr des Anspuckens bestehe. Wann das der Fall sei, müsse man der Erfahrung der Kollegen überlassen. „Einem Ladendieb, der friedlich ist, wird man nicht zwangsläufig eine Haube aufsetzen“, so Goebel.

Thomas von Zabern von der Humanistischen Union sieht darin ein Problem: „Immer, wenn die Polizei neue Einsatzmittel oder Befugnisse bekommt, werden sie auch eingesetzt.“ Eine Haube, die einem die Sicht nimmt und womöglich das Atmen erschwert hält er für Folter.

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13 Kommentare

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  • B
    batzigoruniadolofoni

    Vielleicht sollte man lieber darüber nachdenken, Polizisten vor Einsätzen Prügelschutzsäcke überzuwerfen, damit sie daran gehindert werden, Demonstranten blutig zu schlagen. Ich habe in meinem Leben schon sehr viel Blut gesehen und in den allermeisten Fällen ging die Gewalt von der Polizei aus. Menschen, die diesen Beruf praktizieren brauchen sich nicht wundern, wenn sie auch mal ein bisschen Sabber abbekommen.

  • L
    @leserin

    kleingärtner (2. Kommentar) wollte sicher nur Werbung für die Seite www.musel.de machen. Ansonsten plädiere ich dafür, die beiden Polizeigewerkschaften endlich durch den Verfassungsschutz (solange es ihn noch gibt) beobachten zu lassen.

  • T
    tutnichtszurSache

    Ich finde es gerade interessant zu sehen, dass die TAZ hier Guantanamo-Zustände "ankündigt". Wer bei namhaften Suchanbietern "Spuckhaube" eingibt bekommt etwas ganz anderes zu sehen. Wichtigster Unterschied: Es wird nichts gefordert, das den Betroffenen das Blickfeld versperrt. Und wenn es schon um Bremen geht, lohnt auch ein Blick in die dortige lokale Zeitung.

  • B
    Bürger2012

    Jeder der einmal von einem betrunkenen oder kranken Täter angerotzt wurde, kennt den Ekel und kein Polizeibeamter muss sich meiner Meinung nach dieses Verhalten gefallen lassen. Vielleicht vergessen einige " Gutmenschen ", dass hier u.a. Krankheiten übertragen werden können ( z.B. Hepatitis ).

    Wer spukt / rotzt hat durch sein Verhalten die Ursache gesetzt und da ist ein " Sack " doch ein vertretbares Mittel vor deren Verwendung sich die Verantwortlichen, die nicht mit derartigen Klientel zu tun haben, nicht drücken sollten.

  • E
    ella

    das aller letzte.die sollten selber mal hinter gitter!

    oh du schöne welt-ruhe in frieden

  • U
    unpolitisch

    Ich finde die Forderung berechtigt. Und all diejenigen, die hier von "Taucherbrillen", "faschistoid"er Forderung und der Übernahme "der Drecksarbeit durch Ein-Euro-Jobber sprechen, sollten sich einfach mal vorstellen, dass ihnen ins Gesicht gespuckt wird - von Menschen, die teilweise mit hoch ansteckenden Krankheiten infiziert sind. Und das ganze nicht etwa zu einem Gehalt, wie es der Senator bekommt und verbunden mit tausenden Überstunden, Schichtdienst und der täglichen Gefahr verletzt oder in Ausübung seines Dienstes getötet zu werden.

     

    Polizist möchte ich nicht sein und ich habe vor denen, die ihren Dienst vernünftig machen größten Respekt.

  • C
    ChrisC

    Es geht hier eben nicht darum jemanden einen Sack über den Kopf zu ziehen, sondern um eine speziell für diesen Zweck entwickelte Haube. Diese Hauben sind so konstruiert, dass sie die Atmung nicht beeinträchtigen und dem Betroffenen auch nicht die Sicht nehmen, aber zuverlässig verhindern, dass der Betroffene die Einsatzkräfte oder andere anwesende Personen anspucken kann.

     

    Hier mal ein Link um zu zeigen wovon überhaut die Rede ist: www.cop-gmbh.de/product_info.php/products_id/3894/Schutzhaube-NIK-70-HOOD.html

  • M
    marie

    das ist so lächerlich^^ demnächst fordern sie ,dass ein Euro Jobber ihre Drecksarbeit übernehmen.

  • RD
    Rolf D Jacke

    Unsere Politiker sind wie immer ein wenig befremdlich in ihren Entschidungen, was hat ein Polizeieinsatz in Deutschland mit Guantanamo zu tun! Schon während des finsteren Mittelalters war bekannt, das ein Sack über den Kopf einen Delinquenten beruhigt, wer nichts sieht, der macht keinen Unsinn um sich nicht zu verletzten! Ich kann mir schon vorstellen, das die Pollizisten das gut finden! Früher war Polizist sein ein Traumberuf, hervorragende Bezahlung usw! Aber heute nicht mehr, schlechte Bezahlung, keine bezahlten Überstunden, kein Urlaubs und Weihnachtsgeld, denn die Politik muß seit Jahrzehnten sparen, aber wenn es um Diätenerhöhungen geht, dann ist natürlich genug Geld da!

    Das die teilweise zu unrecht einsitzenden Menschen in Guantanamo schwarze Kapuzen tragen, ist so pervers es klingen mag, zu ihrem besten, wie schon erwähnt, wer nichts sieht läßt sich brav führen, aus der Urangst, sich nicht zu verletzten! UND angespuckt werden, ist auch nich nett! Ich versteh allerdings auch nicht, warum die Polizei keine Namensschilder tragen möchte, als Soldat der Bundeswehr, ist man verpflichtet ein Namensschild zu tragen, weltweit!

  • L
    Leserin

    @Kleingärtner: Was sind "Musels"?

  • T
    Tomaten

    Das ist faschistoid, dass ist total krank!

  • K
    Kleingärtner

    Warum nicht?

     

    Gegen gewalttätige junge Musels

    und sonstige Messerhelden

    ganz sicher ein bewährtes Mittel.

  • V
    Viersaiter

    Ich fordere Mundschutz und Taucherbrillen fuer Polizisten...als Gegenmassnahme.

     

    Die ticken doch nich mehr sauber.

    *Kopf schuettel*