Der große EM-Wodka-Vergleich: Horilka und Zubrowka
In der Ukraine isst man zum Wodka Hering und Salzgurken. In Polen schützt er vor Sonnenbrand. Der große Vergleich des inoffiziellen EM-Getränks.
Ukraina: Wie Feuer
Wodka heißt auf Ukrainisch nicht Wodka, sondern Horilka, was so viel wie „brennende Substanz“ bedeutet. Genau dieses Gefühl stellt sich auch ein, wenn die hochprozentige Spirituose durch die Kehle rinnt.
In der Ukraine ist am Horilka kein Vorbeikommen. Egal ob morgens, mittags oder abends – mindestens einer geht immer. Das geht so: Der Gastgeber schenkt den ersten ein – wenn er human ist, in ein Schnapsglas, das aber durch beliebig größere Behältnisse ersetzt werden kann. Wer nicht auf ex trinkt, gilt als schwach und unhöflich. Wer das Zeug auf einen Zug kippt, hat gleich den nächsten drin – erst im Glas, dann im Magen.
Flankiert wird die Verkostung durch mehr oder minder sinnige Trinksprüche und mit einem kleinen Snack in Form von Salo (fettem ukrainischem Speck), Hering und eingelegten Salzgurken. Damit wird die notwendige Grundlage für weitere Geselligkeit geschaffen.
Dutzende verschiedene Sorten – teilweise mit Aromen wie Honig, Pfefferschote oder Birkensprossen – sind im Um- und Durchlauf. Sie heißen „Hetmann“ (ein Kosakenführer aus dem 17. Jahrhundert), „Kosatzka Rada“ (Kosakenrat) oder „Chlibnyj Dar“ (Eine Gabe des Brotes).
Kürzlich berichtet ein Ausländer im Netz von seinen Erfahrungen mit der ukrainischen Trinkkultur. Nach dem ersten Gelage wäre er fast draufgegangen. Am nächsten Tag versuchte er mit seinen Saufkumpanen dem Kater beizukommen – mit Horilka. Seine Erkenntnis: „Dann wäre ich doch lieber gestern gestorben.“ KATERINA MISHCHENKO
Polska: Wie Wasser
Dieses königliche Destillat, produziert aus schlesischen Kartoffeln, wird in Polen schon mit der Muttermilch aufgesogen. Jeder Schluck des wärmenden Getränks erinnert die Polen an die frühe Kindheit, als sie zum Frühstück die Haferflocken mit Wasser und einem kräftigem Schuss Büffelgraswodka schlürften. Mmmh, diese Würze des Grashalms!
Fun fact: In Deutschland ist der Büffelgras-Wodka unter dem Namen Grasovka bekannt. Der polnische Name Zubrowka (Gesprochen: Djschubrrruwga) ist nicht für die deutsche Zunge gemacht. Umso mehr für den deutschen Gaumen.
Die Deutschen lieben den Wodka und die Polen, die ihn trinken. Forscher haben herausgefunden: Polnischer Wodka schützt vor Sonnenbrand. Warum sonst sollten die Deutschen so viele polnische Bau- und Feldarbeiter einstellen, bilanziert die Studie des Kowalski-Instituts.
Den Lecker-Schmecker-Schnaps kann man wie Wasser trinken. Deshalb auch die Übersetzung: Woda, das Wasser, und Wodka, das Wässerchen. Im Ländervergleich zeigt sich die deutsche Sparsamkeit. Während die Deutschen das Getränk in homöopatischen 20-Milliliter-Schnapsglas-Mengen verzehren, trinken die östlichen Nachbarn es aus dem Bierglas. Oder selbstgebrannt aus der Badewanne.
Polnischer Wodka kann alles. Krankheiten heilen, Kriege verhindern, die Deutschen ein Halbfinale gewinnen lassen. Und das Beste: Er hilft, sich selbst nicht immer zu ernst zu nehmen. SVENJA BEDNARCZYK
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trumps Krieg gegen die Forschung
Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Altvordere sollen Linke retten
Hoffen auf die „Silberlocken“
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“