DIE WAHRHEIT: Luftloch im Schacht
NEUES VOM BUNDESNIXDIENST Und wieder eine Schlapphutschlappe.
Das größte Bauprojekt des Bundes, das aus dem Ruder läuft, ist nicht der viel belachte Willy-Brandschutzflughafen BER, sondern das Projekt „Schlapphut“, der Umzug des Bundesnachrichtendienstes von Pullach bei München ins Reich der Mitte von Berlin, dem wir uns immer wieder und gern widmen (Die Wahrheit berichtete am 20. 7. 2011 und am 23. 11. 2011).
Ein Jahr später als geplant soll die Übersiedlung der Spione nun vonstatten gehen, munkeln dunkle Quellen. Dabei hatten sich schon alle Insassen Berlins auf die 4.000 neuen Agenten gefreut: Die Verkleidungsabteilung des Scherzartikelfachgeschäfts „Deko-Behrendt“ in Schöneberg wie die zahlreichen Gegenagenten-Agenturen und die Kostümverleihe der Stadt. Grund der Terminverschiebung seien „Mängel bei den raumlufttechnischen Anlagen“ wie die Berliner Morgenpost berichtet.
Gut, die Begründung ist nicht sonderlich originell, etwas Ähnliches kennen wir ja schon vom Flughafen-Desaster, aber die weitere, nachgeschobene Begründung lässt dann doch aufhorchen: Eine nicht näher bezeichnete Firma hatte die Lüftungsanlage nicht normgerecht eingebaut und weigerte sich anschließend, die Pfuscharbeit sachgerecht nachzubessern. Die Firma hat sich geweigert nachzubessern? Ja, richtig gelesen! Gibt es denn beim BND keine Abteilung „Androhung von roher Gewalt“, die mal kurz bei der zuständigen Firma Überzeugungsarbeit leistet? Sollten alle Rohlinge ins Rocker-Milieu abgewandert sein? Sollten beim BND wie bei der deutschen Nationalmannschaft nur noch Milchbubis und Schönwetterspieler ihre Arbeit verrichten? Wo sind die Angriffsspitzen, die dahin gehen, wo es wehtut? Oder ist besagte Firma etwa die Firma? Sollte der Krake Stasi seine beiseitegeschafften Millionen dazu verwenden, den Einzug der verhassten Pullach-Truppe in die Hauptstadt der DDR zu torpedieren?
Das würde erklären, warum dazu die neuralgischen „raumlufttechnischen Anlagen“ lahmgelegt werden, denn diese sind ja das Herzstück jeder Geheimdienstzentrale, denn in den labyrinthischen Lüftungsschächten müssen sich ja die Agenten und Gegenagenten ihre beliebten Verfolgungsjagden liefern!
Ohne Lüftungssystem kann kein geregelter Agentenbetrieb stattfinden, so viel ist klar. Die Folgen des lüftungstechnischen Sabotageaktes der Gegenseite sind schmerzhaft: Enttäuschung macht sich breit bei unseren Nachwuchsagentenaspiranten. BND-Präsident Schindler beklagt öffentlich, dass seine Behörde regelmäßig junge Mitarbeiter verliert, die mit Aussicht auf einen interessanten Arbeitsplatz beim BND angeheuert hatten. Anstatt diese jungen Fachkräfte bei der Arbeit für die gerechte Sache in den verzweigten Lüftungssystemen seines Neubaus zu verlieren, gehen die Mitarbeiter durch schlichte Abwerbung an andere Arbeitgeber wie KGB, CIA und Stasi verloren!
Und was tut die BND-Führung in dieser prekären Gesamtsituation? Werfen wir einen Blick auf die geheime Website des BND (www.BND.de): „So viel Transparenz wie möglich, so viel Geheimschutz wie nötig“, verspricht dort BND-Chef Schindler blumig. Doch über die Problematik der Luftschächte schweigt er. Kein Wort zu der Verzögerungen und Verteuerungen seines Projekts. Und geben wir in der Suchfunktion die Begriffe „Lüftung“ und „Maulwurf“ ein, kommen wir zu dem immer gleichen Ergebnis: kein Treffer. Offensichtlich wird hier Transparenz kleingeschrieben. Und bis die Piraten in den Neubau einziehen, die jede geheime Aktion in die Welt twittern, möchte doch niemand warten.
Da können auch die 14.000 Fenster, die in das Gesamtprojekt eingebaut werden, wenig versöhnen, und schon reden feindliche Geheimdienste sorgenvoll über Verdunklungsgefahr, denn wer soll all die Fenster putzen? Dazu kommt dann noch eine Fassaden-„Bekleidung aus matt glänzenden Aluminiumblechen, die je nach Lichtverhältnis ein sich ständig änderndes kontrastreiches Bild erzeugen“ (Eigenwerbung BND). Wie soll da die Gegenseite ordentlich arbeiten? Wo bliebt der heitere, unbeschwerte Gesamteindruck des Sommermärchens von 2011, als auf der Baustelle alle Baupläne verschwanden, in denen laut Focus die Lage von Sicherheitsschleusen, Notausgängen und Toiletten verzeichnet waren?
Sollte BND-Chef Schindler nicht endlich von seiner sturen Raumdeckung auf ein flexibles Lüftungssystem umstellen, das dann ganz individuell genutzt werden kann? Denn wenn schon spitzeln, sollte der BND transparent und flexibel spitzeln, anders können wir nicht wieder zur Weltspitze aufschließen!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!