Kieler Regierung verhindert Kohlekraftwerk: Kein Rußmonster in Brunsbüttel
Der Bau des größten deutschen Kohlekraftwerks an der Elbmündung hat sich erledigt. Dem Investor SWS ist der politische Widerstand der neuen Kieler Regierung zu groß.
HAMBURG taz | Rainer Kübler muss zur Kenntnis nehmen, dass sich der Wind in Schleswig-Holstein gedreht hat: „Wir bauen kein Kohlekraftwerk gegen den Willen der Landesregierung“, teilte der Aufsichtsratschef der Südweststrom GmbH (SWS) am Donnerstagnachmittag mit. Damit sind die Pläne für das größte Steinkohlekraftwerk Deutschlands an der Elbmündung bei Brunsbüttel endgültig begraben.
Der Kieler Energieminister Robert Habeck (Grüne) freute sich über die Entscheidung: „Kohlekraft hat keinen Platz in der künftigen Energieversorgung in Schleswig-Holstein“, erklärte er. Die seit Mitte Juni regierende Dänenampel aus SPD, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW) hatte sich gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke ausgesprochen.
In einer seiner ersten Amtshandlungen hatte Habeck SWS am 17. Juni aufgefordert, die Planungen für den Kohlemeiler in Brunsbüttel einzustellen. Zudem teilte er mit, er wolle die am Jahresende auslaufende Kaufoption für das Werksgrundstück nicht verlängern. Diese fiele damit an das Land zurück.
Damit setzte Habeck den Investor unter Zugzwang, nach vierjährigem Zögern mit dem Bau zu beginnen – oder auszusteigen. SWS-Geschäftsführerin Bettina Morlok bedauerte „die ständigen Richtungswechsel und Verzögerungen von Entscheidungen in der deutschen Energiepolitik“. Angesichts des Widerstands in Kiel werde sie aber „nicht weiter für das Projekt kämpfen“.
CO-Emissionen von Schleswig-Holstein verdoppelt
In unmittelbarer Nähe zu dem vor einem Jahr stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel wollte SWS einen Kohlemeiler mit zwei Blöcken zu je 900 Megawatt errichten. Er wäre leistungsstärker gewesen als das im Bau befindliche Vattenfall-Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg oder das wenige Kilometer von Brunsbüttel liegende größte deutsche Atomkraftwerk Brokdorf. Mit einem geschätzten Ausstoß von jährlich etwa zehn Millionen Tonnen Kohlendioxid hätte der Meiler die CO2-Emissionen des Landes Schleswig-Holstein verdoppelt.
Trotz wachsender Kritik in Schleswig-Holstein und von sämtlichen Umweltverbänden hatten die Süddeutschen lange an dem 3,2-Milliarden-Euro-Vorhaben festgehalten. SWS ist die Dachorganisation von mehr als 70 Stadtwerken und kommunalen Verbänden vor allem aus Baden-Württemberg.
Doch wegen der Energiewende verabschiedeten sich 2011 die ersten 20 Stadtwerke aus dem Projekt, Anfang 2012 folgte mit Repower aus der Schweiz ein Großgesellschafter, vor zwei Wochen waren auch die Tübinger Stadtwerke des grünen Oberbürgermeisters Boris Palmer ausgestiegen. Der jetzt gezogene Schlussstrich war deshalb erwartet worden.
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