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Korruption im BundestagZwischen Sudan und Syrien

Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zur Abgeordneten-Korruption fiel kritisch aus. Es sollte unter Verschluss bleiben.

Korruption: Kein wirksamer Schutz im Deutschen Bundestag. : dpa

BERLIN taz | Man muss kein Knecht des Kapitals sein, um sich korrumpieren zu lassen. Abgeordnete des Bundestags dürfen Geld von Lobbyisten annehmen, um deren Interessen zu vertreten. Nur direkter Stimmenkauf ist nach § 108e StGB strafbar.

Ein neues Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags nennt die deutschen Gesetze gegen Korruption von Abgeordneten „symbolisch“ und „bedeutungslos“. Deutschland weigert sich beharrlich, das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption aus dem Jahr 2003 zu ratifizieren und ist damit „guter“ Gesellschaft – von Myanmar, Sudan, Saudi-Arabien, Nordkorea und Syrien.

Das heikle juristische Gutachten sollte sogar geheim bleiben, weil es angeblich gegen das Urheberrecht verstoße, es zu veröffentlichen. Das Blog netzpolitik.org hat das Dokument dennoch publiziert und beruft sich auf ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts: Das Informationsfreiheitsgesetz erfasse auch Dokumente des Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages.

Keine Besserung in Sicht

Das Gutachten findet klare Worte: Die Gesetze böten „zahlreiche Umgehungsmöglichkeiten“ und spiegelten „die gesellschaftspolitische Realität der stetig zunehmenden Einflussnahme auf Parlamentarier nicht adäquat“ wider. Besserung ist nicht in Sicht. Derzeit seien „keine aktuellen Initiativen der Großen Koalition zur Reformierung des § 108e StGB bekannt.“

Niemand hat offenbar die Absicht, Bestechlichkeit und Korruption von Abgeordneten unter Strafe zu stellen. Das ist verständlich, würde Gesetze, wie sie in allen anderen Ländern Westeuropas üblich sind, doch das spezielle deutsche System der Parteifinanzierung und des verdeckten Lobbyismus aushebeln. Die Staatengruppe gegen Korruption (Greco) hatte schon 2009 in seinem „Compliance Report on Germany“ appelliert, endlich auch das vom Europarat initiierte Strafrechtsübereinkommen über Korruption zu ratifizieren, stieß aber beim Bundestag auf taube Ohren.

Volker Kauder, der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, versteht gar nicht, warum Lobbyismus und indirekte Käuflichkeit der Politik verwerflich sein sollen: „Ich habe Kontakte zu halten zu Interessengruppen. Das wäre alles nicht mehr möglich, Politik würde nicht mehr funktionieren können.“ Und Peer Steinbrück, designierter Kanzlerkandidat der SPD, sagt es frei heraus: „Ich glaube, dass es Transparenz nur in Diktaturen gibt.“

Von der Politik nicht gewollt

Die Fraktionen der Grünen und der Linkspartei haben jeweils Gesetzentwürfe vorgelegt, um die internationale Maßgaben umzusetzen. Die Mehrheit von CDU/CSU, SPD und FDP im Innenausschuss des Bundestages lehnte alles ab. Auch ein verbindliches Lobbyistenregister, das es etwa in den USA gibt, wird von der deutschen Politik mehrheitlich nicht gewollt.

Die lasche deutsche Haltung zum Thema und die fehlenden Mindeststandards werden mittlerweile sogar von Vertretern der Wirtschaft kritisiert. Der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) hat die Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption durch den Bundestag dringend angemahnt. Der gegenwärtige Zustand schade den Interessen des deutschen Exports.

Die Diskussion um die „Nebenverdienste“ der Abgeordneten bewegt sich daher im Kreis, solange die gesetzliche Grundlage fehlt, die bestimmt, was unter „Korruption“ zu verstehen und ob das strafbar ist. Dazu kommt, dass diejenigen, die sich am meisten gegen Anti-Korruptionsgesetze wehren, gleichzeitig darüber entscheiden sollen. Das macht die Böcke zu Gärtnern der politischen Landschaftspflege.

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6 Kommentare

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  • I
    Irmi

    Der bestens verdienende und Liebling von Frau Merkel sagt zu dem Thema Korruption in der Politik:

    Er verstünde gar nicht warum Lobbyismus und indirekte Verkäuflichkeit sein sollte.

     

    Das sagt doch alles !

     

    Hr. Steinbrück, der als Bundeskanzler mehr Geld haben will sagt: Er glaube, das Transparenz nur in Diktaturen gibt.

    Ich dachte bislang, das Transparenz gleich Ehrlichkeit wäre, sah das als Markenzeichen einer DEMOKRATIE. So leben wir also bereits in einer Diktatur.

     

    Die Parteien CDU, CSU, FDP und Spd wollen nicht mal die Lobbyistenliste anerkennen, was auch Transparenz wäre, denn dann könnte das vermeintlich so verdummte Volk erfahren was Sache ist.

  • I
    Irmi

    10.10.2012 19:26 UHR

    von reiner tiroch:

    es wundert mich auch nicht, dass nie ein politiker auf den Steuer CD´s gefunden wird, obwohl es laut Schweiz hunderte sein sollen.

    Meine Meinung dazu:

    Weil Politiker Immunität genießen, da wissen die ihnen kann nichts passieren. Was immer sie tun, wir werden es nie erfahren. Nur Giesy hat man dieses Recht genommen, dem will man ja unbedingt was anhängen aus der DDR Zeit. Denke mal was Giesy betrifft sollten sie viele aus der ehemaligen DDR selbst an der Nase packen. Jetzt jedenfalls ist er ein streitbarer Politiker mit einem enormen Wissen.

  • P
    Peter

    Und diese, man darf sie wohl so nennen, korrupte Politik mit Politikern, bestimmen was Recht und Unrecht ist und wirken mit Handlungsanweisung direkt in die Judikative, europaweit.

    Es war bekannt das die Gewaltenteilung inexistent, ein theoretisches Gebäude ist.

    Nachdem die Politik korrupt scheint, dürfte wohl auch behauptet werden das die Justiz sekundär korrupt, ein Handlanger ist.

    Die Justiz als williges Machtinstrument ohne Zähne?

     

    Deutschland scheint ein Motivationsirrtum zu sein, Systempolitiker entwickeln eine Nomenklatura mit einem Index Librorum Prohibitorum.

  • G
    Gerd

    Jedem Leser, jeder Leserin mit demokratischem Sachverstand wird nach dem Lesen des Artikels klar, dass nur Parteien wählbar sind, die sich aktiv und inhaltlich gegen Filz und Vetternwirtschaft wenden. Genannt wurden zwei Parteien - da sollte für jede(n) etwas dabei sein. Wer anders wählt bekennt sich zu Deutschland als Bananenrepublik. Ungefähr so schlau wie die Gänse, die vor Weihnachten laut "Ach was geht's uns gut" gnattern...

  • RT
    reiner tiroch

    es wundert mich auch nicht, dass nie ein politiker auf den Steuer CD´s gefunden wird, obwohl es laut Schweiz hunderte sein sollen. Verschlußsache? wegen vorheriger Sichtung? ein Schelm der böses dabei denkt.

  • E
    eisvogel

    Das erklärt, warum die Lobby für Natur - und Umweltschutz keine Chance bei den meisten Parlamentariern hat: zu idealistisch