Schwarzenegger auf der Buchmesse: Hasta la vista, Baby
Aufregung in Frankfurt: Arnold Schwarzenegger stellt auf der Buchmesse seine Autobiografie vor. Er ist der beste Selbstvermarkter.
Um Punkt 14 Uhr fuhr vor dem zentralen Forumsgebäude auf dem Gelände der Frankfurter Buchmesse eine amerikanische Limousine vor, ein zweiter Wagen mit Security dahinter. Die deutschen Polizisten waren einen Moment lang mal aufgeregt. Schaulustige hielten ihre Handys im Fotomodus in die Luft. Ein Bodyguard sprang aus dem hinteren Wagen, Sonnenbrille, Knopf im Ohr, riss dann eine Tür der Limousine auf.
Heraus stieg – ein rotwangiger Herr leicht untersetzten Körperbaus. Nein, das war nicht Arnold Schwarzenegger. Der Terminator sollte im ARD-Forum auftreten. Man hatte gehofft, seine Ankunft zu erhaschen. Enttäuscht steckten alle ihre Handys wieder ein. War wohl nur ein Staatsgast, der neuseeländische Ministerpräsident oder so.
Wobei der Auftritt des diesjährigen Gastlandes der Buchmesse schon etwas hat. Wenn man durch das Erdgeschoss des Forums hindurchgeht, wo die ARD in Arnold-typischer Think-big-Manier die ganze Halle zur Bühne für ihre Live-Übertragungen gemacht hat, und wenn man dann zwei Rolltreppen nach oben nimmt, kann man sich von Neuseeland ein bisschen verzaubern lassen.
Man kommt in eine dunkle Halle (bei den Antipoden ist ja auch gerade Nacht) und wird erst mal gewarnt, nicht ins Wasser zu treten. Die ganze Halle ist ein Bassin, eine große Insel wurde in seine Mitte platziert. Und dort läuft dann eine hübsche Multimediaperformance. Von den Maori-Mythen bis zum heutigen Großstadtverkehr. Etwas viel Maori-Mythen allerdings. Sie lassen sich touristisch gut vermarkten.
Das Ganze hat etwas von Budenzauber, aber es funktioniert. Man schnappt den Satz auf: Lange, bevor es Bücher gab, hat es Geschichten gegeben. Das war auf die Mythen gemünzt. Man könnte es aber auch auf die hier in Frankfurt allgegenwärtigen Diskussionen um die Zukunft der Buchbranche beziehen. Die E-Book-Fraktion könnte anfügen: Und noch lange nachdem es Bücher gegeben haben wird, wird es Geschichten geben. Als Dateien nämlich. Aber so ganz durchsetzungsfähig wäre diese Ergänzung noch längst nicht. Manche Verleger werden bei der schieren Erwähnung von E-Books immer noch so wütend, wie die Maori-Folkloretanzgruppe bei der Aufführung ihrer traditionellen Kriegstänze auf dem zentralen Messeplatz aussieht.
„The Future of Publishing“
Der Hanser-Verleger Michael Krüger zum Beispiel hielt auf der inoffiziellen Eröffnung der Messe am Dienstagabend im Hotel Frankfurter Hof – bei der offiziellen Eröffnung im Kongresszentrum sagte Guido Westerwelle etwas über die Bedeutung Europas, das im Buchkontext niemand interessierte – mal wieder eine seiner Abschiedsreden. Früher, als er noch jung war, war alles rund um die Literatur noch toll und aufregend; heute, wo er vor seinem Ruhestand steht (ein Jahr will die Verlegerlegende bei Hanser noch machen), ist alles nicht mehr so gut.
Diese Rede hält Krüger derzeit gefühlt alle sechs Wochen, nun also auch auf der Messe. Man hört sich das freundlich an und hofft dabei wirklich sehr, dass er bei der Weitergabe seines Lebenswerks und seiner gewaltigen Erfahrung an seine Nachfolger mindestens genauso sorgfältig und offen vorgeht wie bei der eigenen Übergangsarbeit von einem Lebensabschnitt zum anderen.
Bis vor zwei Jahren wurde diese inoffizielle Eröffnung noch vom Berlin-Verlag ausgerichtet. Dieses Jahr sind Jakob Augstein und sein Freitag sowie der Murmann-Verlag eingesprungen. Herzlichen Dank! Aber wie der Claim „The Future of Publishing“ mit dem Redner Michael Krüger und danach mit einer Drei-Mann-Retro-Combo mit Schlagbass und Evergreens zusammengehen soll, das müssen sie einem mal erklären.
Arnold Schwarzenegger ist dann doch noch gekommen. Moderator Dieter Moor kündigt ihn an. Brechend voll ist die Halle. Schwarzenegger sagt Sätze wie „Hasta la vista, Baby“ und „I’ll be back“ und redet dann ernsthaft über den größten Film von allen, sein Leben. Nur ein bisschen gejetlagt wirkt er, als er in Frankfurt eine seiner bekanntesten Rollen spielt: Er ist der beste Verkäufer seiner selbst. Die Autobiografie, die er geschrieben hat und hier vermarktet, ist aber wirklich gar nicht so schlecht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Telefonat mit Putin
Falsche Nummer
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen