Journalistenpreis für Comedy-Show: Humor ohne Not
Nach dem Deutschen Fernsehpreis gewinnt die „heute-show“ auch den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis. Der geht eigentlich an Journalisten.
Deutschland ist vernarrt in die „heute-show“. Nach der eine Spur zu hysterisch abgefeierten Moderation des Deutschen Fernsehpreises – Wahnsinn! Selbstironie! Vom ZDF! – ist das Team der satirischen Nachrichtensendung um Oliver Welke am Mittwoch mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für Fernsehjournalismus ausgezeichnet – und damit in den Olymp der Welterklärer aufgenommen worden.
Zu den bisherigen Preisträgern zählen Auslandskorrespondenten sowie Moderatoren von Polittalks und Nachrichtenmagazinen. Humor spielte als Auswahlkriterium bisher keine Rolle – warum auch? Ging ja um Informationsvermittlung. Und Haltung.
Doch offenbar ist der Jury die neue Lockerheit zu Kopf gestiegen, in die Deutschland seit dem „Sommermärchen“ 2006 mindestens so vernarrt ist wie derzeit in die „heute-show“: Wir sind doch nicht so humorlos und bieder, wie wir glauben, dass die ganze Welt glaubt, dass wir sind.
Die Auszeichnung für Welke und sein Team bedeutet keine Öffnung des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises, sondern dessen Verwässerung, eine nichtsnutzige Anbiederung an den Heiterkeitswahn (und war nicht gerade Anbiederung dem Namengeber zutiefst zuwider?). „Wir waren alle sehr überrascht, denn der Preis ist ja für Journalisten. Und so hatten wir uns noch gar nicht gesehen“, sagte Welke.
Hoffentlich bleibt das auch so. Denn mit Spaßvögeln, die sich für Journalisten halten, ist dem deutschen Fernsehen ebenso wenig gedient wie mit einer seriösen Journalistenpreisjury, die ohne Not Humor beweist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“