Berliner Szenen: Deutsch, aber gut

Berlin ist wild und gefährlich. Und unsere AutorInnen sind immer mittendrin. Ihre schrecklichsten, schönsten und absurdesten Momente in der Großstadt erzählen sie hier.

Die Reisegruppe muss gerade mit ihrer Tour fertig sein. Jedenfalls sitzt in der S-Bahn ein Haufen spanischsprachiger Menschen unterschiedlicher Dialekte. Man unterhält sich darüber, ob Berlin problematisch ist, was Taschendiebstähle angeht, und ob ein Apartment in Rom empfehlenswert als Geldanlage ist.

Der Tourguide geht von Viererplatz zu Viererplatz, verabschiedet sich, fragt, ob er noch mit Tipps weiterhelfen kann und wo die Besucher aussteigen wollen. Ein älteres Paar – er deutlich über 60, sie knapp darunter – erkundigt sich nach einem Restaurant zum Abendessen. Ob es da etwas gebe in dieser einen Gegend. Klar, sagt der Guide, nimmt den Stadtplan der beiden und zeichnet an einer Straßenecke etwas ein. Friedrichstraße, beschreibt er, da seien sie vorhin gewesen, der andere Name ist unverständlich. Was es da gebe, wollen die beiden wissen. „Deutsche Küche, aber gut“, antwortet der Guide. Viel Fleisch, Schwein, Würste, wenig Fisch und eine Spezialität namens Flammkuchen. „Wie Pizza, aber ohne Tomate und Käse.“ Insgesamt, wie deutsche Küche eben sei, nicht sehr variantenreich, aber die Portionen ordentlich.

Das Paar bedankt sich, spricht ein Kompliment aus für die gute Tour, der Guide zieht zum nächsten Vierersitz. Auch hier wollen die Besucher ein Restaurant empfohlen bekommen, der Reiseführer wiederholt den Vorschlag, einmal, zweimal. „Ich schreibe Ihnen den Namen auf, es ist deutsch“, sagt er und kritzelt etwas auf den Stadtplan. Der Mann schaut erstaunt, sagt, das würde er lieber nicht versuchen auszusprechen, der Guide grinst, verabschiedet sich und zieht weiter.

Die Schrift ist kopfüber schwer zu entziffern, die typisch spanischen Großbuchstaben, aber das Ä ist verräterisch: Die Ständige Vertretung hat er empfohlen. Vielleicht sollte er sich dort langsam mal um eine Provision bemühen.

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schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

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