Fußball-Bundesligist Greuther Fürth: Die Slapstick-Combo vom Ronhof
Nach der 0:1-Niederlage gegen den VfB Stuttgart macht sich in Fürth Schwermut breit. Man scheitert immer wieder an der eigenen Unzulänglichkeit.
FÜRTH taz | Der Jahreswechsel naht. Vielleicht kam Mike Büskens deshalb die spontane Idee, die sich wiederholenden paradoxen Aufführungen der SpVgg Greuther Fürth am heimischen Ronhof mit den Running Gags in der Kultsendung „Dinner for one“ zu vergleichen. Wobei sich der Trainer schon in der Kleidung des Butlers James wähnt, hat doch der 44-Jährige nach dem in jeder Hinsicht unglücklichen 0:1 (0:1) gegen den VfB Stuttgart erwogen, sich „vielleicht mal so wegzuschütten wie der Butler“. Ob die Situation dann besser zu ertragen wäre?
Wo in der NDR-Produktion May Warden alias Miss Sophie ewig „The same procedure as every year“ zum Trinkgelage säuselt, stimmen sie im Frankenland die immergleichen Klagelieder an. „Es bleibt dabei: Ordentlich gespielt, ordentlich gekämpft, aber wieder keine Punkte – die Luft wird immer dünner“, erklärte Präsident Helmut Hack. „Es ist die schwerste Phase, die wir durchleben“, ergänzte Büskens, „wir belohnen uns einfach nicht.“ Das macht schwermütig.
Und wo beim 90. Geburtstag von Miss Sophie dem ehrbaren Diener immer wieder das verdammte Tigerfell im Weg liegt, tauchten bei den Fürthern am Samstag in Person von Sven Ulreich und Gotoku Sakai oder in Form eines Aluminiumpfostens ähnlich heimtückische Hindernisse auf, an denen sich die halbe Spielvereinigung in der 47. Minute abnutzte, anstatt den Ball einfach ins Tor zu schießen. Büskens fühlte sich an „Slapstick“ erinnert. Wenn es eines Beweises bedurfte, warum die Kleeblätter erst acht Punkte geholt und zehn Tore geschossen haben, dann lieferte ihn diese Szene.
Torschußpanik bei den Fans
Nicht mal die Rote Karte gegen VfB-Kapitän Serdar Tasci (53.) brachte Fürth etwas ein. „Null Ansatz ist die Einstellung“, befand der Coach und lag damit richtig. Die Heimzuschauer stöhnen dagegen bereits auf, wenn einer vom Tabellenletzten zum Torschuss ansetzt – so tief ist das Zutrauen in einen gelungenen Abschluss gesunken.
Büskens hat schon vor dem ersten Advent verraten, was auf seinem Wunschzettel zu Weihnachten steht: „Ein Tor wie das vom Düsseldorfer Nando Rafael am Freitag: Der Ball hoppelt einem ans Bein und rollt mit drei Stundenkilometer über die Linie.“ Je länger Mike Büskens über das Kardinalproblem redete, desto klarer wurde ihm, dass in seinem Kader schlichtweg Qualität fehlt.
Akku aufladen
Oberhaupt Hack hat im Sommer lange gezögert, einen Ersatz für den nach Frankfurt abgewanderten Torjäger Olivier Occean zu verpflichten; vom abgegrasten Markt blieben für den Aufsteiger der senegalesische Stürmer-Wandervogel Djiby Fall und der brasilianische Stürmer-Globetrotter Edu übrig. Der eine ist dauerverletzt (Fall), der andere wird nicht mal mehr eingewechselt (Edu). Und dem mittlerweile 34-jährigen Gerald Asamoah fehlt doch fast alles, was einen guten Erstliga-Angreifer ausmacht. Hack sondiert den Markt wegen eines Wintertransfers, aber Büskens glaubt nicht an einen Heilsbringer: „Solche Leute kosten fünf Millionen und wollen entsprechend verdienen.“
Er selbst wollte mit einem Torwartwechsel – Wolfgang Hesl für Aufstiegsheld Max Grün – einen „Impuls zu setzen“. Der 26-Jährige hat sogar einen Elfmeter von Vedad Ibisevic pariert, doch dummerweise verhinderten seine Mitspieler nicht den darauffolgenden Kopfball zum 0:1 von Shinji Okazaki (45.). Pech oder Unvermögen? Büskens weiß das wohl selbst nicht genau. Er hat allen Spielern bis Dienstag frei gegeben. „Solche Erlebnisse ziehen Energie ohne Ende: Meine Spieler fahren nach Hause, und wieder ist der Kopf leer.“ Was er nun empfiehlt? „An die Steckdose und den Akku aufladen. Und dann werden wir die nächste Woche wieder diesen Wahnsinn erleben.“
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