Kompromiss in Verkehrspolitik: Autobahnstreit abgehakt

Niedersachsens SPD- und Grünen-Koalitionäre einigen sich bei den umstrittenen Autobahnen A20 und A39 – und kassieren Kritik.

Die A39 wollten die Grünen eigentlich nicht – jetzt haben sie nachgegeben. Bild: dpa

Auf dem Weg zu einem rot-grünen Koalitionsvertrag haben Niedersachsens Grüne in einem der Hauptstreitpunkte nachgegeben: Die Planungen für die umstrittene Küstenautobahn A20 und die A39 zwischen Wolfsburg und Lüneburg werden fortgesetzt, allerdings nicht mehr als Vorrangprojekte. Darauf hat sich Rot-Grün am Mittwochabend in einer kurzfristig anberaumten Koalitionsrunde geeinigt.

Zuvor hatten sich die Parteien getrennt zu internen Beratungen getroffen und waren dann spontan zu einer gemeinsamen Koalitionsrunde zusammengekommen. Bis Sonntag soll die Koalitionsvereinbarung stehen. Strittige Themen wie die Verkehrspolitik müssen entsprechend im Eiltempo abgeräumt werden.

Der Kompromiss zu den beiden Autobahnen, gegen die die Grünen seit Jahren protestieren: Die „Turbomittel“, die bislang in eine beschleunigte Planung gesteckt wurden, sollen unter Rot-Grün in Schienenprojekte fließen. 16 Millionen Euro zusätzlich hat sich die noch amtierende schwarz-gelbe Landesregierung die Vorbereitungen für die A20 und die A39 im Jahr kosten lassen.

Die Mittel sollen künftig für einen zügigeren Schienenausbau sorgen. Als Beispiel nannten die Koalitionäre die Hinterlandanbindung der Häfen, die Amerika-Linie zwischen Langwedel und Stendal und die Weddeler Schleife zwischen Fallersleben und Cremlingen.

248 Straßenprojekte werden geprüft

Sie kündigten zudem an, alle 248 für Niedersachsen im Bundesverkehrswegeplan angemeldeten Straßenprojekte auf den Prüfstand zu stellen. Für den Bundesverkehrswegeplan nachmelden will Rot-Grün den dreispurigen Ausbau der Bundesstraße B4. Das haben A39-Kritiker stets als wirtschaftlich effizientere und ökologisch schonendere Alternative gefordert.

Als „die entscheidende Frage“ bei der Realisierung von A20 wie A39 nannte Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel die der Finanzierung. „Da ist der Bundesverkehrsminister gefordert“, sagte er. Insgeheim spekulieren die Grünen darauf, dass sich beide Autobahnen an dieser Frage quasi von selbst erledigen – ganz nach dem Vorbild Schleswig-Holsteins. Dort haben sich die Grünen mit der SPD auf einen ähnlichen Kompromiss zur Küstenautobahn A20 geeinigt.

Was Niedersachsens designierter Regierungschef Stephan Weil (SPD) ein „in sich stimmiges Konzept“ nennt, ist für Autobahngegner wie den Verband „Keine A39“ ein „fauler Kompromiss“. Die Entscheidung über die Autobahn auf den Bundesverkehrsminister abzuschieben, sei vor allem für die Grünen ein „Armutszeugnis“.

Und auch die SPD kann ihre Klientel mit dem Autobahn-Kompromiss nicht zufriedenstellen: „Kein guter Tag für Wirtschaft und Verkehrsteilnehmer“, vermeldet der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) und kritisiert den „politischen Abgesang“ für die A20 und A39. Verkehrspolitik sei auch „knallharte Wirtschaftspolitik“, mahnt der GVN, die dürfe sich nicht an „Verlagerungsträumereien von der Straße auf die Schiene“ orientieren.

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