Vorwerkstift: Künstler sollen schön brav sein

Die Bewohner des Künstlerhauses im Karoviertel protestieren gegen „Willkür“ des Trägervereins. Der will aufmüpfige KünstlerInnen nicht unterstützen.

Um das Künstlerhaus Vorwerkstift im Karolinenviertel wird gekämpft. Bild: Ralf Kuester

Im Künstlerhaus Vorwerkstift ist ein Streit zwischen BewohnerInnen und dem Trägerverein eskaliert. Am vergangenen Wochenende hat der einer Künstlerin erstmals den Verbleib im Haus verweigert. Sie hat aus Sicht des Trägervereins „Stiftung Freiraum“, der das Künstlerhaus seit 1990 im Auftrag der Stadt betreibt, zu sehr gegen die Stiftung Front gemacht.

19 KünstlerInnen wohnen in dem Projekt im Karoviertel, das ursprünglich aus einer Hausbesetzung hervorging. Damit möglichst viele in den Genuss der Förderung kommen, begrenzt die Satzung des Hauses die Verweildauer auf drei Jahre. Um anschließend um weitere zwei Jahre zu verlängern, müssen die KünstlerInnen ihre Arbeit präsentieren. Bereits vor drei Jahren hatte die Bewohnerschaft „gegen Gutsherrentum und Willkür des Trägervereins“ protestiert und mehr Mitbestimmung gefordert.

Im aktuellen Fall habe die künstlerische Qualität für die Entscheidung der Stiftung aber keine Rolle gespielt, kritisiert die betroffene Künstlerin. Statt eines transparenten Verfahrens mit belastbaren Kriterien herrsche im Vorwerkstift „persönliche Willkür“. Eine andere Künstlerin aus dem Haus, hält das für symptomatisch: Der Trägerverein habe von der Stadt den Auftrag, KünstlerInnen zu fördern, doch fehle es an künstlerischer Expertise. Der Vorstand muss lediglich Mitglied der Patriotischen Gesellschaft sein.

Der Vorstand der Stiftung Freiraum verweist auf das Abstimmungsprozedere, das Stiftung und BewohnerInnen 2011 vereinbart hatten. Seitdem haben beide Seiten jeweils einen Stimmanteil von 50 Prozent inne bei der Vergabe der Wohnungen. Die heutigen BewohnerInnen halten diese Vereinbarung für undemokratisch, denn egal wie viele von ihnen für eine BewohnerIn sind – die Stiftung kann immer ein Veto einlegen.

Stiftungs-Vorstand Kai Haberland sagt, die Entscheidung gegen die Künstlerin habe eine Vorgeschichte. Sie habe im vergangenen Jahr beim Tag des offenen Denkmals mit ihren Vorwürfen gegen die Stiftung „eine Grenze überschritten“. Als Sprecherin einer Gruppe habe sie ein Pamphlet mit verleumderischen Behauptungen gegen die Stiftung verlesen. „Ein Projekt, das öffentlich finanziert wird, sollte solche Leute nicht länger fördern“, meint Haberland.

In ihrem Vortrag habe sie seinerzeit öffentlich um einen Termin bei der Kulturbehörde gebeten und eine neue Verwaltung gefordert, erklärt die Künstlerin. Denn die Stiftung, die damals geplant hatte, ihr Büro auf Kosten eines Zimmers in das Haus zu verlegen, schädige das Projekt und erfülle nicht den Auftrag, günstigen Wohnraum für einkommensschwache KünstlerInnen zur Verfügung zu stellen.

Die Stadt nehme in Kauf, dass städtische Institutionen KünstlerInnen vertreiben, kritisieren die BewohnerInnen des Hauses. Die Kulturbehörde hat den KünstlerInnen zwar ein Gesprächsangebot unterbreitet, sagt Sprecher Enno Isermann. Die Vergabe der Atelierplätze im Vorwerkstift sei aber eine „autonome Entscheidung der Stiftung“.

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