piwik no script img

FußballEndlich wieder erste Klasse

Hertha BSC ist zurück in der Bundesliga. Ein Platz in der Spitzengruppe liegt zwar in weiter Ferne - aber für Überraschungen ist der Kader von Jos Luhukay allemal gut. Am Sonntag ist Saisoneröffnungsfest.

Das offizielle Mannschaftsbild. Bild: DPA

Spüren Sie auch, dass Berlin seit nunmehr schon 438 Tagen etwas fehlt? Die alte Dame war zuletzt nicht an ihrem gewohnten Platz. Sie saß ein Stockwerk tiefer. Noch 14 Tage werden Sie sich gedulden müssen, bis dieser unangenehme Zustand endlich aufhört. Der Zustand, in dem Berlin keinen erstklassigen Fußball zu bieten hat. Zumindest nominell wird die alte Dame Hertha dann so was von erstklassig sein. Am 10. August startet dann das Team von Trainer Jos Luhukay mit einem Heimspiel gegen die Frankfurter Eintracht in die Bundesligasaison 2013/14. Bis zum offiziellen Comeback im Fußballoberhaus müssen die Fans noch mit Bespaßungen vorliebnehmen – wie der offiziellen Party zur Saisoneröffnung am Sonntag im Olympiapark (siehe Kasten).

In der Zwischenzeit darf man sich die Frage stellen, wohin der Weg der Hertha in den kommenden knapp zehn Monaten führt. Das Ziel ist recht klar: Klassenerhalt, nicht mehr, nicht weniger. Luhukay sieht Hertha „mit sieben, acht anderen Mannschaften konkurrenzfähig“, was eine realistische Einschätzung sein dürfte. Realistisch ist der niederländische Erfolgstrainer auch für die kommenden Jahre: Aufgrund der Schuldenlage (derzeit 37 Millionen) wird man personell keine großen Sprünge machen können. Internationalen Fußball solle man nicht direkt erwarten. Der gebürtige Venloer setzt somit weiter auf eine bescheidene Politik der ruhigen Hand, derweil man sich anerkennend wundert, wie schnell der eher unauffällige Coach eine unbestrittene Machtposition im Klub eingenommen hat. Und die befugt ihn eben auch sehr selbstverständlich dazu, unbequeme Entscheidungen zu treffen. Wie etwa die, dem langjährigen Amateurtrainer Karsten Heine keinen neuen Vertrag anzubieten, oder dem Torwarttrainer Christian Fiedler nach knapp 23 Jahren zu kündigen (für ihn kam Richard Golz). Fiedler zog vors Arbeitsgericht, das Verfahren läuft noch.

Die Personalia in der Mannschaft selbst wirken dabei auf den ersten Blick so unspektakulär, wie sie bei einem hochverschuldeten Verein eben sein können. Mit den Neuzugängen Sebastian Langkamp, Johannes van den Bergh, Alexander Baumjohann und Hajime Hosogai setzt Luhukay wieder auf Spieler, die er bereits von seinen vergangenen Trainerstationen kennt. Da gleichzeitig kein Leistungsträger den Verein verlassen hat, hat Hertha seinen Kader damit deutlich verstärkt. Was die Neuen betrifft, darf man sehr gespannt sein. Langkamp verlor zuletzt in Augsburg verletzungsbedingt seinen Stammplatz, davor hat der Innenverteidiger aber eine sehr gute Saison bei den bayerischen Schwaben gespielt. Der japanische Mittelfeldspieler Hosogai scheint der perfekte Transfer – bei Bayer Leverkusen, wo er zuletzt spielte, konnte er keine Stammkraft werden, er hat aber großes Potenzial und kann in Berlin mehr als nur Ergänzungsspieler werden.

Der Hertha-Check

Vorbereitung: Optimal. Acht Siege bei nur zwei Gegentoren (bis zum gestrigen Freitag).

Dauerkarten: Hertha könnte diesmal den Rekord von 2011 knacken, als rund 19.000 Saisontickets verkauft wurden. Derzeit fehlen noch 800 Tickets bis zu dieser Marke (Stand vom vergangenen Montag).

Durchschnittsalter der Spieler: 26,1 Jahre.

Erstes Pflichtspiel: Im DFB-Pokal spielt man schon am 4. August beim VfR Neumünster.

Maskottchen: Herthinho, Frank Zander. Beide sind angeblich fit aus der Sommerpause zurückgekommen.

Saisoneröffnung: Sonntag, 12-18 Uhr im Olympiapark. Vorstellung des Profiteams und Familienfest mit diversen Attraktionen. Es gibt Herthawurst. Und das bei 36 Grad Hitze.

Während Linksverteidiger van den Bergh sich wohl durchsetzen dürfte und für die Luhukay’sche Solidität steht, wird es im Fall Baumjohann richtig interessant. In der Vorbereitung hinterließ er, zuletzt mit zwei Toren im Testspiel gegen den italienischen Zweitligisten Palermo, einen guten Eindruck. Bei ihm kann eigentlich alles passieren: Der 26-Jährige, der einst als großes Talent galt und kurzzeitig bei den Bayern unter Vertrag stand, könnte sich doch noch zu einer echten Bundesligagröße entwickeln. Genauso kann es sein, dass er keine Rolle spielen wird. Sein Mittelfeldkollege Ronny, Überspieler der vergangenen Saison, hat hingegen laut Luhukay Trainingsrückstand.Ob der Sturm den Ansprüchen der ersten Liga gerecht wird, ist vielleicht am ehesten fraglich. Adrian Ramos macht Hoffnung, die hoch gehandelten Sandro Wagner und Pierre-Michel Lasogga konnten bisher ihre Erstligatauglichkeit nicht dauerhaft unter Beweis stellen. Kapitän des Teams wird übrigens nicht mehr Peter Niemeyer sein – über die Nachfolge wird noch entschieden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!