Hungerstreik: Tee, Suppe und ein Hoffnungsschimmer
Nach zehn Tagen Hunger- und fünf Tagen Durststreik haben die 26 Flüchtlinge vor dem Brandenburger Tor ihren Protest vorläufig eingestellt.
Am Ende haben sie ihre Sachen in Plastiksäcke gepackt und sogar noch den Platz am Brandenburger Tor gefegt – so glücklich waren sie. Jetzt sitzen die Flüchtlinge in einem Kreuzberger Hinterhof auf Gartenstühlen in der Sonne. Erschöpft, aber fröhlich sehen sie aus.
Die evangelische Kirche hat ihnen für die nächsten Tage Asyl gewährt und spendierte reichlich Wasser, Tee und eine dickflüssige vegetarische Suppe. „Eine Ärztin hat uns geraten, langsam mit dem Essen wieder anzufangen“, übersetzt ein Dolmetscher die Worte eines Iraners.
Am Samstagabend haben die 26 Flüchtlinge vom Brandenburger ihren seit dem 9. Oktober dauernden Hungerstreik beendet. Fünf Tagen hatten sie zudem nichts mehr getrunken. Die Schwelle zur Lebensgefahr war erreicht. Immer wieder mussten Sanitäter eingreifen und die sichtlich Geschwächten zur Verabreichung von Infusionen in Krankenhaus bringen. Fast alle hatte die Aktion dennoch fortgesetzt. Dem Vernehmen nach war es der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, der den politisch Verantwortlichen nach einem Besuch des Protestcamps am Freitag Feuer unterm Hinter gemacht hatte. Berlins Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen, Dilek Kolat (SPD), war es dann, die die Flüchtlinge am Samstag zusammen mit den Vizepräsidenten des Bundesamtes für Migration, Michael Griesbeck, sowie dem Sprecher der SPD Bundestagsfraktion für Migration, Rüdiger Veit, zum vorläufigen Abbruch der Protestaktion bewegen konnte.
Vorangegangen war ein vierstündiges Gespräch mit Vertretern der Hungerstreikenden. Es war schon dunkel, als das Ergebnis im Protestlager am Brandenburger Tor zur Abstimmung gestellt und einstimmig angenommen wurde. Danach brach Jubel aus. Unterstützer und Streikende lagen sich in den Armen. Senatorin Kolat hatte in den letzten Tagen stets darauf verwiesen, dass die Zuständigkeit für die größtenteils aus Bayern kommenden Flüchtlinge beim Bund liege. Auch ihr war Erleichterung ins Gesicht geschrieben, als sie am Samstag verkündete, dass das Bundesamt mit Vorrang die nochmalige Prüfung aller Asylverfahren der am Protest beteiligten Flüchtlinge zugesichert habe. Kolat sprach von „berechtigten Belangen“ und meinte damit Forderungen der Flüchtlinge nach Arbeitserlaubnis und Aufhebung der Residenzpflicht. Man wolle sich gegenüber Bayern dafür einsetzen, dass die Flüchtlinge erst mal in Berlin bleiben können. Der SPD Bundestagsabgeordnete Veit sprach von einem erzielten Kompromiss. Er und Kolat hätten den Flüchtlingen zugesichert, dass sich die SPD bei den Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU für eine Änderung der Asylpolitik einsetze.
Alle Flüchtlinge können davon ausgehen, das sie bis Mitte Januar in Berlin bleiben können. Bis dahin müssten die Verfahren zum Abschluss gebracht werden, forderten die flüchtlingspolitischen Sprecher von Grünen und Linken. An der Kirche stapeln sich Plastiksäcke. „Die Zusage für die Notunterkunft gilt, bis sich eine andere Lösung gefunden hat“, sagt Pfarrer Peter Storck. Iraner, Iraker, Afghanen und Äthiopier löffeln gemeinsam Suppe. „Wir sind einen Schritt weiter“, sagt ein Iraner.
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