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Die WahrheitNordsee ist Mordsee

Kolumne
von Gerald Fricke

Die Tchibo-Familie ist schon wieder im Anmarsch auf die Promenade. Bitte diese nicht mit der praktischen Jack-Wolfskin-Familie verwechseln!

A lle Mann in Deckung, die Tchibo-Familie ist schon wieder im Anmarsch auf die Promenade, alle mit gleicher praktischer Haarfrisur und praktischer Wendejacke ausgestattet, in den Größen XL für die lieben Kleinen und XXL für die schnaufenden Eltern.

Natürlich gehen sie nebeneinander über die Seebrücke, nicht etwa hinteeinander, wie es die alten Kulturvölker noch wussten. „An uns kommt keiner vorbei“, die Kinder haben es schon gelernt. Bitte aber diesen Aufmarsch nicht mit der praktischen Jack-Wolfskin-Familie verwechseln! Die Jack-Wolfskin-Familie ist schlanker, ein Ideechen weniger quengelarschig-raumgreifend in der Gesamtanmutung aufgestellt, trägt aber ebenfalls die gleiche Frisur, freilich länger und mit Pferdeschwanz.

Auch sie dominiert den öffentlichen Raum in mehreren Quadratkubikkilometern. Bei den männlichen Familienmitgliedern lassen sich alle Stadien beginnender und vollendeter Stirnglatzen studieren, darin lassen sie sich immerhin von den weiblichen Mitgliederinnen halbwegs sicher optisch unterscheiden.

Die feinen Unterschiede? Nun, die Tchibo-Familie hat einen Plastikdrachen made in Hongkong mitgebracht, die Wolfskin-Familie einen selbst gebauten Lenkdrachen mit original Zwickauer Nähmaschinenmotor. Beim Mittagsbuffet bestellen beide Familien die Sparplatte „Aus Neptun’s Reich“. Die Tchibo-Familie bespricht bei der Bestellung das Prozedere der Reste-Mitnahme („ist ja auch ’ne finanzielle Frage“), während die Wolfskin-Familie schon gebrauchtes Alupapier mitgebracht hat, ach was: einfach immer dabeihat – „für alle Fälle“.

Mit Badehose untenrum

Die Kinder der Tchibo-Familie spielen mit quäkenden Geräten, die sie „Kinda-Eifon“ nennen, die Wolfskin-Kinder schnitzen à table einen Stockbrotstock aus nachwachsenden Rohstoffen. Ja, auch Dreijährige müssen lernen, verantwortungsvoll mit fair gefertigten Waffen umzugehen, zur Selbstverteidigung, sagt Vater, während Mutter die pazifistischen Augen verdreht.

Es ist später Nachmittag geworden. Im Wellenbad „Friesenkönig“ haben sich beide Familien mit Spaßpommes und Käpt’n Cola vollgepumpt, um sich anschließend in der Teufelsrutsche die Röhre zu verstopfen. Die Wolfskins schwimmen nach draußen und feiern bei 2 Grad Celsius ihre Naturburschen-Katharsis mit spontaner Blitzvereisung. Die Tchibos sind da schon unter der Dusche – mit Badehose untenrum an.

Am Ende des Tages sehen wir schließlich beide Familien im „Klabautermann-Erlebnispark“ ein demokratisches Zwiebelbrötchen mit Fischresten bestellen. Ja, hier treffen sich alle Volksgruppen und Wenigverzärtelten, vom Hochschulprofessor bis zum Kotelettenträger aus Meck-Pomm. Die Tchibo-Familie und die Jack-Wolfskin-Familie haben ihre Wendejacken abgelegt, nun können sie einfach mal abschalten. Denn auch morgen ist wieder ein Tag, an dem alle Beteiligten dieser Geschichte beim Frühstück wieder durch Analogkäsescheiben-Zählen friedlich vereint werden.

Die Sonne geht unter, wir winken lange.

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1 Kommentar

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  • A
    Achja

    Qualitativ schlechter kann ein Artikel gar nicht mehr gehalten werden. Da ist es auch nicht verwunderlich, warum die taz kurz vor dem Bankrott steht.