Archtitekturikone wird Shopping-Mall: Der Bikini sitzt wieder

Mit dem Bikinihaus am Breitscheidplatz gewinnt das westliche Zentrum einen zentralen Ort zurück - als "Concept Mall" mit Blick auf den Affenfelsen

Janz Balin is een Bikini: Eröffnungsballons am Breitscheidplatz. Bild: dpa

Nun hat also jeder seinen Felsen. Die Paviane klettern auf ihrem Berg aus Sandstein herum, grabbeln sich, fangen sich. Oder hocken einfach nur da und genießen die Sonne. Gegenüber, auf der steinernen Terrasse des Bikinihauses, tun die Berlinerinnen und Berliner nicht viel anderes: Sie sitzen auf Bänken, lehnen am Geländer, quatschen, lachen. Und gucken vor allem fasziniert hinunter in den Zoo. Die Affen scheinen deutlich weniger beeindruckt von ihrem neuen Gegenüber als die Menschen.

Am Dienstag öffnete das neue Bikinihaus am Breitscheidplatz seine Türen. Ein Gewinn für das westliche Zentrum, vor allem aufgrund der riesigen öffentlichen Terrasse, die weitgehend auf der Rückseite des Bikinihauses verläuft und über eine Freitreppe für jedermann zu erreichen ist.

Wer in der Gegend einkaufen wollte, shoppte sich bislang den Ku’damm und Tauentzien hinunter bis zum Wittenbergplatz. Nun gibt es mit dem Bikinihaus wieder einen Grund, den Breitscheidplatz auch mal zu überqueren. Während vor dem Bikinihaus der Verkehr vorbeirauscht, kann man hinten entspannt Pause machen mit Blick in den grünen Zoo.

Das Gebäude stammt von 1957. Es gehörte zum Westberliner Zentrum rund um die Gedächtniskirche, das nach dem Krieg hochgezogen wurde. Als Schaufenster des Westens, des Wiederaufbaus, des wirtschaftlichen Aufschwungs.

Nach der Wende verlor die Gegend um den Zoo an Bedeutung, das Gebäude gammelte vor sich hin. Das Immobilienunternehmen Bayerische Hausbau kaufte das Bikinihaus 2002. Ab 2010 wurde es aufwändig saniert – und äußerlich im Stil der 50er Jahre wieder hergerichtet. Innen kombinierten die Architekten Stahlkonstruktionen mit nacktem Beton und Holzböden. Es entstand ein Einkaufszentrum auf drei Stockwerken mit 51.000 Quadratmetern Fläche für Läden und Gastronomie.

Aber stopp – das Bikinihaus ist ja gar kein Einkaufszentrum, wie ein Vertreter der Bayerischen Hausbau bei der Eröffnung ausdrücklich betont, sondern eine „Concept Mall“. Dass es in Berlin inzwischen reichlich Shoppingcenter gibt, war den Machern offenbar selbst aufgefallen. Deshalb wollen sie ganz anders sein. Nicht jeder kann einen Laden mieten. Stattdessen wird eine Auswahl getroffen, welche Flagship-Stores und Boutiquen ihnen ins Haus kommen.

Man findet hier tatsächlich nicht die üblichen Ketten, stattdessen exklusive Kleider, Deko-Sachen, Geschenkartikel. In hölzernen Boxen kommen zudem temporäre Läden unter. Derzeit werden etwa ausgefallene Teesorten oder poppig bunte Drucke verkauft.

„Die haben hier ganz entzückende Sachen, sicher. Aber ein Blüschen für 300 Euro, das ist nur was für eine gewisse Sorte Leute“, sagt eine 84-Jährige aus Tiergarten. Ihr sei das Gebäude ein bisschen zu „fabrikmäßig“ geraten. „Ich mag es lieber kuschelig“, sagt sie und verabschiedet sich Richtung Zoo.

Viele sind doch angetan

Viele andere Besucher dagegen sind angetan vom Bikinihaus, innen wie außen. „Ich freue mich, dass die Westberliner City eine Renaissance erlebt“, sagt ein 50-Jähriger aus Wilmersdorf. Die Rückseite des Breitscheidplatzes sei lange eine Schmuddelecke gewesen, das sei nun hoffentlich vorbei. Auch zwei 16-jährigen Schülerinnen gefällt das Haus. Zum Einkaufen sei es für sie zwar auch zu teuer. „Aber klar werden wir hier Zeit verbringen. Auf der Terrasse ist es nicht so dreckig wie vor dem Europa-Center“, sagt eine von ihnen.

Ob das Konzept des anderen, exklusiveren Einkaufszentrums aufgeht, wird sich zeigen. Schlangen bilden sich am Dienstag nur im Elektronikmarkt im Erdgeschoss. Auch ein Laden für Lautsprecher erfreut sich größeren Zulaufs – es gibt was zu gewinnen. „Was genau, weiß ich nicht“, sagt eine der Wartenden. „Erst mal anstellen.“

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