Kritik an Hochschul-Umbau: Kürzen nach Plan
„Unseriös“ sei der Wissenschaftsplan 2020, kritisiert die Linkspartei in der Bürgerschaft. Senatorin Quandte-Brand beschwichtigt.
Ein Anschlag auf die „Substanz des Hochschulstandortes“ oder ein Plan mit Zukunft? Am Mittwoch diskutierten die Landtagsabgeordneten den Entwurf des „Wissenschaftsplan 2020“. Die Linke kritisiert „Schließungspläne, Studienplatzabbau und Unterfinanzierung“ für die Hochschulen. Wissenschaftssenatorin Eva Quandte-Brand (SPD) hingegen wollte sich das Werk nicht „kaputtreden“ lassen.
Sie wiegelte ebenso ab wie die VertreterInnen der Koalitionsfraktionen: Nur ein Entwurf sei’s, der noch zu diskutieren sei, sagte die Grüne Silvia Schön.
Für Diskussionen, das ist wahr, hat das 74-seitige Papier bereits gesorgt. Der gibt den finanziellen und strukturellen Rahmen der Hochschullandschaft für die nächsten fünf Jahre vor – und hat es in sich: Während fünf standortübergreifende „Wissenschaftsschwerpunkte“ geschaffen und gestärkt werden sollen (Meeres-, Material-, Sozial- und Gesundheitswissenschaften und Informations- und Kommunikationswissenschaften mit Logistik und Robotik), sollen Doppelstrukturen abgebaut werden.
Für Unmut sorgten dabei mehrere „Prüfaufträge“, die das Ende des Studiengangs „Psychologie“ an der Uni sowie von Volkswirtschaft, Journalistik, Politikmanagement, Freizeitwissenschaften und Tourismusmanagement an der Hochschule bedeuten können. „Prüfaufträge können immer so oder so ausgehen“, sagte Silvia Schön.
Es gehe um „Planungssicherheit“, einen verbesserten Zugang für Studierende ohne Abitur und Kinder aus Arbeiterfamilien sowie „gute Perspektiven für Frauen“. „Absurd“ nannte sie den Vorwurf der Linkspartei, der Wissenschaftsplan kratze an der Substanz des Hochschulstandortes.
Linken-Fraktionschefin Kristina Vogt hingegen nannte den Entwurf „unseriös“: Schon jetzt seien zu wenig Studienplätze grundfinanziert. Um von den Mitteln des Hochschulpaktes zu profitieren, der die steigenden Studienanfängerzahlen ausgleichen soll, müssten die Hochschulen jedes Jahr mehr Studienanfänger aufnehmen. Das Problem würde nicht besser, wenn Studiengänge schlössen.
Bei den Sanierungskosten sei zu wenig Geld eingeplant, so Vogt. Der Entwurf kalkuliere mit künftigen Bundesmitteln, über die noch gar keine Entscheidung getroffen worden sei.
Es seien bislang keine Bundesmittel eingeplant, sagte dazu Quandte-Brand und betonte, dass im aktuellen Doppelhaushalt 2014/2015 die Wissenschafts-Mittel von 301 auf 318 Millionen Euro erhöht worden seien.
Während ihrer Rede protestierten indes mehrere Dutzend StudentInnen auf der Tribüne und warfen symbolisch ihr „letztes Hemd“ auf den Platz der Senatorin. Mit dem Wissenschaftsplan sei „jeglicher Gestaltungsanspruch aufgegeben“ worden, so Hochschul-Asta-Sprecher Pascal Jensen.
„Anstatt für eine Ausfinanzierung öffentlicher Hochschulen zu kämpfen, wird die Durchlässigkeit im Bildungssystem eingeschränkt und die soziale Selektion verschärft.“ Die Studierenden sehen sich in ihrer Kritik der letzten Monate nicht wahrgenommen und kündigten weitere Proteste an. Die Hochschulen haben nun bis Ende Juni Zeit, zum Wissenschaftsplan-Entwurf Stellung zu nehmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Neuwahlen
Beunruhigende Aussichten
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Berichte über vorbereitetes Ampel-Aus
SPD wirft FDP „politischen Betrug“ vor
Scholz telefoniert mit Putin
Scholz gibt den „Friedenskanzler“
Toxische Bro-Kultur
Stoppt die Muskulinisten!
Grünen-Parteitag in Wiesbaden
Grüne wählen neue Arbeiterführer